Essen. Kein TV-Allerlei, sondern große Erzählung: Der Club der singenden Metzger überzeugt mit berührenden Bildern und komplexer Geschichte.

Heute darf sich der von Krimis, Komödien und Kamellen (Wiederholungen) überflutete Zuschauer tatsächlich einmal in der Ersten Reihe wähnen. Die packende, emotionsgeladene Auswanderer-Saga „Der Club der singenden Metzger“ nach dem Roman der Amerikanerin Louise Erdrich beweist, dass es sie durchaus noch geben kann, die große, epische Fernseh-Erzählung von Kino-Format.

Nach Qualität, Gehalt und Charakter hätte dem Film, für den Doris Dörrie zusammen mit Ruth Stadtler das Drehbuch schrieb, ein Sendeplatz an einem der Weihnachtstage gebührt. Warum die ARD stattdessen auf die mordsmäßige Festtags-Tauglichkeit der x-ten Ausgabe von Donna Leon und Tatort setzte, das muss man nicht unbedingt verstehen.

Geschichte über Aufbruch, Hoffnung und Heimweh

Sylvester Groth (Rolle Robert, l-r), Aylin Tezel (Rolle Delphine) und Jonas Nay (Rolle Fidelis Waldvogel) in einer Szene aus „Club der singenden Metzger“.
Sylvester Groth (Rolle Robert, l-r), Aylin Tezel (Rolle Delphine) und Jonas Nay (Rolle Fidelis Waldvogel) in einer Szene aus „Club der singenden Metzger“. © dpa | silvia Zeitlinger

Die komplexe, von Regisseur Uli Edel in ruhigen, tief berührenden Bildern erzählte Geschichte über Aufbruch, Hoffnung und Heimweh, über Weggehen und Ankommen beginnt 1918 in Schwaben und Hamburg. Metzgermeister Fidelis Waldvogel (Jonas Nay), der traumatisiert aus dem Krieg ins Ländle zurückgekehrt ist, erfüllt dort den letzten Wunsch eines gefallenen Kameraden und heiratet dessen schwangere Verlobte Eva (Leonie Benesch). Doch die väterliche Metzgerei geht in der verarmten Nachkriegs-Region mehr schlecht als recht, eine Perspektive, die Aussicht auf eine halbwegs gesicherte Existenz bietet sich nicht.

Mit nichts als seinen Fleischermessern, einem Koffer voller Würste und Vaters Würz-Rezepten macht Fidelis sich auf ins Hoffnungsland Amerika. Dahin zieht es auch die Hamburger Zirkusartistin Delphine (Aylin Tezel), die zusammen mit ihrem alkoholsüchtigen Vater Robert (Sylvester Groth) einen Neubeginn wagen will.

„German Master Butcher“ fühlt sich bald in Amerika angekommen

Das Schicksal führt alle ins kleine Western-Kaff Argus in North Dakota. Hier findet Delphine in dem Halbindianer Cyprian (Vladimir Korneev) nicht nur einen neuen Auftrittspartner, sondern auch einen Gefährten, der ihr Halt und Sicherheit gibt.

Fidelis wiederum baut mit Fleiß und Können seine eigene Metzgerei auf, und schon bald kann der erfolgreiche „German Master Butcher“ Eva und ihren kleinen Sohn nachkommen lassen. Mit Eva an seiner Seite fühlt er sich endlich im fremden Amerika „angekommen“.

Altes deutsches Liedgut lindert das Heimweh

Doch: „Here we are home“, „hier sind wir zuhause – und dann ist da noch die Heimat“. Um das Heimweh zu mildern, schließt er sich mit anderen deutschen Auswanderern zu einer gelegentlichen Gesangsrunde zusammen. Das alte Liedgut, das sie dann anstimmen, lindert den Erinnerungsschmerz.

Alles scheint auf dem besten Weg, doch dann wird Eva todkrank. Am Sterbebett nimmt sie Delphine, die inzwischen in der Metzgerei als Verkäuferin arbeitet, das Versprechen ab, sich um Fidelis und die Kinder zu kümmern…

Jeder Cent der Produktionskosten war es wert

Für die bewegende, bis ins historische Detail stimmige und hoch atmosphärische Umsetzung der Roman-Saga wurde u.a. eigens auf einer riesigen Weide bei Zagreb das Westernstädtchen Argus aufgebaut. Man kann es nicht anders sagen: Jeder Cent der gewiss nicht niedrigen Produktionskosten hat sich ausbezahlt.

• ARD, Freitag, 27. Dezember, 20.15 Uhr