Berlin. Glückliche Tiere, faire Preise, Gutes aus der Region. Worauf ist Verlass? Tim Mälzer geht für den „Lebensmittel-Check“ auf Recherche.

Eine Tüte Karotten, ein paar Bananen, ein Kohlkopf, eine Ananas, Kokosmilch im Tetrapak und noch ein paar Produkte mehr im Einkaufswagen – und schon haben die Lebensmittel zusammen gut 45.000 Kilometer zurückgelegt, bevor sie beim Verbraucher auf dem Tisch landen. Der erste Teil des „Lebensmittel-Checks mit Tim Mälzer“ im Ersten (4. Dezember, 20.15 Uhr) steht unter dem Motto „Wie gut ist unser Essen? Besser einkaufen, besser leben“.

Der TV-Koch will wissen, wie einfach es ist, gute Lebensmittel aus der Region zu kaufen, von denen man im Idealfall sogar noch weiß, dass die Erzeuger daran fair verdienen. Mälzer selbst stellt sich dem Experiment und will auf der Speisekarte seines Hamburger Restaurants eine Woche lang nur Lebensmittel anbieten, die sich bis auf den Erzeuger zurückverfolgen lassen. Einer fünfköpfigen Hamburger Familie stellt er ebenfalls eine Aufgabe: Sie soll fünf Wochen lang ausschließlich regional essen.

Durch die Recherchen für die Sendung hat Tim Mälzer sieben Tipps für Verbraucher parat:

• Tipp 1: Fragen Sie Ihren Händler nach der genauen Herkunft seiner Ware.

Bei verarbeiteten Produkten wie Marmelade, Konservendosen oder Fertiggerichten ist es so gut wie unmöglich, herauszufinden, woher die Produkte stammen. Auf der Verpackung findet sich lediglich der Ort, an dem die Ware abgefüllt wurde. Joghurt aus Süddeutschland kann trotzdem Milchpulver aus China enthalten, Marmelade aus Norddeutschland bezieht möglicherweise selbst heimische Früchte wie Äpfel zu 99 Prozent aus Italien.

Auch bei losem Obst und Gemüse aus dem Supermarkt ist es teils schwierig, die Herkunft herauszubekommen. Denn selbst, wenn das Herkunftsland Deutschland deklariert ist, muss das noch nicht heißen, dass es tatsächlich in Deutschland gesät und gewachsen ist.

Verbraucherschützerin Daniela Krehl mit Tim Mälzer im Supermarkt.
Verbraucherschützerin Daniela Krehl mit Tim Mälzer im Supermarkt. © NDR/Oliver Biebl | Oliver Biebl

Daniela Krehl von der Verbraucherzentrale Bayern erklärt Tim Mälzer, wie getrickst wird. So sei das Herkunftsland lediglich das Land, in dem Obst und Gemüse geerntet wurden. Champignons aber würden häufig in Polen in mobilen Einheiten gezüchtet – und dann nur für die Ernte über die Grenze nach Deutschland transportiert. Herkunftsland? Ganz klar: Deutschland.

Leichter ist es, seinen Händler auf dem Wochenmarkt direkt auf regionale Produkte anzusprechen. Er weiß besser als es das Supermarkt-Etikett verraten kann, von welchen Erzeugern er seine Ware bezieht. Dennoch: Wer regionale Ware sucht, braucht Zeit und Hartnäckigkeit.

• Tipp 2: Fragen Sie Ihre Molkerei nach dem Milchpreis für die Bauern.

Die großen Handelskonzerne Edeka, Lidl, Rewe und Aldi diktieren die Lebensmittelpreise in Deutschland – und der Preisdruck wird am Ende an die Erzeuger weitergegeben. Die niedrigen Milchpreise treibt viele kleine und mittlere Milchbauern in Existenznot.

33 Cent pro Liter bekam der bayerische Milchbauer Simon Sedlmair zu der Zeit, als die „Lebensmittelcheck“-Folge aufgezeichnet wurde. Um von der Milchproduktion leben zu können und nicht nur die reinen Produktionskosten ohne seine eigene Arbeitsleistung zu decken, bräuchte Sedlmaier eigentlich 40 Cent pro Liter. Alles unter 35 Cent pro Liter bedeutet für ihn: Verlustgeschäft.

Wer sicher gehen will, ein fair gehandeltes Milchprodukt zu konsumieren, kann sich an kleine Milchhöfe und Molkereien in seiner Nähe wenden. Eine Übersicht über solche Höfe in Deutschland findet sich ab Montagabend auf der Sendungsseite von „Lebensmittelcheck“.

• Tipp 3: Vorsicht bei Siegeln! Der Begriff „regional“ ist nicht gesetzlich geschützt.

Anders als bei Bio-Siegeln gibt es keine gesetzlichen Regeln für Regional-Siegel. Der Begriff „regional“ kann entsprechend weit gefasst sein. Kommt also das Produkt aus dem Bundesland, in dem man einkauft? Wie groß darf der Umkreis sein, damit etwas „regional“ ist? 20 Kilometer? 100 Kilometer? Mehr? Für manche ist das Herkunftsland Deutschland vielleicht schon regional genug.

Bundeseinheitliche Regeln hat das Siegel Regionalfenster geschaffen. Das Regionalfenster soll dem Verbraucher den bewussten Einkauf und das Erkennen regionaler Lebensmittel erleichtern.

• Tipp 4: Auch Alpen- und Weidemilch sind keine geschützten Begriffe.

Wer bei Alpenmilch an freilaufende Kühe in den Bergen und bei Weidemilch an Milchkühe auf satten Wiesen denkt, hat sich gewaltig getäuscht. Die Begriffe sind nicht geschützt und suggerieren dem Verbraucher heile Welt, wo in der Realität oft Stallkühe in Massentierhaltung aus dem Ausland die Milchgeber sind. Vielleicht steht lediglich die Großmolkerei, in der die Milch abgefüllt wurde, am Rande der Alpen – wenn überhaupt.

• Tipp 5: Bei Heu-, Bergbauern und Bio-Milch sind die Kriterien gesetzlich geregelt.

Anders als die Begriffe Alpen- und Weidemilch unterliegen die Begriffe Heu-, Bergbauern- und Bio-Milch klaren gesetzlichen Vorgaben. Bei Heumilch wird etwa keine Silage zugefüttert. Der Begriff Bergbauernmilch ist von der EU klar umrissen. Auch für die Bezeichnung „Bio“ gibt es strikte gesetzliche Vorgaben.

• Tipp 6: Tierschutz kostet: Billiges Fleisch kann nicht von artgerecht gehaltenen Tieren stammen.

Ob Fleisch oder tierische Produkte wie Milch und Eier – der Preisdruck geht klar zu Lasten des Tierwohls, weiß Tim Mälzer bereits aus

. Aber welche Informationen bekommt der Verbraucher?

Banane, Pesto, Chips: Bei diesen fünf Lebensmitteln essen Vegetarier Tiere

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    Bei Fleisch weiß der Konsument, wo das Tier aufgewachsen und geschlachtet worden ist, erklärt Verbraucherschützerin Krehl. Wo das Tier geboren ist, weiß der Verbraucher nicht. Krehl kann auch verdeutlichen, warum diese Information relevant ist, etwa bei Geflügel: So seien Brütereien und Mastbetriebe häufig Hunderte Kilometer voneinander entfernt – Transportstress für die Tiere.

    • Tipp 7: Nur Siegel der Bio-Verbände garantieren artgerechte Tierhaltung.

    Der „Lebensmittelcheck“ zeigt ein krasses Beispiel für die verschwindend geringe Aussagekraft bestimmter Siegel, die lediglich Tierschutz vorgaukeln: die Initiative Tierwohl. Große Handelskonzerne wie Edeka, Lidl, Rewe und Aldi unterstützen die Initiative. 4 Cent pro verkauftes Kilo Schweine- und Geflügelfleisch gehen an teilnehmende Erzeuger. Klingt soweit gut.

    Matthias Wolfschmidt von Foodwatch erklärt, warum es trotzdem weniger Orientierung bietet als ein Bio-Siegel. „Sie können sich gar nicht orientieren, weil dieses Initiative-Tierwohl-Logo auf allen Fleischpackungen steht, egal ob das Fleisch, das in der Packung ist, aus einem Betrieb stammt, der diesen Mehraufwand getrieben hat und dafür Geld bekommen hat, oder ob es sich um ganz normales, herkömmlich erzeugtes Fleisch handelt.“ So glänze die gesamte Industrie im Licht der Initiative, obwohl nur ein Bruchteil der Produktion sich tatsächlich um Tierwohl bemühe und von der Initiative profitiere.

    Sendetermin: Montag, 4. Dezember, 20.15 Uhr, ARD