Berlin. „Babylon Berlin“ sprengt alle bisherigen Dimensionen. Ihre Regisseure erzählen, wie sie selbst die 40 Millionen Euro teure Serie sehen.

„Babylon Berlin“ ist eine Produktion der Superlative – und das nicht nur wegen ihrer opulenten Bilder: Von der Entwicklung der ersten Bücher bis zum Sendebeginn diesen Freitag vergingen viereinhalb Jahre. An der Produktion, die in 190 Tagen abgedreht wurde, wirkten 5000 Komparsen und 300 Schauspieler mit. Im Filmstudio Babelsberg wurde für „Babylon Berlin“ auf etwa 8000 Quadratmetern ein Block mit vier Straßenzügen errichtet. Mit Produktionskosten von knapp 40 Millionen Euro ist die Serie die wohl teuerste der deutschen TV-Geschichte.

Und mit Tom Tykwer, Achim von Borries und Henk Handloegten hat „Babylon Berlin“ gleich drei Regisseure. 2004 haben Handloegten und von Borries das Jugenddrama „Was nützt die Liebe in Gedanken“ gedreht, das ebenfalls in den 20er-Jahren spielt und von Tykwers Firma X Filme produziert wurde.

Die literarische Vorlage ist stark verändert worden

Die Epoche ließ die drei nicht los. „Wir haben weiter nach Stoffen aus der Zeit der Weimarer Republik gesucht“, sagt Handloegten. Als sie dann hörten, dass die Filmrechte an Volker Kutschers Krimis um den Kommissar Gereon Rath frei waren, die in der Weimarer Republik und den ersten Jahren der Nazi-Zeit spielen, griffen sie zu.

Das Trio hat die Vorlage an vielen Stellen verändert. So ist die zweite Hauptfigur, die von Liv Lisa Fries gespielte Lotte, in die Rath sich verliebt, anders als bei Kutscher, kein Mädchen aus dem Bürgertum. Sie kommt aus dem Proletariat und haust auf engstem Raum mit ihrer Familie in einer Mietskaserne. „Das Berlin der 20er-Jahre ohne Proletarier, ohne Kommunismus, ohne Hinterhöfe – das ist undenkbar“, sagt von Borries. Denn auch wenn „Babylon Berlin“ als Krimi daherkommt, ist die Serie ein Sittengemälde einer hoch interessanten Epoche.

Tykwer sieht „Parallelen zu heute“

Ein Historienschinken ist sie aber nicht. „Wir wollten etwas über die damalige Zeit erzählen, weil sie uns etwas über heute erzählt“, sagt Handloegten. In den wilden Feiern im „Moka Efti“, eine Lokalität, die es im Berlin der 20er-Jahre tatsächlich gab, sieht Tykwer „Parallelen zu heute“, zu exzessiven Nächte in Berliner Clubs der Gegenwart.

Diese Momente unbekümmerter Lebensfreude haben für den Betrachter etwas Melancholisches. „Wir als Zuschauer kennen ja die Geschichte“, sagt Tykwer. „Wir wissen, dass die Leute, die sich da ihren Freiraum erobern, ihn wieder verlieren werden.“ Seine Protagonisten wissen das nicht. Nur einmal fällt in den ersten beiden Staffeln der Name Hitler. Die NSDAP ist 1929 eine unbedeutende Partei.

Tatsächlich – eine Heimatserie

„Wir wollten einen Film über Berlin machen, auch über das Berlin, das wir kennen und nicht nur etwas abbilden, das vielleicht mal existiert hat“, sagt von Borries. Ist „Babylon Berlin“ eine Heimatserie? Tykwer versteht die zwischen 1981 und 2012 entstandene Endlosreihe „Heimat“ von Edgar Reitz als Vorbild.

„Reitz hat bei ,Heimat‘ ein Brennglas auf eine Region gelegt und sehr genau und ausführlich versucht, eine Epoche zu spiegeln“, sagt er. „Er hat versucht, über eine kleine Gruppe von Leuten ein Gefühl zu erzeugen, in dem sich fast jeder wiederfinden konnte. Unser Anspruch war es, das als Großstadt-Versuch zu variieren.“