Berlin. Warum besitzen in Deutschland wenige Menschen so viel Vermögen? Bei „Hart aber fair“ erklärte sich ein streitbarer Multimillionär.

Den großen volkswirtschaftlichen Kennzahlen zufolge geht es Deutschland bestens. Doch es gibt auch Statistiken, die auf eine Schieflage im Land hindeuten. Zum Beispiel diese: Die wohlhabendsten zehn Prozent der Haushalte besitzen zusammen etwa 60 Prozent des Gesamtvermögens. Wie kann das sein? Diese Frage wird aktuell wieder umfassender diskutiert, zumal vor dem Hintergrund des 200. Jubiläums von Karl Marx.

Im Rahmen eines Themenabends widmete sich am Montag auch „Hart aber fair“ der Thematik. „Wie viel Ungleichheit verträgt das Land?“, fragte Gastgeber Frank Plasberg.

Ein Multimillionär im Fokus

„Wir leben in der geilsten Gesellschaft der Welt.“ Glaubt Christoph Gröner, weil hierzulande jeder Alles werden kann.
„Wir leben in der geilsten Gesellschaft der Welt.“ Glaubt Christoph Gröner, weil hierzulande jeder Alles werden kann. © WDR | WDR

Interessant war dabei, dass mit Christoph Gröner wie schon zuvor in der ARD-Dokumentation ein ungewöhnlicher Mensch zu Wort kam. Denn hier sprach nicht wie sonst üblich ein Kritiker der Verhältnisse, sondern einer, auf den die Kritik abzielt: Ein Multimillionär, der sein Vermögen mit Immobilien erwirtschaftet hat.

„Die Reichen verstecken sich, das bestärkt die Neiddebatte“, erklärte Gröner die Motivation für seinen Auftritt. Dabei sei Reichtum keine Sünde. Vielmehr würden Wohlhabende in der Gesellschaft eine wichtige Rolle übernehmen. „Wir sollten deutlich machen, dass wir eine wichtige Rolle haben“, forderte Gröner.

Bildung statt Steuern

Und das machte er dann auch in der Runde – mit durchaus streitbaren Gedanken. Im Kern lautete Gröners These, dass Umverteilung über Steuern sinnlos ist. Stattdessen müsse der Staat in Bildung investieren, um den nachfolgenden Generationen den Aufstieg und somit den Weg zu eigenen Wohlstand zu ermöglichen.

Aus dieser Forderung leitete Gröner dann auch ab, was er widersinnig findet: Dass „seine“ Steuern in die Sozialpolitik investiert werden. „Die SPD will in die investieren, die nicht an der Wertschöpfung teilnehmen“, schmiss er dem Juso-Chef Kevin Kühnert an den Kopf. Doch auch die anderen Parteien hätten „kein Konzept für die Zukunft“, weswegen Gröner mit dem Gedanken spielt, in einigen Jahren eine eigene zu gründen. War das hier die erste Werbekampagne? Es klang fast so.

Frustriert über das Steuersystem

Falls dem so sein sollte, dürfte Gröner seine Zielgruppe mit seinem Auftritt allerdings reichlich verengt haben. So etwa mit einer etwas absurden Abneigung gegen die Kompetenz des Staates, Steuern einzutreiben. „Man versucht mit Gewalt, etwas durchzusetzen: Es kommt ein Steuerbescheid und man muss zahlen“, ärgerte sich der Immobilienunternehmer über die ureigene und alles ermöglichende Kompetenz des Staates. An anderer Stelle, etwa „im Drogenpark“, sei der Staat dagegen unzureichend aktiv.

Gröners Frustration darüber verstieg sich letztlich zu der Forderung, selbst über die Verwendung der gezahlten Steuergelder bestimmen zu dürfen. „Wenn ich leiste, dann kann ich doch wohl auch bestimmen, wo das Geld verwendet wird.“

Ein Oligarch?

Gut war, dass Gröner in der Runde Paroli geboten wurde. Und das vor allem von Kevin Kühnert. „Uns gehen 50 Milliarden durch Steuerhinterziehung verloren, das passiert doch nicht im Görlitzer Park“, antwortete der Juso-Chef an einer Stelle auf Gröners seltsames „Drogenpark“-Bildnis.

Doch ist der Wunsch, über die Verwendung des eigenen Steuergelds entscheiden zu können, nicht legitim? Nicht wirklich, wenn man es wie Kühnert zu Ende denkt. „Auch Reiche haben Kinder, also würden sie in die investieen. Aber kaum ein Reicher hat einen Obdachlosen in der Familie“, brachte der Juso-Chef es auf den Punkt. Um Gröner dann einen harten, aber nicht unzutreffenden Vorwurf zu machen: „Sie haben den Anspruch, als Leistungsträger in der Gesellschaft besonders bestimmen zu können. Und dafür gibt es einen Begriff: Oligarchie.“

Das Fazit

Auch wenn die Kritik berechtigt war: Christoph Gröner verdient großen Respekt. Endlich einer, der über viel Geld verfügt – und sich der öffentlichen Debatte stellt. Dieser kann es nur guttun, wenn das bisherige Objekt endlich auch selbst zu Wort kommt. Kein Wunder, dass diese Ausgabe von „Hart aber fair“ gerade in Kombination mit Kühnert gut funktionierte.

Als weiteren Pluspunkt kann man Gröner schließlich anrechnen, dass er sich dem Ideal des Kapitalismus entsprechend aus kleinen Verhältnissen hochgearbeitet hat. Das Beamtengehalt des Vaters reichte nicht aus, also mussten beide Eltern für die drei Kinder hinzuverdienen. „Ich habe gelernt, mit wenig umzugehen“, sagte Gröner. Die erste Mark? Verdiente er mit dem Verkauf aufgemöbelten Rädern – auf dem Flohmarkt.

Zur Ausgabe von „Hart aber fair“ in der ARD-Mediathek