Berlin. ZDF-Talker Markus Lanz fühlte dem AfD-Politiker Gauland auf den Zahn. Lanz ging die Sache richtig an – zuckte dann aber doch zurück.

  • ZDF-Talker Markus Lanz fühlte dem AfD-Politiker Gauland auf den Zahn
  • Lanz ging die Sache richtig an – zuckte dann aber doch zurück

Markus Lanz gilt nicht eben als knallharter Nachfrager. In seiner spätabendlichen ZDF-Talkrunde geht es meist gefühlig zu, die Gäste haben nicht viel zu befürchten. In schlechter Erinnerung ist Lanz’ Plauderei im Februar 2012 mit dem damaligen FDP-Chef Philipp Rösler, als der Moderator „den Philipp“ völlig unkritisch seine Version von der Kür des künftigen Bundespräsidenten erzählen ließ. Die FAZ schrieb damals: „Das ist das Ende des Journalismus.“

Nun, am Tag der Deutschen Einheit, sitzt der

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-Frontmann Alexander Gauland bei Lanz im Studio. Der Gastgeber will es diesmal offenbar besser machen und Gauland stellen, ihn entzaubern, „ohne Schaum vor dem Mund, ganz entspannt“, wie Lanz zu Protokoll gibt. Und genau da liegt das Problem. Denn nur mit Entspanntheit kommt man bei Gauland nicht weit.

Lanz: „Ich hab’ einen italienischen Pass“

Lanz zitiert gleich zu Anfang die AfD-Parole „Wir holen uns unser Volk und unser Land zurück“ und fragt in Anspielung auf seine Heimat Südtirol: „Gehöre ich dann auch dazu? Ich hab’ einen italienischen Pass.“

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    „Ich wüsste nicht, warum nicht“, antwortet Gauland . Die EU sei ja nicht das Problem. „Wir haben Arbeitsfreiheit , wir haben Niederlassungsfreiheit.“ Auch die hier lebenden Menschen der zweiten und dritten Generation der einstigen „Gastarbeiter“ mit deutschen Pass seien willkommen, so Gauland.

    Lanz verpasst eine Chance

    An dieser Stelle wünscht man sich die Nachfrage, warum Gauland dann die türkeistämmige, in Hamburg geborene SPD-Politikerin und Ministerin Aydan Özoguz „in Anatolien entsorgen“ will, wie er es in einer Wahlkampfrede formulierte. Doch Lanz verpasst die Chance.

    Weiter: Gauland redet über die „kulturelle Entfremdung“, die viele Deutsche seiner Meinung nach verspüren, und von einer „Religion, die sich nicht mit unserem Grundgesetz verträgt“. An dieser Stelle könnte man fragen, wie es sich dann mit den Tausenden Christen unter den Flüchtlingen in Deutschland verhält. Beurteilt die AfD deren Lage womöglich anders? Doch auch diese Frage kommt nicht.

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      Gauland: AfD hat den Hass nicht hervorgerufen

      Lanz geht zu einem anderen Aspekt über und fragt Gauland: „Beschleicht Sie ein schlechtes Gefühl, wenn die Kanzlerin auf die unflätigste Art und Weise in übelster Gossensprache beschimpft und beackert wird. Fühlen Sie sich verantwortlich dafür?“

      „Nein“, winkt Gauland ab, „weil wir diesen Hass doch gar nicht hervorgerufen haben.“ An dieser Stelle wäre es ein leichtes, Gauland zu widerlegen – haben AfD-Politiker im Wahlkampf doch immer wieder massiv Front gemacht gegen die Person Angela Merkel. Doch Lanz fällt nicht mehr ein als die Erklärung, manches was von der AfD komme sei „ehrlich gesagt schwer zu ertragen“. Hat Lanz Beißhemmung?

      „Ein Hassprogramm abgezogen“

      Dass Gauland an diesem Punkt doch noch in Bedrängnis gerät, ist nicht dem Gastgeber, sondern dem „Welt“-Journalisten Robin Alexander zu verdanken, der ebenfalls in der Lanz-Runde sitzt. Die AfD habe während des Wahlkampfs in den sozialen Medien „ein Hassprogramm abgezogen, das hat die Republik noch nicht gesehen“.

      Der Journalist verweist auf einen Facebook-Post der AfD aus dem Wahlkampf: eine Grafik, die – teils blutige – Reifenspuren zeigt, darauf Hinweise auf Terroranschläge in Europa. Die Überschrift: „Die Spur der Welt-Kanzlerin durch Europa.“ Ist das etwa kein „Spiel mit der Angst“?

      Gauland: Bei uns ist alles dilettantisch“

      Nun gerät Gauland ins Schwimmen. „Das wussten wir nicht. Das haben wir nicht gesehen.“ Man habe sich von den Verantwortlichen Kampagnen-Machern auch getrennt. Dann wird Gauland kleinlaut: „Wir sind keine Berufspolitiker in dem Sinne“, bei der AfD sei „alles sozusagen noch sehr einfach und dilettantisch. Von Internetwahlkampf versteh’ ich überhaupt nichts.“ Was wohl Kokettieren sein soll, wirkt plötzlich selbstentlarvend.

      Gegen Ende des Gespräch analysiert Gastgeber Lanz dann noch: „In dieser konservativen Ecke, da ist doch Platz für Sie.“ Warum müsse sie AfD dauernd auf das Gestrige und das „Völkische“ abzielen. Gauland dazu: „Wir sind nicht völkisch.“ Um das zu widerlegen, bräuchte man nun lediglich ein paar Sätze von Björn Höcke und anderen AfD-Leuten einzuspielen. Doch was sagt Lanz? „Das wollen wir nicht an so einem schönen Tag.“

      Sehen Sie hier die komplette Lanz-Sendung in der ZDF-Mediathek.