Weimar. Der „Tatort“ aus Weimar bleibt seiner komödiantischen Linie treu. Ermittler Dorn und Lessing arbeiten sich durch ein Intrigen-Dickicht.

Dem Kloß-König geht’s wie seinen Kartoffeln: Er landet im Schockfroster und endet als Granulat im Pappkarton. Das ist ein Krimi-Tod à la Max und Moritz, den man als „Tatort“-Kenner sofort in Weimar verortet.

Das Autorenduo Murmel Clausen und Andreas Pflüger fühlt sich seiner Linie auch im siebten Fall, den es geschrieben hat, verpflichtet. „Die robuste Roswitha“ vereint all jene skurrilen Zutaten und komödiantischen Elemente, mit denen das Ermittlerduo Nora Tschirner und Christian Ulmen von Beginn der Reihe an viel entspannter punktet als seine überdrehten Kollegen aus Münster.

Clausens und Pflügers größtes Verdienst besteht darin, mit all dem grotesken Blödsinn, den es sich ausdenkt, stets doch noch einen kleinen, gemeinen Krimi zu verpacken, der nach den Regeln spielt und einigermaßen logisch funktioniert. Man muss allerdings genau aufpassen, weil man sich beim Zickzack-Kurs der Handlung leicht verläuft, ehe Lessing (Ulmen) und Kira Dorn (Tschirner) zur Auflösung schreiten.

Typen nicht von dieser Welt

Auch diesmal mangelt es nicht an Verdächtigen, ein vom gesamten Ensemble glänzend gespieltes Typen-Panoptikum, das – wie immer in Weimar – nicht von dieser Welt stammt. Zum Beispiel die verhuschte Roswitha Hassenzahl (Milena Dreißig), Ehefrau des ermordeten Kloß-Oligarchen.

Sie war sieben Jahre lang verschollen, hatte nach einem Unfall ihr Gedächtnis verloren und sich angeblich durch die Todesnachricht wieder an ihre eigentliche Existenz erinnert. Ihr neuer und leicht schmieriger Lover Roland Schnecke (Nicki von Tempelhoff) hatte sie einst im Wald aufgelesen, durch den sie geirrt war.

Aber auch ein ziemlich deprimierter Kartoffelbauer (Jörg Hentschel), den Hassenzahl ruiniert haben soll, taugt als potenzieller Mörder. Selbst seine Freundin (Anne Schäfer), eine Supermarktketten-Managerin, ist irgendwie verdächtig, weil sie in schmutzige Geschäfte mit dem Opfer verwickelt war. Und hatte Hassenzahls eisige Vorarbeiterin und Geliebte (Christina Große) womöglich einen Grund, sich am Chef zu rächen?

Kloßfabrik wird in Weimar zum „Tatort“

Ungewöhnlich für die Kommissare Lessing (Christian Ulmen) und Kira Dorn (Nora Tschirner): Sie werden zu einem Autounfall gerufen. Der Fahrer eines Firmenwagens eines Kloßherstellers ist in einen Pkw gerast und hat dann Fahrerflucht begangen.
Ungewöhnlich für die Kommissare Lessing (Christian Ulmen) und Kira Dorn (Nora Tschirner): Sie werden zu einem Autounfall gerufen. Der Fahrer eines Firmenwagens eines Kloßherstellers ist in einen Pkw gerast und hat dann Fahrerflucht begangen. © MDR/Wiedemann u. Berg | Anke Neugebau
Polizeichef Kurt Stich (Thorsten Merten) ist auch am Unfallort, obwohl er extrem erkältet ist. Aber mit der Kloßfirma verbindet er bittere Erinnerungen. Seine üble Laune bekommt auch Polizeimeister Lupo (Arndt Schwering-Sohnrey) zu spüren.
Polizeichef Kurt Stich (Thorsten Merten) ist auch am Unfallort, obwohl er extrem erkältet ist. Aber mit der Kloßfirma verbindet er bittere Erinnerungen. Seine üble Laune bekommt auch Polizeimeister Lupo (Arndt Schwering-Sohnrey) zu spüren. © MDR/Wiedemann u. Berg | Anke Neugebau
Dorn (Nora Tschirner) und Lessing (Christian Ulmen) suchen in der Kloßmanufaktur nach dem Fahrer des Wagens und wollen den Chef sprechen. Der ist aber nirgends zu finden.
Dorn (Nora Tschirner) und Lessing (Christian Ulmen) suchen in der Kloßmanufaktur nach dem Fahrer des Wagens und wollen den Chef sprechen. Der ist aber nirgends zu finden. © MDR/Wiedemann u. Berg | Anke Neugebau
Vorarbeiterin Cordula Remda-Teichel (Christina Große) führt die Kommissare durch die Kloßmanufaktur, in der die Ermittler Blutspuren finden.
Vorarbeiterin Cordula Remda-Teichel (Christina Große) führt die Kommissare durch die Kloßmanufaktur, in der die Ermittler Blutspuren finden. © MDR/Wiedemann u. Berg | Anke Neugebau
Lessing (Christian Ulmen) macht im Schockfroster eine unschöne Entdeckung: die Brille des Fabrikchefs Hassenzahl. Der üble Verdacht: Hassenzahl wurde im Schockfroster entsorgt und zu Kloßgranulat verarbeitet. Schließlich hatte auch im Unfallwagen ein Karton mit kleinen Kloßstückchen gestanden.
Lessing (Christian Ulmen) macht im Schockfroster eine unschöne Entdeckung: die Brille des Fabrikchefs Hassenzahl. Der üble Verdacht: Hassenzahl wurde im Schockfroster entsorgt und zu Kloßgranulat verarbeitet. Schließlich hatte auch im Unfallwagen ein Karton mit kleinen Kloßstückchen gestanden. © MDR/Wiedemann u. Berg | Anke Neugebau
Auf einmal betritt Roswita Hassenzahl (Milena Dreißig, Mitte) die Fabrik. Die Frau des Firmenchefs war eigentlich vor sieben Jahren spurlos verschwunden. Sie gibt an, sie habe erst durch die Todesnachricht im Radio ihr Gedächtnis wiedererlangt.
Auf einmal betritt Roswita Hassenzahl (Milena Dreißig, Mitte) die Fabrik. Die Frau des Firmenchefs war eigentlich vor sieben Jahren spurlos verschwunden. Sie gibt an, sie habe erst durch die Todesnachricht im Radio ihr Gedächtnis wiedererlangt. © MDR/Wiedemann u. Berg | Anke Neugebau
Am Unfallort hat Lupo (Arndt Schwering-Sohnrey) die schlechte Nachricht, dass der Großteil des Kloßgranulats verschwunden ist. Aufgefressen von Wildschweinen, vor denen der Polizist auf einen Baum flüchten musste.
Am Unfallort hat Lupo (Arndt Schwering-Sohnrey) die schlechte Nachricht, dass der Großteil des Kloßgranulats verschwunden ist. Aufgefressen von Wildschweinen, vor denen der Polizist auf einen Baum flüchten musste. © MDR/Wiedemann u. Berg | Anke Neugebau
Roland Schnecke (Nicki von Tempelhoff) wird an der Autobahntankstelle von den Kommissaren Dorn (Nora Tschirner) und Lessing (Christian Ulmen) nach Roswita Hassenzahl befragt. Schnecke hatte in den letzten Jahren mit der früheren Kloßfabrikchefin zusammengelebt, nachdem er sie verwirrt und ohne Gedächtnis im Wald gefunden hatte.
Roland Schnecke (Nicki von Tempelhoff) wird an der Autobahntankstelle von den Kommissaren Dorn (Nora Tschirner) und Lessing (Christian Ulmen) nach Roswita Hassenzahl befragt. Schnecke hatte in den letzten Jahren mit der früheren Kloßfabrikchefin zusammengelebt, nachdem er sie verwirrt und ohne Gedächtnis im Wald gefunden hatte. © MDR/Wiedemann u. Berg | Anke Neugebau
Die Spur führt Lessing und Dorn zum Kartoffelbauern Thomas Halupczok (Jörn Hentschel). Der war wegen eines gekündigten Vertrags mit der Kloßfirma in finanzielle Nöte geraten und reagiert zunächst etwas nervös, als die Ermittler ihn aufsuchen.
Die Spur führt Lessing und Dorn zum Kartoffelbauern Thomas Halupczok (Jörn Hentschel). Der war wegen eines gekündigten Vertrags mit der Kloßfirma in finanzielle Nöte geraten und reagiert zunächst etwas nervös, als die Ermittler ihn aufsuchen. © MDR/Wiedemann u. Berg | Anke Neugebau
Lessing (Christian Ulmen) und Dorn (Nora Tschirner) müssen ihre Waffen ziehen, als Halupczok (Jörn Hentschel) seine Mistgabel erhebt. Allerdings hatte er sich einfach nur erschrocken. Sein Hörgerät hatte versagt.
Lessing (Christian Ulmen) und Dorn (Nora Tschirner) müssen ihre Waffen ziehen, als Halupczok (Jörn Hentschel) seine Mistgabel erhebt. Allerdings hatte er sich einfach nur erschrocken. Sein Hörgerät hatte versagt. © MDR/Wiedemann u. Berg | Anke Neugebau
Halupczok nimmt die Ermittler auf dem Traktor mit zu seinem Hof.
Halupczok nimmt die Ermittler auf dem Traktor mit zu seinem Hof. © MDR/Wiedemann u. Berg | Anke Neugebau
So richtig traurig scheint Kartoffelbauer Thomas Halupczok (Jörn Hentschel) nicht zu sein, als er vom Tod des Kloßfabrikanten Hassenzahl erfährt.
So richtig traurig scheint Kartoffelbauer Thomas Halupczok (Jörn Hentschel) nicht zu sein, als er vom Tod des Kloßfabrikanten Hassenzahl erfährt. © MDR/Wiedemann u. Berg | Anke Neugebau
Roswita Hassenzahl (Milena Dreißig) und Roland Schnecke (Nicki von Tempelhoff) werden von den Kommissaren Lessing (Christian Ulmen) und Dorn (Nora Tschirner) verhört. Irgendwie erschien es dann doch merkwürdig, dass Schnecke mit einer Nobel-Limousine durch die Gegend fährt.
Roswita Hassenzahl (Milena Dreißig) und Roland Schnecke (Nicki von Tempelhoff) werden von den Kommissaren Lessing (Christian Ulmen) und Dorn (Nora Tschirner) verhört. Irgendwie erschien es dann doch merkwürdig, dass Schnecke mit einer Nobel-Limousine durch die Gegend fährt. © MDR/Wiedemann u. Berg | Anke Neugebau
Roswita Hassenzahl (Milena Dreißig) erinnert sich, wie ihr Roland Schnecke (Nicki von Tempelhoff) von seiner dubiosen Vergangenheit erzählt.
Roswita Hassenzahl (Milena Dreißig) erinnert sich, wie ihr Roland Schnecke (Nicki von Tempelhoff) von seiner dubiosen Vergangenheit erzählt. © MDR/Wiedemann u. Berg | Anke Neugebau
Der Kartoffelbauer Thomas Halupczok (Jörn Hentschel) fordert bei Roswita Hassenzahl (Milena Dreißig) seine Schulden ein. Die will von nichts eine Ahnung haben.
Der Kartoffelbauer Thomas Halupczok (Jörn Hentschel) fordert bei Roswita Hassenzahl (Milena Dreißig) seine Schulden ein. Die will von nichts eine Ahnung haben. © MDR/Wiedemann u. Berg | Anke Neugebau
Dorn (Nora Tschirner) und Lessing (Christian Ulmen) finden noch eine Kiste mit Kloßgranulat – beim Kartoffelbauern Halupczok. Lupo (Arndt Schwering-Sohnrey) soll einen DNA-Abgleich in Auftrag geben.
Dorn (Nora Tschirner) und Lessing (Christian Ulmen) finden noch eine Kiste mit Kloßgranulat – beim Kartoffelbauern Halupczok. Lupo (Arndt Schwering-Sohnrey) soll einen DNA-Abgleich in Auftrag geben. © MDR/Wiedemann u. Berg | Anke Neugebau
Im Nachbarhaus von Roland Schnecke stoßen Dorn (Nora Tschirner) und Lessing (Christian Ulmen) auf eine nervöse Nachbarin.
Im Nachbarhaus von Roland Schnecke stoßen Dorn (Nora Tschirner) und Lessing (Christian Ulmen) auf eine nervöse Nachbarin. © MDR/Wiedemann u. Berg | Anke Neugebau
Nachdem die Nachbarin Irma (Christine Zart) ihre Waffe beiseite gelegt hat, gibt sie den Ermittlern den entscheidenden Hinweis.
Nachdem die Nachbarin Irma (Christine Zart) ihre Waffe beiseite gelegt hat, gibt sie den Ermittlern den entscheidenden Hinweis. © MDR/Wiedemann u. Berg | Anke Neugebau
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Schwarzer Humor behält meist die Oberhand

Unaufgeregt arbeiten sich Dorn und Lessing durch ein Dickicht an Intrigen. Eine eher gemächliche Ermittlungstour, bei der dem man das Schmunzeln selten aus dem Gesicht bekommt. Zugegeben, die verbalen Scharmützel des Pärchens waren schon mal giftiger – da drohen Routine im Spiel und Gewöhnungseffekte beim Zusehen. Noch funktioniert es aber.

Bei aller Küchenpoesie purzeln auch wieder ein paar schmerzhaft schlichte Kalauer übereinander. Doch der schwarze Humor behält meist die Oberhand. Und wenn bei einem hinreißend boshaft inszenierten Doppelvergiftungsversuch (Regie: Richard Huber) einer der beiden Täter zum Schüttelreim greift, um die Klöße nicht zu verwechseln, muss man gratulieren: „Der Kloß mit der Soß’ ist auf dem Teller mit der Stella / Famos ist der Kloß auf dem Porzellan mit dem Schwan.“ Klar wie Kloßbrühe.

Fazit: Weimar, wie es reimt und flachst. Haben Tschirner und Ulmen sogar schon noch witziger hinbekommen. Aber amüsant ist auch dieser Fall.

ARD, Sonntag, 26. August, 20.15 Uhr