Berlin. In Sandra Maischbergers Show war der ehemalige EU-Kommissionspräsident zu Gast. An einem Punkt hätte die Moderatorin nachhaken müssen.

Diese Ausgabe von „Maischberger – Die Woche“ fand am späten Abend eines historischen Tages statt. Im Brüsseler Plenarsaal hatte das Europäische Parlament wenige Stunden zuvor den Brexit-Vertrag ratifiziert und damit den Weg zu einem geordneten Austritt der Briten aus der Europäischen Union frei gemacht.

Da traf es sich gut, dass Jean-Claude Juncker auf Maischbergers Gästeliste stand, der langjährige Präsident der Europäischen Kommission, der erst im November vergangenen Jahres seinen Posten an Ursula von der Leyen abgetreten hat.

Denn es stellen sich jetzt, nachdem schier endlose Querelen um das Wie und Wann des Brexit ihr Ende gefunden haben, relevante und zukunftsweisende Fragen: Welche Auswirkungen wird das Manöver auf die Ökonomie der Eurozone haben? Wie gehen die Briten daraus hervor? Drohen ihnen neue Abwehrkämpfe gegen Separatismen der Iren und Schotten? Man durfte gespannt sein, welche Antworten Juncker aus der Perspektive des europakundigen Privatiers darauf finden würde. Diese Gäste diskutierten dabei noch mit:

  • Joachim Llambi (Fernsehmoderator und ehemaliger Börsenmakler)
  • Robin Alexander (stellvertretender „Welt“-Chefredakteur)
  • Anja Maier (Parlamentsredakteurin der „taz“)
  • Alexander S. Kekulé (Virologe)
  • Ariane Reimers (ehem. ARD-Chinakorrespondentin)

Auch Kobe Bryant wird bei Sandra Maischberger gewürdigt

Zuvor mussten noch traditionsgemäß die Themen der Woche abgehandelt werden. Joachim Llambi, „Let’s Dance“-Juror und Ex-Börsenmakler, nannte den Sport als den großen Verlierer der Woche, weil dieser den Verlust des Basketballstars Kobe Bryant zu verkraften habe.

Robin Alexander, stellvertretender Chefredakteur der „Welt“, fand nach kurzer Verwirrung im Nackensteak-Konsumenten den Gewinner der Woche, weil dieser in einer etwas kuriosen Debatte durch die CDU angemessen gewürdigt worden sei. Und Anja Maier, Parlamentsredakteurin der „taz“, hielt dem ehemaligen SPD-Chef Sigmar Gabriel vor, er wolle sich mit seinem neuen Aufsichtsratsposten bei der Deutschen Bank vor allem „sein Adressbuch versilbern lassen“

Es folgte das Gespräch mit Juncker, und es wurde gleich klar, dass es vielleicht unterhaltsam, aber nicht besonders erhellend ausfallen würde. Ein Einspielfilm zeigte ihn in seiner Rolle aus Kommissionspräsident beim Umarmen und Küssen diverser Gesprächspartner, denen er, zumal den Frauen, gelegentlich auch die Frisur richtete.

Jean-Claude Juncker berichtet bei Maischberger über Begrüßungsrituale

Videos über eigenwillige, zuweilen übergriffige Auftritte Junckers kursieren seit Jahren, oft auch verbunden mit Fragen nach dem Gesundheitszustand des Luxemburgers. Man rieb sich verwundert die Augen: Sollte es heute, an diesem Tag, wirklich um Begrüßungsrituale gehen?

Es sollte. Juncker ertrug die Fragen mit beeindruckendem Charme: Russlands Präsidenten Putin umarme er nicht mehr so herzlich, seitdem dieser seine Annexionspolitik betreibe. Trump habe er nie umarmt, sondern dieser ihn. Und der britischen Arbeitsministerin Amber Rudd habe er Ende 2018 in die Haare gefasst, weil er sie vor der Zugluft bewahren wollte.

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    So hätte es noch lange weitergehen können, hätte Juncker nicht irgendwann zum Gegenangriff angesetzt und Maischberger daran erinnert, sie habe ihn einmal als „belgischen Ministerpräsidenten“ bezeichnet. „Vielleicht haben Sie mir ja vorher an den Kopf gefasst“, entgegnete sie.

    So nett, flach und letztlich harmlos ging es weiter. Zu den drängenden europäischen Fragen war Juncker nicht viel mehr zu entlocken, als dass die EU keine Schuld am Brexit treffe, weil man den Briten ja sehr weit entgegengekommen sei.

    Und dass die EU „eine Waffe gegen das Gift des Nationalismus“ ist, war ebenso richtig wie für jede Sonntagsrede geeignet. Maischberger schien hier an einer Vertiefung aber auch nicht sonderlich interessiert zu sein, es ging dann gleich um den Vater Junckers und seine (sehr eindrucksvolle) Lebensgeschichte. Hier wurde eine Chance vertan.

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    Die Sendung endete mit Einschätzungen zum Umgang mit dem Coronavirus, der nun auch auf Europa übergegriffen hat. Der Virologe Alexander Kekulé wirkte beruhigend entspannt, verwies aber auch auf jetzt nötige Kontrollen an der deutschen Grenze, auf das Angebot diagnostischer Tests und eine solide Informationspolitik, ohne die das Virus zur Gefahr werden könnte. Lesen Sie hier, an welchen Symptomen man den Coronavirus erkennt.

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      Er habe Aids, Sars, die Schweinegrippe und viele andere Epidemien erlebt, so Kekulé: „Es wird keinen Weltuntergang geben“. Anja Reimers, langjährige Chinakorrespondentin für die ARD, sagte, die chinesischen Behörden hätten aus der Sars-Pandemie 2002/2003 einiges gelernt, was die Eindämmung und den Dialog mit den Bürgern angehe.

      Es gebe aber noch immer Schwierigkeiten, etwa in der Kontrolle der infektionsträchtigen „Wet Markets“ oder im Zusammenspiel der lokalen Behörden mit den Pekinger Machthabern. Dieser Teil der Sendung war der mit Abstand informativste und relevanteste. Leider beendete ihn die verstrichene Sendezeit ziemlich schnell.

      Hier geht es zur aktuellen Ausgabe von „Maischberger – Die Woche“ in der ARD-Mediathek.