Berlin. Nach dem Wahldebakel bekräftigt SPD-Vize Manuela Schwesig bei Anne Will das Ende der Großen Koalition. FDP und Grüne reagieren gereizt.

Zahlen lügen nicht.

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, die so deutlich sind, dass sie kaum Raum für Interpretationen übrig lassen. Und weniger als 21 Prozent sind ein Debakel – die Sozialdemokraten kassierten am Sonntag das schlechteste Wahlergebnis der Nachkriegsgeschichte.

Es verwundert also nicht, dass Partei-Vize Manuela Schwesig am Abend bei Anne Will die Rolle der

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sah. „Wir gehen mit knapp 20 Prozent aus der Wahl. Das ist nicht das Signal, so weiter zu machen“, sagte sie. Das deckte sich mit dem, was führende Sozialdemokraten als neue Sprachregelung ausgegeben haben: Die SPD will nicht mehr regieren. Damit sind nun Grüne und FDP am Zug, gemeinsam mit der Union eine Regierung zu bilden. Oder es zumindest zu probieren.

Grüne und FDP kritisieren SPD-Absage

SPD-Vize Manuela Schwesig.
SPD-Vize Manuela Schwesig. © imago/Jürgen Heinrich | Jürgen Heinrich

„Eine so stolze Partei wie die SPD darf sich nicht in die Schmollecke stellen“, ärgerte sich Grünen-Chef Cem Özdemir. Auch FDP-Vize Wolfgang Kubicki appellierte an die SPD, sich nicht grundsätzlich zu verweigern. Die Botschaft ist klar: Sowohl Liberale als auch Grüne wollen den Preis für eine Koalition hochtreiben. Auf keinen Fall soll bei den Wählern der Eindruck entstehen, dass die sogenannte Jamaika-Koalition, also ein Bündnis aus Union, FDP und Grünen, ein Selbstläufer sei.

„Sie haben doch im Wahlkampf gesagt, dass Sie alles besser können. Jetzt haben Sie die Gelegenheit dazu“, giftete Schwesig in Richtung Kubicki. „Man hat fast den Eindruck, als ginge Ihnen jetzt der Hintern auf Grundeis“.

Keine Koalitionsaussagen, aber auch keine weiteren roten Linien

FDP-Vize Wolfgang Kubicki.
FDP-Vize Wolfgang Kubicki. © imago/Jürgen Heinrich | Jürgen Heinrich

Die SPD, so Schwesig, gehe auch aus staatspolitischer Verantwortung in die Opposition. So verhindere die Partei, dass die AfD als drittstärkste Fraktion die Rolle der Oppositionsführerin übernimmt.

Auch wenn Anne Will es immer wieder probierte: Für klare Koalitionsaussagen oder zumindest eine Tendenz war es noch zu früh. Zumindest aber wurden in Wills Runde keine weiteren roten Linien gezogen. Kleine Scharmützel blieben trotzdem nicht aus: „Sie sollten erst mit der FDP sprechen und dann mit der Union“, riet Wolfgang Kubicki dem Grünen-Chef. Der konterte: „Und ich rate Ihnen, dass man solche Gespräche nicht im Fernsehen führt“.

Hält Merkel weitere vier Jahre durch?

„Stern“-Journalist Hans-Ulrich Jörges.
„Stern“-Journalist Hans-Ulrich Jörges. © imago/Jürgen Heinrich | Jürgen Heinrich

Und die Union? Auch sie musste herbe Verluste hinnehmen. CDU und CSU holten ebenfalls das schlechteste Ergebnis der Nachkriegszeit. „Ich glaube nicht, dass Angela Merkel vier Jahre durchregiert“, sagte „Stern“-Journalist Hans-Ulrich Jörges. Seine Prognose: Erst werde Merkel den Parteivorsitz an die saarländische Ministerpräsidentin Kramp-Karrenbauer abgeben und sich dann aus dem Kanzleramt zurückziehen.

Das zumindest würde Alexander Gauland freuen. Seine Partei, die AfD, hat die Bundeskanzlerin im Wahlkampf als Feindbild auserkoren. Bei Anne Will wurde deutlich, wie die Rechtspopulisten im neuen Bundestag agieren könnten.

Der Stil der AfD: Hauptsache provozieren

Gauland spielte zwar nicht die Rolle des Lautsprechers, im Ton blieb er ruhig, aber in der Sache hatte er vor allem ein Ziel: provozieren. Die etablierten Parteien nannte er verächtlich „Altparteien“, der 76-Jährige warnte vor einer „Masseninvasion“, sprach von angeblichen Rechtsbrüchen der Bundesregierung und malte das Schreckgespenst eines europäischen „Superstaats“ an die Wand.

Dass seine Partei nicht mal ein Rentenkonzept habe, merkte Moderatorin Will spitz an. „Liebe Frau Will, das ist im Moment nicht unsere Aufgabe“, sagte Gauland unter dem Gelächter des Publikums. „Und das Lachen könnt Ihr lassen“.

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Von der Moderatorin Anne Will wurde Gauland während der Sendung ein weiteres Mal bloßgestellt. Gauland kritisierte: „Ich find’s lustig, dass die ganze Zeit über uns geredet wird, eh überhaupt mit uns geredet wird.“ Anne Will konterte, dass es zu diesem Zeitpunkt der Sendung um eine mögliche Regierungsbildung gehe und die AfD dabei wohl nicht mitmachen werde.

FDP gibt sich selbstbewusst

So unappetitlich viele Positionen der AfD auch sein mögen, zumindest eines zeichnete sich am Sonntag im TV-Studio ab: Die Debatte unter den Parteien wird schärfer, der Hang zur Profilierung nimmt zu. Dazu trägt auch die FDP bei, die nach vier Jahren die Rückkehr in den Bundestag mit über zehn Prozent schaffte. „Wir werden mit der AfD fertig“, sagte der Liberale Kubicki selbstbewusst.

In Bildern: Sieger und Verlierer der Bundestagswahl

Die Alternative für Deutschland (AfD) ist eine der Gewinnerinnen der Bundestagswahl. Spitzenkandidat Alexander Gauland ist dementsprechend gut gelaunt.
Die Alternative für Deutschland (AfD) ist eine der Gewinnerinnen der Bundestagswahl. Spitzenkandidat Alexander Gauland ist dementsprechend gut gelaunt. © REUTERS | WOLFGANG RATTAY
Auch Beatrix von Storch, stellvertende Parteisprecherin der AfD, strahlt. Die Partei zieht erstmals in den Bundestag ein - und dann gleich als drittstärkste Kraft.
Auch Beatrix von Storch, stellvertende Parteisprecherin der AfD, strahlt. Die Partei zieht erstmals in den Bundestag ein - und dann gleich als drittstärkste Kraft. © dpa | Bernd Von Jutrczenka
Ausgelassene Stimmung auf der Wahlparty der AfD.
Ausgelassene Stimmung auf der Wahlparty der AfD. © dpa | Bernd Von Jutrczenka
Auf der Wahlparty der SPD sorgt die erste Prognose dagegen für lange Gesichter. Die Partei stürzt auf ein Rekordtief.
Auf der Wahlparty der SPD sorgt die erste Prognose dagegen für lange Gesichter. Die Partei stürzt auf ein Rekordtief. © dpa | Christian Charisius
Auch diese Gäste der Wahlparty der SPD reagieren enttäuscht und müssen erst einmal durchatmen.
Auch diese Gäste der Wahlparty der SPD reagieren enttäuscht und müssen erst einmal durchatmen. © dpa | Wolfgang Kumm
„Keine GROKO mehr“: Nicht nur dieser SPD-Anhänger sondern auch das Spitzenpersonal der Partei erklärt die Große Koalition aus Union und SPD für beendet.
„Keine GROKO mehr“: Nicht nur dieser SPD-Anhänger sondern auch das Spitzenpersonal der Partei erklärt die Große Koalition aus Union und SPD für beendet. © dpa | Christian Charisius
SPD-Spitzenkandidat Martin sprach vor den Anhängern von einem bitteren Tag für die Sozialdemokratie.
SPD-Spitzenkandidat Martin sprach vor den Anhängern von einem bitteren Tag für die Sozialdemokratie. © REUTERS | MICHAEL DALDER
Anhänger der Union jubeln. Aber ganz zufrieden können die Christdemokraten nicht sein. Sie werden zwar die größte Fraktion stellen, haben aber dramatisch an Wählerstimmen verloren.
Anhänger der Union jubeln. Aber ganz zufrieden können die Christdemokraten nicht sein. Sie werden zwar die größte Fraktion stellen, haben aber dramatisch an Wählerstimmen verloren. © REUTERS | KAI PFAFFENBACH
Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte in ihrer ersten Reaktion: „Wir haben einen Auftrag, eine Regierung zu bilden. Und gegen uns kann keine Regierung gebildet werden.“
Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte in ihrer ersten Reaktion: „Wir haben einen Auftrag, eine Regierung zu bilden. Und gegen uns kann keine Regierung gebildet werden.“ © REUTERS | KAI PFAFFENBACH
Der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer erlebte ein Desater. Die Partei fuhr das vorraussichtlich schlechteste Bundestagswahlergebnis seit 1949 ein.
Der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer erlebte ein Desater. Die Partei fuhr das vorraussichtlich schlechteste Bundestagswahlergebnis seit 1949 ein. © REUTERS | Michaela Rehle
Katja Kipping, Bundesvorsitzende der Partei Die Linke, freut sich mit Parteianhängern.
Katja Kipping, Bundesvorsitzende der Partei Die Linke, freut sich mit Parteianhängern. © dpa | Britta Pedersen
Auch die Gäste der Wahlparty von Bündnis 90/Die Grünen sind mit dem Abschneiden ihrer Partei zufrieden.
Auch die Gäste der Wahlparty von Bündnis 90/Die Grünen sind mit dem Abschneiden ihrer Partei zufrieden. © dpa | Soeren Stache
Die Spitzenkandidaten der Partei, Cem Özdemir und Katrin Göring-Eckardt, sind sichtlich erleichtert.
Die Spitzenkandidaten der Partei, Cem Özdemir und Katrin Göring-Eckardt, sind sichtlich erleichtert. © dpa | Ralf Hirschberger
Die Anhänger der FDP freuen sich darüber, dass der Partei nach vier Jahren die Rückkehr in den Bundestag gelingt.
Die Anhänger der FDP freuen sich darüber, dass der Partei nach vier Jahren die Rückkehr in den Bundestag gelingt. © REUTERS | RALPH ORLOWSKI
Christian Lindner, Bundesvorsitzender und Spitzenkandidat der FDP, wird im Hans-Dietrich-Genscher-Haus in Berlin frenetisch bejubelt.
Christian Lindner, Bundesvorsitzender und Spitzenkandidat der FDP, wird im Hans-Dietrich-Genscher-Haus in Berlin frenetisch bejubelt. © dpa | Federico Gambarini
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„Stern“-Autor Jörges stellte zu Recht fest, dass nun alle politischen Strömungen wieder im Bundestag vertreten seien. Die nächsten vier Jahre versprechen Spannung.

Und hier geht’s zur Sendung in der ARD-Mediathek.