Berlin. Andrea Nahles hätte bei „Maybrit Illner“ zum Thema Hartz IV groß auftrumpfen können. Doch die SPD-Chefin wirkte müde und nachdenklich.

Maybrit Illner beschäftigte sich am Donnerstagabend im ZDF mit einer politischen Überraschung: Die SPD hat die Sozialpolitik für sich wiederentdeckt. Mit dem sogenannten Bürgergeld wollen sich die Sozialdemokraten vom schwierigen Agenda-Erbelösen.

Allein, das Vorhaben wird stark kritisiert. Skeptiker wähnen ein Vor-Wahlkampfmanöver. Ist das so? Bei Illner stellte sich SPD-Chefin Andrea Nahles solchen und anderen Vorwürfen.

Maybrit Illner – das waren die Gäste:

  • Andrea Nahles (SPD-Chefin)
  • Christian Lindner (FDP-Chef)
  • Katja Kipping (Linken-Chefin)
  • Markus Feldenkirchen („Der Spiegel“)
  • Robin Alexander („Die Welt“)

Im neuen sozialpolitischen Ansatz der SPD steckt viel drin:

  • Ein längerer Bezug von Arbeitslosengeld I,
  • die Grundrente (

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),
  • mehr Augenmaß bei den Hartz-IV-Sanktionen.
  • Und doch nutzte Andrea Nahles die Gunst der Stunde kaum, um für ihre Vision zu streiten. Ruhig, zurückhaltend, fast traurig wirkte die SPD-Chefin über weite Teile der Diskussion.

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    Zur Sache sagte sie viel Erwartbares. Dass sich die SPD zu viel Zeit gelassen habe mit einem großen Konzept; dass es nicht um Wahlen und Umfragen, sondern um die Menschen gehe; dass die Pläne kein explizites Koalitionsangebot an die Linkspartei seien.

    Kurz flammt ihr Kampfgeist auf

    Andrea Nahles, Fraktionsvorsitzende der SPD und SPD-Parteivorsitzende.
    Andrea Nahles, Fraktionsvorsitzende der SPD und SPD-Parteivorsitzende. © dpa | Kay Nietfeld

    Interessanter wurde es, als Nahles ihre Sicht auf die Entstehung und die Folgen von Hartz IV schilderte. „Der Staat wird hier missbraucht“, das sei damals die Haltung gewesen – und deshalb habe man auf Sanktionen gesetzt. Später räumte die SPD-Chefin dann ein, dass die Reform das Land gespalten hat.

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    Richtig dynamisch wurde Nahles erst, als über die SPD in der Vergangenheitsform gesprochen wurde. „Wir leben doch noch!“, rief Nahles, endlich im Kampfmodus. Auch müsse man den Sozialdemokraten keine Vorträge über staatsbürgerliche Pflichten machen. Für den Vorschlag,

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    „Wir hatten die Kraft, in die Regierung zu gehen, als andere sie nicht hatten – ich gucke hier niemanden im Raum an“, sagte sie, und blickte tatsächlich nicht den am Tisch sitzenden FDP-Chef Christian Lindner an.

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      Der fruchtbarste Streit

      Trotzdem, da wäre mehr, viel mehr drin gewesen. Nur gut, dass sich zwischendurch auch andere äußerten. Die Journalisten Robin Alexander (Welt) und Markus Feldenkirchen (Spiegel) etwa stritten über die Folgen der Agenda für die SPD.

      Nahles’ Auftreten wirkte ziemlich blass.
      Nahles’ Auftreten wirkte ziemlich blass. © ZDF/Svea Pietschmann | ZDF/Svea Pietschmann

      Bei aller Kritik an den aktuellen Vorschlägen der Sozialdemokraten sei es doch gut für die Partei, dass sie jetzt wieder einen Plan habe, argumentierte Feldenkirchen. „Ohne diesen Schritt hätte die SPD keine Chance, Wähler zurück zu gewinnen.“

      • Hintergrund:

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    • Ärger um Aufgabe:

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    • Schließlich habe kaum je eine Reform einer Partei so geschadet, wie Hartz IV der SPD. Und 15 Jahre danach fragen sich viele:

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      Das sah Alexander anders: In anderen Ländern, etwa in Frankreich, hätten sich die Sozialdemokraten nicht an Reformen getraut – und seien nun in der Versenkung verschwunden. „Dass die Agenda-Politik ein Erfolg wird: Wer würde das bezweifeln?“

      Der Gedanke des Abends...

      ...kam ebenfalls von Alexander, der die SPD vor einem Wettrennen warnte, dass sie nicht gewinnen könne: „Sie sagt: 12 Euro Mindestlohn! Dann sagt die Linkspartei: 14 Euro! Und dann kommt die AfD und sagt: 16 Euro – aber nur für Deutsche!“

      Robin Alexander warnte die SPD.
      Robin Alexander warnte die SPD. © ZDF/Svea Pietschmann | ZDF/Svea Pietschmann

      Das Fazit

      Am Ende konnte einem Andrea Nahles leidtun. Fast wirkte es so, als ob sie die schwierigen Monate und Jahre in der SPD doch mitgenommen haben. Dabei hat die Partei unter ihrer Führung mit dem Sozialstaatskonzept ordentlich vorgelegt. Jetzt aber braucht es dynamisches Personal, um es auch zu verkaufen.

      Katja Kipping und Christian Lindner.
      Katja Kipping und Christian Lindner. © ZDF/Svea Pietschmann | ZDF/Svea Pietschmann

      Früher wäre Andrea Nahles dafür goldrichtig gewesen. Bei „Maybrit Illner“ wirkte sie dagegen müde. Man muss für die SPD hoffen, dass das nur an der Tagesform lag.

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      und steht damit trotz Abkehr von Hartz IV für viele nicht mehr für einen Aufbruch.

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        Was sagen Nutzer zum Auftritt von Nahles bei Illner?

        Nicht alle Nutzer folgen der Auffassung unseres Autors, dass Nahles nicht überzeugt hätte. Viele fanden, dass die SPD-Chefin sogar für Aufbruchstimmung sorgte. Eine Auswahl von Kommentaren:

        • „Ich muss jetzt mal eine Lanze brechen für Andrea Nahles. Fand es heute sehr gut erklärt.“
        • „Genossen, nach 14 (!) Jahren fällt der #SPD im Westen auf, dass #Hartz4 ungerecht ist - das ist für diese Partei geradezu schnell!“
        • „Die #SPD hat 20 Jahre lang jede Chance auf einen sozialen Wandel verschlafen“

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