Berlin. Die Widerspruchslösung bei Organspenden kommt nicht. Und nun? Bei „Lanz“ zeigte sich das Dilemma. Und dem Moderator platzte der Kragen.

  • Das Thema Organspende sorgte am Dienstagabend für Aufregung in der Talkrunde von Markus Lanz im ZDF
  • Der Moderator hatte eine 27-Jährige zu Gast, die seit 14 Jahren mit einem Spenderherz lebt
  • Sie bezeichnete die vergangene Woche im Bundestag abgelehnte Widerspruchslösung als große Enttäuschung, weil viele Menschen dringend ein Spenderorgan brauchen
  • Markus Lanz schlug sich auf die Seite der Frau – und ging deshalb auch öfter FDP-Politikerin Nicola Beer an, die immer wieder mit einem unpassenden Vergleich punkten wollte
  • Doch der ZDF-Moderator sagte ihr daraufhin seine Meinung klar und deutlich

„Für Patienten ist das Ergebnis ein Schlag ins Gesicht“, sagte Chantal Bausch. Die 27-Jährige lebt seit 14 Jahren mit einem Spenderherz. Ohne Transplantation wäre sie gestorben.

Heute geht es ihr bestens. Sie spielt Tennis, Hockey. Dass die Widerspruchslösung sich bei einer Abstimmung zur Organspende im Bundestag zuletzt nicht durchsetzen ließ, hat sie zutiefst enttäuscht. „Es wird sich also nichts ändern. Es werden weiterhin jeden Tag drei Menschen sterben, die vergeblich auf ein Organ warten.“

Markus Lanz – Das waren die Gäste:

  • Nicola Beer, Vizepräsidentin des EU-Parlaments und FPD-Politikerin
  • Chantal Bausch, Studentin und Leistungssportlerin, lebt seit 14 Jahren mit einem Spenderherz
  • Karamba Diaby, SPD-Politiker, auf dessen Büro in Halle/Saale ein Anschlag verübt wurde
  • Claus-Peter Reisch, Seenotretter, wurde vom Freizeitsegler zum Kapitän eines Rettungsschiffes

Markus Lanz sympathisierte mit der jungen Frau. Er bezeichnete die Widerspruchslösung als ideales Modell. „Eine klare Sache. Wenn man Zweifel hat, kann man doch jederzeit sagen, dass man es nicht will.“

Spahn- Ich würde gerne eines besseren belehrt werden

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    Thema Organspende bei Markus Lanz: FDP-Politikerin gegen Widerspruchslösung

    Gegensprecherin des Ganzen war FDP-Politikerin Nicola Beer. Sie hat selbst einen Organspendeausweis. Aber ist eine Gegnerin der Widerspruchslösung. Sie setze – wie ja alle Gegner des Entwurfs von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) – auf den Wert der freien Entscheidung.

    Das überzeugte Lanz nicht. Was auch daran lag, dass Beer immer wieder darauf abhob, dass in Bulgarien die Zahl der Transplantationen trotz Widerspruchslösung abnimmt.

    Da platzte Lanz der Kragen. „Sie können uns doch nicht die ganze Zeit mit Bulgarien vergleichen“, empörte er sich. „In Bulgarien funktioniert die ganze Organspende nicht. Die Krankenhäuser sind einfach nicht in der Lage, Transplantationen durchzuführen.“ Eine Ohrfeige für Beer, die danach noch blasser argumentierte.

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    Organspende-Widerspruchslösung – Darum geht es:

    • Gesundheitsminister Jens Spahn und eine Abgeordnetengruppe um den SPD-Gesundheitsexperten Karl Lauterbach wollten die sogenannte Widerspruchslösung im Gesetz verankern
    • Demnach sollte künftig jeder Organspender sein, der älter als 16 Jahre ist und nicht seinen Widerspruch in einem staatlichen Organspende-Register dokumentiert oder seinen Angehörigen mitgeteilt hat
    • Das Gesetz wurde vom Bundestag abgelehnt

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    Was Lanz richtig in Rage brachte, war die neue Regelung zur Organspende. Dass Politiker annehmen würden, die Spendebereitschaft erhöhe sich, wenn der Spenderausweis beim Hausarzt ausliegt. Oder wenn einem beim Einwohnermeldeamt bei der Passverlängerung die Frage gestellt wird, ob man Organspender sein will.

    Werbung für Spenderausweis beim Arzt? Warum Markus Lanz nicht daran glaubt

    „Wie soll das gehen? fragt Lanz. „Die Praxen sind doch immer voll.“ Welcher Arzt habe denn dafür Zeit? Geradezu „bizarr“ sei es, sich solche Gedanken bei einer Behörde wie dem Einwohnermeldeamt zu machen. Er frage sich, wer da die Beratung vornehmen will.

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      Was den Moderator komplett aus der Fassung brachte, war die Erkenntnis, dass man durchaus einen Organspendeausweis besitzen könne – wenn man ihn aber zu Hause herumliegen hat und nicht bei sich trägt, weiß im entscheidenden Moment keiner was davon. „Wie kann das sein in Zeiten von Online und Algorithmen, die alles können? Haben wir das verschlafen, Frau Beer?“ Frau Beer wird auch dazu nichts Konkretes sagen.

      Der Großteil der Bevölkerung sei für die Widerspruchslösung, sagte Lanz, der sie als „großen Wurf“ bezeichnete. Chantal Bausch stimmte zu. Ohne diese Widerspruchslösung gehe es nicht. „Denn der Mensch ist zu bequem und will nicht an den Tod denken.“

      Markus Lanz in der Mediathek anschauen

      Sie haben die aktuelle Folge verpasst? Hier geht es zur aktuellen Ausgabe von „Markus Lanz“ zum Thema Organspende in der ZDF-Mediathek.