München. In ihrem 80. „Tatort“ bekommen es Batic und Leitmayr mit einem rachsüchtigen Weihnachtsmann zu tun. Finster und spannend erzählt.

Der Kommissar rutscht in der Blutlache aus. Ein Ehepaar ist im Schlafzimmer hingerichtet worden, der Täter, nun ja, ist der Weihnachtsmann, und reingelassen hat ihn die kleine Tochter des Paars: Wenn man ihm nicht trauen kann, wem dann?

Das Kind überlebt das Massaker, der Mörder hat es zuvor betäubt. Mit diesem schaurigen Szenario steigen die Münchner Ermittler Batic und Leitmayr in ihren 80. „Tatort“-Fall ein, und die Drohung im Titel „Wir kriegen euch alle“ legt den Verdacht nahe, dass es bei zwei Leichen nicht bleiben wird.

Smartes Spielzeug spioniert Kind aus

Die Autoren Michael Comtesse und Michael Proehl machen beim Motiv fürs Blutbad keine Umwege: Der Killer im Kostüm hat es auf Menschen abgesehen, von denen er sicher ist, dass sie Kinder missbrauchen. Als trojanisches Pferd im Kinderzimmer sitzt eine smarte, sprechende Puppe, die der Täter per Handy fernsteuert, um die Kleinen auszufragen.

24 davon, verschenkt auf Münchner Spielplätzen, sind im Umlauf, da müssen sich die alten Recken Batic (Miroslav Nemec) und Leitmayr (Udo Wachtveitl) gewaltig ranhalten, um den nächsten Mord zu verhindern. Die Spur führt, zugegebenermaßen nicht fürchterlich originell erdacht, zu einem Verein für Missbrauchsopfer, in dem die betroffenen Männer auch schon mal ihre Gewaltfantasien artikulieren.

„Tatort“: Weihnachtsmann nimmt Rache

Ein Weihnachtsmann, eine sprechende Puppe und Morde – eine brisante Kombi für die Ermittler Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl) und Ivo Batic (Miroslav Nemec) im „Tatort“: Wir kriegen euch alle“.
Ein Weihnachtsmann, eine sprechende Puppe und Morde – eine brisante Kombi für die Ermittler Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl) und Ivo Batic (Miroslav Nemec) im „Tatort“: Wir kriegen euch alle“. © BR/Tellux-Film GmbH/Hendrik Heiden | BR/Tellux-Film GmbH/Hendrik Heiden
Die kleine Lena Faber (Romy Seitz) bekommt zuhause Besuch vom Weihnachtsmann. Ihre Eltern darf sie nicht einweihen.
Die kleine Lena Faber (Romy Seitz) bekommt zuhause Besuch vom Weihnachtsmann. Ihre Eltern darf sie nicht einweihen. © BR/Tellux-Film GmbH/Hendrik Heiden | BR/Tellux-Film GmbH/Hendrik Heiden
Das hat ihr die sprechende Puppe Senta zugeflüstert.
Das hat ihr die sprechende Puppe Senta zugeflüstert. © BR/Tellux-Film GmbH/Hendrik Heiden | BR/Tellux-Film GmbH/Hendrik Heiden
Am nächsten Tag sind Lenas Eltern tot. Sie wurden regelrecht hingerichtet.
Am nächsten Tag sind Lenas Eltern tot. Sie wurden regelrecht hingerichtet. © BR/Tellux-Film GmbH/Hendrik Heiden | BR/Tellux-Film GmbH/Hendrik Heiden
Lena ist nicht das einzige Kind, das die sprechende Puppe hat. Auch Jonathan Kastl (Oskar Vogt) kuschelt mit seiner Smartpuppe.
Lena ist nicht das einzige Kind, das die sprechende Puppe hat. Auch Jonathan Kastl (Oskar Vogt) kuschelt mit seiner Smartpuppe. © BR/Tellux-Film GmbH/Michael Schreitel | BR/Tellux-Film GmbH/Michael Schreitel
Die Ermittler fragen sich, was die Kinder miteinander verbindet und was die Puppe zu bedeuteten hat.
Die Ermittler fragen sich, was die Kinder miteinander verbindet und was die Puppe zu bedeuteten hat. © BR/Hendrik Heiden | BR/Hendrik Heiden
Sie suchen Kontakt zu den Familien der Kinder.
Sie suchen Kontakt zu den Familien der Kinder. © BR/Michael Schreitel/Tellux-Film | BR/Michael Schreitel/Tellux-Film GmbH
Leitmeyr und Batic stoßen auf einen Verein von Überlebenden sexuellen Missbrauchs. Ivo Batic ermittelt undercover.
Leitmeyr und Batic stoßen auf einen Verein von Überlebenden sexuellen Missbrauchs. Ivo Batic ermittelt undercover. © BR/Tellux-Film GmbH/Hendrik Heiden | BR/Tellux-Film GmbH/Hendrik Heiden
Hasko (Leonard Carow) rückt schnell ins Blickfeld der Ermittlungen.
Hasko (Leonard Carow) rückt schnell ins Blickfeld der Ermittlungen. © BR/Tellux-Film GmbH/Michael Schreitel | BR/Tellux-Film GmbH/Michael Schreitel
Die Kommissare schauen sich das Umfeld des Verdächtigen an.
Die Kommissare schauen sich das Umfeld des Verdächtigen an. © BR/Tellux-Film GmbH/Hendrik Heiden | BR/Tellux-Film GmbH/Hendrik Heiden
1/10

Regisseur Sven Bohse gewährt dem Zuschauer in dieser finsteren Geschichte nur selten Chancen zum Durchatmen. Es bleibt bei den eher leisen Humor-Ritualen der Münchner Buddys, die bei Räuberleitern so langsam an ihre körperlichen Grenzen kommen.

„Tatort“ trumpft mit überraschendem Finale auf

Bohse fixiert sich aber in seiner klugen Inszenierung nicht auf den Kindesmissbrauch, sondern eher auf den vermutlichen Rächerkreis, der selbst aus seiner Opferrolle nicht herauskommt. Leonard Carow sticht als von Albträumen gebeutelter Bursche aus der Truppe heraus, auch Routinier Martin Feifel liefert ein bedrückendes Porträt ab, Jannik Schümann punktet als schnöseliger Junior eines reichen Daddys, der ihn fortwährend demütigt.

Einer platten Abrechnung mit der Selbstjustiz als untauglichem Mittel zur Gerechtigkeitsherstellung versagt sich Bohse, es wird deutlich, ohne dass er den Zeigefinger heben muss. Mit Geschick verknüpft er im letzten Drittel drei Handlungsstränge, die parallel in ein durchaus spannendes Finale fließen – das dann noch mit einer dicken Überraschung auftrumpfen kann.

Und der vielleicht wichtigste Hinweis für alle besorgten Eltern: Die gruseligen Spionage-Puppen, die uns der „Tatort“ hier vorführt, sind in Deutschland schnell verboten worden.

Fazit: Gehobener Krimi-Standard, klug inszeniert und gut gespielt.

ARD, Sonntag, 2. Dezember, 20.15 Uhr