Nadeshda Brennicke gibt sich im neuen Bremer „Tatort“ verführerisch. In der eher dünnen Geschichte ragt einer schauspielerisch heraus.
Nadeshda Brennicke („Manta – Der Film“, „Banklady“) darf sehr ausdrucksvoll spielen in diesem „Tatort“. Sie darf sich zum Beispiel als Motivationsrednerin („Wir verwandeln unseren Schmerz in Willen“) fürs Internetpublikum empfehlen und dabei selbst mit einer Nadel stechen. Außerdem ist Brennicke, die in ihrer Karriere immer schon für Rollen der Verführung gebucht war, in „Zurück ins Licht“ eine ins eigene Ego verbissene Frau und grelle Selbstoptimiererin, die Männer wie eine Dompteurin durch die Manege treibt.
Manchmal fängt sich diese Maria Voss, die von Brennicke bis an die Grenze zur Lächerlichkeit verkörperte Schmerzenspredigerin, in diesem Bremer „Tatort“, auch eine ein. Macht aber weiter nichts, Schmerzen sind ja dafür da, um überwunden zu werden. Als Dank legt sie bei dem gewalttätigen Herrn, der sie aufgrund noch unklarer Umstände in einer seiner Edelbehausungen wohnen lässt, Hand auf offener Straße an. Womit schnell klar wird: Diese Maria Voss ist eine bizarre Person.
Mord und Medikamentenhandel
Und die Vokabel „bizarr“ lässt sich mühelos auf diese gesamt Filmhandlung anwenden. Voss ist eine erfolgreiche Pharmareferentin, die kurz vor einem folgenschweren Unfall aus ihrer Firma rausgeflogen ist. Nach einem dubiosen Crash mit ihrem Auto kämpft sie ein Jahr darum, wieder gehen zu können – daher rührt diese Fixierung auf den Schmerz. Ihr ehemaliger Chef allerdings, das finden die Bremer Kommissare Nils Stedefreund (in einer Szene sagenhaft nackt: Oliver Mommsen) und Inga Lürsen (in jeder Szene sagenhaft ermattet: Sabine Postel) heraus, ist unmittelbar zur selben Zeit, in der Voss verunglückte, ums Leben gebracht worden.
Bremer „Tatort“ will „zurück ins Licht“
Auf der Suche nach dem Mörder entspinnt sich eine krude Story um wiederhergerichtete Beine, gefälschte Lebensläufe, kriminellen Medikamentenhandel und Mord. Maria Voss mag ein seltsames, aber auch plattes Spiel aufführen, ihre Femme-fatale-Haftigkeit erscheint aber tatsächlich tragisch. Und ihr Panzer aus mühsam aufrechterhaltener Sexyness und perfektionierter Pseudohärte ist, gepaart mit Verführungstechniken, ein Antörner für das starke Geschlecht.
Stedefreund wird in erotische Risikospiele verstrickt
Womit wir beim bedauernswerten Stedefreund sind, dem die Drehbuchautoren Christian Jeltsch/Olaf Kraemer diesmal viel Aufmerksamkeit schenken und ihn in erotische Risikospiele verstricken. Bleibt die Frage: Was war zuerst da – die Idee, einen der Ermittler mit seinen privaten Umständen in den Mittelpunkt zu rücken? Oder die Einsicht, dass der Kriminalfall so schmalbrüstig ist, dass ein Gegengewicht her muss? Dieser „Tatort“ (Regie: Florian Baxmeyer) ist der schwächste aus Bremen nach langer Zeit.
Fazit: In einer insgesamt dünnen Geschichte ragt einer wenigstens schauspielerisch heraus: Nicki von Tempelhoff als Ehemann der Katastrophenfrau. Ein Softie, der dem Alphaweib hinterherdackelt. Und Stedefreund? Wie es ihm mit starken Frauen ergeht, erfährt man ganz am Ende. Lohnt sich deswegen das Durchhalten? Nur bedingt.
Sendetermin: Sonntag, 22. Oktober, 20.15 Uhr, ARD