Berlin/Mainz. Ein Jahr im Schnelldurchgang: Markus Lanz spulte in „Menschen 2019“ viele Themen ab – das blieb über weite Strecken aber ziemlich fad.

2019 war ein Superjahr. Das findet zumindest Florian Silbereisen. „Spektakulär war‘s“, sagte der Schlagersänger bei „Menschen 2019“. Falls Sie sich jetzt fragen sollten, was der Ex von Helene Fischer überhaupt im ZDF-Jahresrückblick mit Markus Lanz zu suchen hatte, hier kommt die Antwort: Silbereisen ist am zweiten Weihnachtsfeiertag im TV zu sehen. Als neuer Kapitän auf dem Traumschiff. Im ZDF natürlich.

Dass die eigenen Formate in einem Jahresrückblick prominent beworben werden, ist zumindest im Privatfernsehen gang und gäbe. „Menschen 2019“ hat gezeigt: Die Öffentlich-Rechtlichen stehen dem in nichts nach. „Es ist für mich eine große Ehre. Die Rolle des Kapitäns ist eine Herzensangelegenheit“, sagte Silbereisen noch – und verschwand wieder. Der Neuigkeitswert des Auftritts? Tendierte gegen null.

„Menschen 2019“ mit Lanz: Comedy-Neuling Carl Josef überraschte

Comedy-Newcomer Carl Josef Statnik überzeugte bei Markus Lanz’ Jahresrückblick „Menschen 2019“.
Comedy-Newcomer Carl Josef Statnik überzeugte bei Markus Lanz’ Jahresrückblick „Menschen 2019“. © Getty Images | Christian Augustin

Zugegeben: Nicht alle Gäste bei „Menschen 2019“ hatten so wenig zu erzählen. Und manche überraschten sogar. Etwa der 14 Jahre alte Carl Josef Statnik, ein Newcomer in der deutschen Comedy-Szene. Wegen einer unheilbaren Gen-Krankheit sitzt der Junge im Rollstuhl. „Aber ich will kein Mitleid – außer von schönen Frauen“, sagte er.

Die Witze sind seine Art, mit der Krankheit umzugehen. Es gibt aber auch die andere Seite. „Ich werde vielleicht nicht älter als 30, natürlich wird man da traurig“, sagte er. Und: „Wenn ich andere Kinder auf dem Schulhof beim Fußball sehe und selber nicht mitspielen kann, ist das natürlich ein harter Schlag ins Gesicht“.

Es war ein authentischer Auftritt – mit einer Prise Humor. Leider gab es davon zu wenig. Oft blieb es bei bloßer Plauderei, einem faden Schnelldurchlauf durch die vermeintlichen Highlights des Jahres.

Als Markus Lanz die bei der Leichtathletik-WM in Katar so erfolgreichen Sportler Malaika Mihambo und Niklas Kaul im Studio begrüßte, durfte natürlich auch das obligatorische Maßband, diesmal im XXL-Format, nicht fehlen. Mihambo war bei der Weltmeisterschaft 7,30 Meter weit gesprungen. Und um zu zeigen, wie weit das ist, ging Lanz die Strecke nochmal ab. „Wie ein Mensch so weit fliegen kann, das ist phänomenal“, sagte der Moderator.

Markus Lanz ratterte seine Fragen herunter

Auch der Auftritt von Rainer Schimpf, dem Taucher, der vor der Küste Südafrikas von einem Wal beinahe verschluckt worden wäre, wird nicht in Erinnerung bleiben. Das Tier spuckte den Deutschen wieder aus, die Bilder gingen um die Welt. Lanz ratterte seine Fragen herunter: „Wie fühlte sich das an?“, „Was sieht man im Maul des Wals?“, „Wie riecht es da drin?“, wollte er wissen. „Es fühlte sich an wie eine feste Umarmung“, sagte Schimpf. Gut, wäre also auch das geklärt – und damit weiter im Programm.

Etwas mehr Zeit war immerhin für den Auftritt von Klimaaktivistin Luisa Neubauer und CDU-Politiker Philipp Amthor eingeplant. Doch wer bei dieser Konstellation ein hitziges Gefecht – hier die ungeduldige Umwelt-Aktivistin, da der konservative Nachwuchsstar – erwartet hatte, wurde enttäuscht.

Grünen-Mitglied Neubauer, die von Lanz in dessen Talkshow noch hart kritisiert worden war, lobte die Fridays-for-Future-Bewegung erwartungsgemäß: „Wir haben in diesem Jahr mehr Menschen denn je auf die Straße gebracht. Das ist großartig“, sagte sie. Doch auch Amthor zeigte sich versöhnlich, auf Angriffe verzichte er ganz.

Ohnehin fiel ihm die Rolle zu, das Klimapaket der Bundesregierung zu verteidigen. „Wir haben im Bundesrat eine Hängepartie gehabt. Jetzt ist eine Einigung da. Das ist aber noch nicht das Ende der Erzählung“, sagte Amthor. Eine Antwort, die Luisa Neubauer natürlich nicht zufrieden stimmte. Und auch Moderator Lanz lästerte: „Sie reden wie jemand, der seit 60 Jahren im Parlament sitzt“.

Wenig Politik bei „Menschen 2019“, dafür viel Musik

Markus Lanz befragt Roman Remis, einen Überlebenden des Anschlags von Halle.
Markus Lanz befragt Roman Remis, einen Überlebenden des Anschlags von Halle. © Getty Images | Christian Augustin

Nimmt man noch den Auftritt von Roman Remis dazu, der den Anschlag auf die Synagoge in Halle am 9. Oktober überlebte, war’s das aber auch schon mit Politik bei diesem Jahresrückblick. Andere große Themen wie Brexit, Trump, die SPD-Krise wurden gar nicht oder nur am Rande angesprochen. Dafür gab’s viel Musik: Sarah Connor, die Toten Hosen, die Kelly Family. Auch so geht die Zeit rum.

Schließlich präsentierte Markus Lanz noch Kenan Büyükhan aus Nürnberg. Der Zehnjährige hatte seine zwei Jahre alte Schwester aus einem brennenden Auto gerettet. Lanz setzte sich neben den Jungen, legte ihm den Arm um die Schulter. Er lobte seinen Mut und zum Schluss gab’s noch ein Geschenk. Zwei Karten für ein Bundesliga-Spiel beim FC Bayern, Kenans Lieblingsverein. Der Junge bedankte sich zwar pflichtschuldig. Doch wirklich begeistert klang auch er an diesem Abend nicht.