Berlin. Eva Mattes ist das Gesicht der Starautorin Elena Ferrante. Uns erzählte sie, wie es dazu kam – und was im Filmgeschäft schiefläuft.

Sie säuselt, flüstert, dann klingt sie wieder hell und klar. Eva Mattes Stimme kann alles, alt, jung, tief, hoch, Mafiaboss und Schülerin. Ihre Stimme kriecht einem in den Kopf und schließt alles Draußen aus. So sehr, dass mit ihrer bekanntesten Hörbuchproduktion etwas Besonderes passiert ist: Die Schauspielerin Eva Mattes ist seit zwei Jahren die deutsche Stimme der italienischen Starautorin Elena Ferrante. Und weil diese Ferrante lieber anonym bleiben will und ihrer millionenfachen Anhängerschaft kein Gesicht zu ihrer Autorenschaft bietet, ist Eva Mattes zum deutschen Gesicht dieses Literaturerfolgs geworden. In vier Bänden wird die Geschichte von zwei Mädchen, die in Neapel aufwachsen, erzählt. Opulent, klug und millionenfach verkauft.

2016 zählte das „Time“-Magazin Ferrante zu den 100 einflussreichsten Personen weltweit. Der vierte und letzte Band der Saga erscheint zeitgleich mit dem Hörbuch nun Anfang Februar. Hier, in dem französischen Restaurant „Le Faubourg“ nahe dem Berliner Kurfürstendamm, erzählt Eva Mattes von diesem sich selbstständig machenden Erfolg: „Ja, es ist verrückt“, sagt sie, und dass es für sie „natürlich großartig“ sei: „Das ist von Elena Ferrante ein Coup. Manche machen schon Witze und sagen, eigentlich sei ich doch die Ferrante. Schön wär’s.

Dreijährige Beziehung mit Werner Herzog

Aber mit der Geschichte kann ich mich identifizieren.“ Man kann eher sagen, diese Sache konnte keiner planen. Ferrante und Mattes, das passt. Diese 63-jährige deutsche Schauspielerin, die mit den Regie-Ikonen Peter Zadek, Rainer Werner Fassbinder und Werner Herzog arbeitete, gehört zu den wichtigsten Darstellerinnen des Neuen Deutschen Films. Mit Herzog führte sie Ende der 70er-Jahre sogar eine dreijährige Beziehung, aus der die Tochter Hanna hervorging. Mattes, die im Theater, im Kino und zuletzt im Fernsehen

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glänzte, hat mit den Lesungen und Hörbuchproduktionen so etwas wie eine dritte Karriere nach Bühne und Film für sich entdeckt.

Ihre Lesungen sind ausverkauft, die treuesten Fans schreiben Briefe, so wie der bereits verstorbene Kameramann Michael Ballhaus, Mattes erzählt: „Er schrieb, dass er jetzt mit Hörbüchern angefangen habe, weil er nicht mehr so gut sehen kann. Und nachdem er eines von mir gehört hatte, konnte er nur noch meine Stimme hören. Da habe ich ihm eine ganze Kiste geschickt.“

Produktionsfirma soll Geschichten über Frauen erzählen

Doch jeder Erfolg hat eine Schattenseite. Denn im TV ist sie zurzeit nur in einer Nebenrolle, der Mutter der Hebamme „Lena Lorenz“ zu sehen. Hat sie keine Lust mehr auf Film? „Doch, aber es fehlen die Rollen, die meinem Anspruch genügen. Ich habe darüber auch schon mit einer Produzentin gesprochen und sie gefragt, woran das liegt, dass mir keine interessanten Rollen angeboten werden. Und sie hat geantwortet: Dass es sie kaum gibt.“ Mattes wirkt etwas ratlos. Woran es denn liege, am Alter? Sie nickt, sagt,

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„Vielleicht weil man immer noch glaubt, dass nur die jungen Leute ins Kino gehen. Was ich mir nicht vorstellen kann, denn die gucken Internetfernsehen,

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und solche Sachen.“

In den USA hat die Schauspielerin

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aus diesem Grund eine Produktionsfirma gegründet, die Geschichten über Frauen erzählen möchte. Ihr jüngster Coup ist die preisdekorierte Serie

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Mattes ist überzeugt davon, dass es so etwas auch in Deutschland braucht. „Wir wissen schon lange, dass unsere Bevölkerung immer älter wird. Ich meine, ich bin 63 Jahre alt. Hallo, ich stehe mitten im Leben. Ich kann alles. Wir können alles.“

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    Mattes lebt mit dem Künstler Wolfgang Georgsdorf in Berlin

    Rollen wie die in dem brasilianischen Film „Central Station“ oder Marianne Faithfull in „Irina Palm“, die gefallen ihr. Gerade dass „Irina Palm“ im Erotikmilieu spiele, möge sie. „Ich weiß nicht, warum die Deutschen sich so etwas nicht trauen.“ Und sie findet weitere Beispiele für die deutsche Verzagtheit, so laufe die neue Staffel ihrer Lieblingsserie „Vorstadtweiber“ erst nach 22.30 Uhr. „Was soll das?“, fragt sie. Eva Mattes lebt in Berlin mit ihrem Partner, dem Künstler Wolfgang Georgsdorf, er ist auch der Vater ihres zweiten Kindes. 30 Jahre sind die beiden schon zusammen.

    Nie ans Aufgeben gedacht? „Die Liebe wird einem nicht einfach gegeben.“ Sie erklärt, dass man immer wieder an einen Punkt angelange, an dem man denkt, es geht nicht weiter. Und mit einem anderen würde es besser. „Wird es aber nicht. Mauern muss man mit dem Partner einreißen, das ist ganz wunderbar. Dann betritt man gemeinsam eine andere Dimension. Das ist ganz wunderbar.“ Mit einem neuen Partner gerate man immer wieder an die gleiche Mauer. Mit Elena Ferrante ist nun Schluss. Der letzte Band der italienischen Saga ist eingesprochen. Wie war es am Ende? „Ich habe mehrmals am Schluss geweint.“