Berlin. Henning Baum gab beim Dreh zum Sat.1-Zweiteiler „Der Staatsfeind“ alles – und Kollegin Franziska Weisz bekam den Stuntman auf den Kopf.

In „Der Staatsfeind“ spielt Henning Baum einen Polizisten, der einmal zur falschen Zeit am falschen Ort ist – und plötzlich zum meistgesuchten Terroristen Deutschlands erklärt wird. Franziska Weisz ist in dem zweiteiligen Sat.1-Thriller die Frau des Gejagten – am 8. und 15. Mai um 20.15 Uhr auf Sat.1.

Die beiden Schauspieler, die schon zum dritten Mal zusammenarbeiten, haben uns in der Berliner Zentralredaktion besucht, Kuchen gegessen und unsere Fragen beantwortet. Sie haben uns erzählt, warum sie so gerne miteinander drehen, wie schmerzhaft die Actionszenen waren und welche Rollen Sie auf keinen Fall würden spielen wollen.

Franziska Weisz, Henning Baum, Sie sind schon 2011 in dem Film „Niemand ist eine Insel“ zusammen aufgetreten, dann 2013 in der Sat.1-Serie „Der letzte Bulle“. Jetzt spielen Sie in „Der Staatsfeind“ zusammen. Ist dieses erneute Aufeinandertreffen Zufall?

Henning Baum: Das war absoluter Vorsatz. Wir haben uns kennengelernt bei „Niemand ist eine Insel“. Dass Franziska für den „Bullen“ zum Casting kommt, war dann ein Wunsch von mir. Und beim „Staatsfeind“ genauso, weil ich dachte, das könnte gut passen. Und das hat dann auch gut gepasst.

© Reto Klar | Reto Klar

Was schätzen Sie aneinander? Und welche Macken sehen Sie beieinander, wo Sie sagen: Das könntest du dir mal abgewöhnen?

Franziska Weisz: Macken finde ich wirklich keine. Was ich bemerke, ist die Energie zwischen uns. Dieses besondere Miteinander, das haben Henning und ich damals an unserem ersten gemeinsamen Drehtag schon gehabt. Und wir haben eine schöne Atmosphäre am Set. Das ist wie ein geschützter Raum, und deswegen hab ich auch gehofft, dass ich das spielen darf. Abgesehen davon, dass ich das Drehbuch toll fand.

Was schätzen Sie an Franziska Weisz, Herr Baum?

Baum: Ich mach’s mir in gewisser Weise leicht, wenn ich mit Franziska zusammenspiele. Sie hat eine Tiefe von Wahrhaftigkeit in ihrem Spiel, die mich sozusagen spielt. Ich bin nur in der Situation, gucke sie an, höre ihr zu, und ich muss nichts tun. Es spielt mich.

Das geht nicht mit jedem so?

Baum: Das geht überhaupt nicht mit jedem so. Außerdem hat Franziska ein Potenzial von Energie – sie boxt sozusagen in einer Gewichtsklasse, in der ich auch boxe. Deswegen passt das gut zusammen. Da kommt eine Energie rüber, die ich aufnehmen kann. Und die ich auch zurückgeben kann. Ich weiß, wenn ich die Energie da reinschicke, fliegt Franziska nicht um, sondern das spornt sie nur noch mehr an. Dadurch entsteht eine Art von Spiel und eine Art von Intensität, die natürlich dem Film zugute kommt.

Frau Weisz, Sie haben Ihren Mann Felix Herzogenrath einst bei Dreharbeiten kennengelernt – jetzt war er bei „Der Staatsfeind“ wieder Ihr Regisseur. Wie beeinfluss diese private Verbindung die Arbeit?

Weisz: Im besten Sinne. Film und Leben trennen wir sowieso nicht. Bei Journalisten ist es doch genau dasselbe: Man ist ja nicht nach Redaktionsschluss plötzlich desinteressiert an der Welt, sondern es arbeitet ständig weiter in einem. Film ist also grundsätzlich ständig in unserem Leben. Die Zeit am Set und die Vorbereitungszeit werden heutzutage generell immer kürzer. Da ist es natürlich toll, wenn ich mit dem Regisseur schon vorab privat viel über die Rolle sprechen kann. Rebecca, die ich in diesem Film spiele, saß also manches Mal mit uns beim Abendessen!

Und am Set war es für mich eine Luxussituation. Henning da zu haben, dem ich so vertrauen kann, und Felix da zu haben, der das allerbeste aus dem Film herausholen wollte, was ihm auch gelungen ist, wie ich finde. Während der Dreharbeiten wohnen wir übrigens nicht zusammen. Da sind wir dann wirklich Regisseur und Schauspielerin.

Baum: Sie wohnt dann bei mir in der Zeit. (Da lachen sie beide)

Herr Baum, Sie haben an diesem Filmstoff mitgearbeitet, was genau war da Ihre Rolle?

Baum: Der Produzent, Marcus Mende, kam vor vier Jahren zu mir und skizzierte mir eine Idee, die ich gut fand, also hab ich gesagt, lass uns daran arbeiten. Und dann saßen wir immer wieder zusammen und sind die jeweiligen Entwürfe des Drehbuchs kritisch durchgegangen.

Das hat mir auch gut getan, weil dadurch auch Vertrauen gewachsen ist zum Produzenten, und das schlägt sich in der Arbeit nieder. Ich hab gesehen, wie sehr sich Marcus Mende für dieses Projekt eingesetzt hat. Auch gegen Widerstände. Diese Art von kreativer Zähigkeit hat mir sehr imponiert.

Sind die Figuren, die Sie beide in dem Film spielen, in Ihren Augen das perfekte Paar?

Baum: Ach, perfekt nicht unbedingt. Die haben ja schon Streit am Anfang, weil er wieder in den Irak gehen soll und sie enttäuscht ist. Die haben ihre Diskussionen. Aber das ist so ein Paar, wie man selber gerne sein möchte, oder mit denen man gerne befreundet sein möchte.

Weisz: Es ist ein Paar, dem man glaubt, dass es füreinander durch die Hölle geht. Die sind Freunde fürs Leben und haben eine ganz große Liebe füreinander. Es geht darum zu sehen, was passiert, wenn es zu so einer Belastungsprobe kommt wie in diesem Film. Fällt’s dann auseinander oder hält man zusammen? Der Idealfall ist ja, dass man dann erst richtig spürt, dass man mit dem anderen zusammen sein möchte. Dass man eben nicht abspringt.

Action am Olympiastadtion in München: Sogar aufs Dach klettern durfte Henning Baum für die Dreharbeiten.
Action am Olympiastadtion in München: Sogar aufs Dach klettern durfte Henning Baum für die Dreharbeiten. © Sat.1 | Marc Reinmann

Es gibt reichlich Actionszenen – wie schmerzhaft kann das bei den Dreharbeiten werden?

Baum: Sehr. Beispielsweise bei dem Kampf, den ich mit dem MAD-Agenten habe – der Kollege ist ein Stuntman, sehr kampferfahren, und ich mach’ das ja auch gern. Wir wussten, wir mussten von Punkt A nach Punkt B kommen, und ein paar Details wussten wir auch, aber den Rest dazwischen haben wir fast improvisiert.

Die Verabredung mit der Stuntkoordinatorin war: Gib dem Henning keinen Fußbreit Raum. Der muss sich den erkämpfen, und was er sich nicht erkämpft, kriegt er nicht. Wir haben gesagt, da geben wir Vollgas. Und er hat mich auch echt gewürgt. Natürlich setzen wir Schläge mit dem Ellenbogen an Stellen, wo wir uns nicht die Rippen brechen. Oder einen auf den Schädel mitgeben. Das schon.

Weisz: Da hielt das ganze Team auch wirklich den Atem an. Man hatte echt das Gefühl, da ist Gewalt im Raum. Nicht angedeutet, sondern das war schon eine vibrierende Energie. Und bei der Prügelei hab ich dann ja auch was abbekommen. Ich saß da so am Boden und der Kollege ist auf mich drauf geflogen. Zwei Männer raufen und die Frau heult (lacht).

Baum: Ja, das kann schon mal passieren. Ich hatte da auch so ein bisschen Blut im Mund.

Das bisschen Blut! Weisz und Baum in „Der Staatsfeind“.
Das bisschen Blut! Weisz und Baum in „Der Staatsfeind“. © Sat.1 | Marc Reinmann

Herr Baum, Sie haben mal gesagt, es gäbe Grenzen für das, was Sie spielen könnten und wollten. Figuren, bei denen es nur noch ein „So tun als ob“ sei, sei kein Schauspiel mehr. Was sind das für Figuren? Und haben Sie deswegen schon mal eine Rolle abgelehnt?

Baum: Ja, oft. Es sind entschlussschwache Typen, die nicht ganz bei sich sind und was Fahriges in ihrer Natur haben. Das trage ich nicht in mir. Das müsste ich komplett erfinden. Und davon halte ich nichts. Das ist nicht meine Art zu spielen. Ich bin nur gut, wenn ich die Sachen auch in mir trage. Man trägt relativ viel in sich, man wundert sich.

Aber es gibt einfach Rollen, wo ich sage: Was soll ich da, hömma, das kann doch jemand anders viel besser! Wenn man ein Image hat, hat das Publikum auch eine Erwartung, die man in gewisser Weise erfüllen muss.

Frau Weisz, Sie hingegen haben mal gesagt, „je unterschiedlicher die Charaktere, desto lieber schmeiße ich mich rein“. Gibt es gar nichts, wo Sie sagen würden, das mache ich nicht?

Weisz: Das Buch muss mich überzeugen. Zum Beispiel in dem Film „Kreuzweg“, da spiele ich eine sehr katholische, eine wirklich fanatisch religiöse Frau, die ihre Kinder quält. Weiter weg von mir kann es eigentlich gar nicht sein. Und das finde ich dann spannend.

Baum: Trägst du irgendwas davon in dir? Ich glaube, man muss irgendeine Art von Widerhall haben.

Weisz: Ich such mir dann einen Weg. Ich hab’ gelesen, wie die Frau tickt, und dann gedacht: Ja, klar, die versucht, ihre Kinder vor der Hölle zu bewahren. Damit kann ich was anfangen. Aber wie sie’s macht, wie sie’s lebt und wie sie dabei aussieht, das ist das totale Gegenteil von mir. Man braucht nur den Kern. Man muss es nachvollziehen können. Ich kann keine Figur spielen, die ich nicht mag.

Baum: Ja, man muss die Rolle sympathisch finden. In dem Sinne, das man wenigstens einen Teil davon verstehen kann.

Selfie vor dem Bild von WAZ-Mitgründer Jakob Funke: Baum und Weisz in der Zentralredaktion.
Selfie vor dem Bild von WAZ-Mitgründer Jakob Funke: Baum und Weisz in der Zentralredaktion. © Reto Klar | Reto Klar

Sie sind beide früh in Ihrem Leben ausgerissen, aus der Geborgenheit des Vertrauten. Frau Weisz, Sie haben in London studiert, leben heute in Berlin. Herr Baum, Sie waren in England im Internat, leben zwar in Essen, aber sind beruflich viel unterwegs. Was bedeutet Ihnen Ihre Heimat – einmal Österreich, einmal Essen – heute?

Weisz: Ich komme aus einer glücklichen Kindheit. Haus, Garten, ein Haufen Familie, viele Geschwister. Ich bin immer noch so verwurzelt da, dass ich so nach oben hin das Gefühl hab’, ich kann mich in alle Richtungen dehnen. Ich weiß, im Garten meiner Mama bin ich immer willkommen. Also auch im Haus, nicht nur im Garten. (Sie lacht). Ich glaube, weil mir am Anfang so viel Sicherheit gegeben wurde, kann ich mich überall zu Hause fühlen. Das beflügelt mich sehr.

Baum: Ich bin eigentlich auf der Welt überall immer zurechtgekommen. Und hab’ keine Berührungsängste mit fremden Kulturen und fremden Bräuchen. Ich glaub schon, dass es einen universellen menschlichen Kern gibt, den man überall wiedertrifft. Und das hat bei mir auch was mit dieser Sicherheit zu tun, wie Franziska das gesagt hat, emotional hab ich ein gutes Zuhause bekommen.

In Essen bin ich total gerne, das ist wirklich meine Heimat. Ich hab die Stadt und die Menschen da sehr gern. Die ganze Region liegt mir wirklich am Herzen. Das ist mir inzwischen wohl bewusst.

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    Baum: Das ist eine gute Frage. Es wäre schon mein Wunsch, mit Franziska alsbald wieder zusammen zu spielen. Das kann ich schon so ganz freimütig eingestehen. Da hätte ich großen Spaß dran.

    Weisz: Oh ja, ich auch!

    Baum: Wenn das Autoren lesen, dann können die sich mal schön was einfallen lassen.

    D ienstag, 8. und 15. Mai, Sat.1, 20.15 Uhr