Berlin. Mehr Millionäre, mehr Niedriglöhner – ist das gerecht? Bei „Maischberger“ gab es zu dieser Frage sehr verschiedene Ansichten.

Die Reichen werden reicher, die Armen werden ärmer: Das gilt tendenziell auch für Deutschland. Während der Niedriglohnsektor hierzulande floriert, lebten 2017 insgesamt knapp 1,3 Millionen Millionäre in der Bundesrepublik.

Das Phänomen ist nicht neu, aber zu jeder Zeit relevant. Und so war es erstmal löblich, dass sich Sandra Maischberger am Mittwochabend dem Thema widmete. „Die unfaire Republik: Reiche bevorzugt, Arme benachteiligt?“, lautete der Titel des Talks. Dazu gab es in der Runde durchaus unterschiedliche Ansichten.

Der Aufsteiger

Jeremias Thiel etwa berichtete, wie schwer es ist, als Kind in Armut aufzuwachsen. „Ich war Flaschensammeln, um mir neue Schuhe kaufen zu können“, sagte der Sohn von Eltern mit psychischen Störungen. Mit nur 11 Jahren kämpfte sich der heute 17-jährige selbst aus seiner Situation: Er meldete sich beim Jugendamt und bat darum, aus seiner Familie genommen zu werden. Heute ist er Stipendiat einer internationalen Schule und will in Havard studieren.

Doch ist Thiel damit nicht das Musterbeispiel eines funktionierenden Sozialstaates, in dem es jeder schaffen kann? „Das schafft nur eine Minderheit“, sagte der Schüler. Es brauche viel Kraft, auch sei es von vielerlei Umständen abhängig. Chancengleichheit sei keinesfalls gegeben. Das liege auch daran, dass Menschen wie er kaum gefördert würden: „Wir haben für die Volkswirtschaft keinen Wert“, drückte Thiel es drastisch aus.

Die linke Kritikerin

Tut der Staat also zu wenig, um die Ungleichheit auszugleichen? Die These vertrat auch Sahra Wagenknecht. „Wer in eine arme Familie hineingeboren wird, wird wahrscheinlich arm bleiben“, kritisierte die Politikerin der Linkspartei. Dazu trage auch die Politik bei, etwa, indem sie den Niedriglohnsektor weiter fördere – und damit nebenbei über die hohen Gewinne neue Millionäre generiere.

Als eine Sofortmaßnahme forderte Wagenknecht, den Mindestlohn auf zwölf Euro anzuheben. „Vom derzeitigen Niveau kann man in Deutschland nicht leben“, stellte sie fest.

Der Selfmade-Millionär

Warnend äußerte sich dazu Ralf Dümmel. Ab einer bestimmte Mindestlohnhöhe würden viele Unternehmen Jobs streichen, prognostizierte der aus „Die Höhle der Löwen“ bekannte Unternehmer und Millionär.

Zugleich verwahrte er sich gegen eine negative Sicht auf das Unternehmertum. „Man investiert und riskiert Geld“, sagte Dümmel. Gewinne würden in Familienunternehmen oft sofort wieder in die Firma gesteckt werden. Wer da mit hohen Steuern käme, riskiere, dass die Aussicht auf Erfolg nicht länger trage.

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    Die Börsenexpertin

    Anja Kohl stimmte in dieser Hinsicht mit Dümmel, in manch anderer aber auch mit Wagenknecht überein. Die Agenda 2010 nannte die ARD-Börsenexpertin ein „riesiges Arbeitsbeschaffungsprogramm“, das mit geringeren Löhnen erkauft worden sei. Dafür werde aber noch die Rechnung kommen, wenn die vielen Niedriglöhner eines Tages in Rente gehen.

    Als weiteres Problem identifizierte auch Kohl, dass ganze Berufsfelder nicht mehr von ihrer Arbeit leben können. „Da muss es politischen Druck geben“, forderte die Journalistin.

    Der Marktliberale

    Skeptisch wurden derlei Ausführungen von Rainer Hank bewertet. „Die Situation war noch nie so gut wie jetzt“, sagte der Journalist. 45 Millionen seien erwerbstätig. „Wer im Moment einen Vollzeitjob haben will, wird einen bekommen.“

    Auch die Kritik an Hartz IV konnte Hank nicht nachvollziehen. „Wer Hartz IV bekommt, ist nicht arm“, sagte er in Anlehnung an Jens Spahn.

    Das Fazit

    Diese Ausgabe von „Maischberger“ setzte auf ein eigenes Thema abseits der aktuellen Agenda – und gewann. Das lag an einer gut führenden Moderation, vor allem aber an den Gästen.

    Und hier besonders an Jeremias Thiel: „Sie machen vielen Menschen Mut, bei denen die Startchancen schwierig sind“, sagte Dümmel an den 17-Jährigen gewandt. Recht hatte er!