Berlin. Bei „Hart aber fair“ zeigte sich, dass die AfD Deutschland schon jetzt verändert hat. Da brauchte es gar keinen Eklat von Alice Weidel.

Für einen Moment war Alice Weidel die Hoffnung von all jenen in der AfD, die noch einen moderaten Kurs verfolgen. Doch statt mit gemäßigten, eloquenten Tönen aufzufallen, verfiel Weidel zuletzt dem völkischen Parteiflügel. Etwa, als sie Alexander Gaulands unsägliche Ausführungen über Aydan Özoguz mittrug – und als ihre E-Mail-Äußerungen bekannt wurden.

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und der Absage einer Illner-Einladung war Weidel am Montagabend erstmals wieder in einer Talkshow zu sehen: Bei „Hart aber fair“ ging es, na klar, um das Thema Flüchtlinge.

Weidel mal moderat, mal komödiantisch

Die große Kontroverse vermied Weidel dieses Mal allerdings. Stattdessen präsentierte sie sich erstaunlicherweise ursprünglich – also relativ moderat. „Wir haben die Aufgabe, Schutzbedürftige auszubilden“, sagte Weidel an einer Stelle. Und als der Bild-Journalist Nikolaus Blome feststellte, dass man sich nun mal nicht aussuchen könne, an welcher Stelle des Planeten man lebe, sagte Weidel: „Also das finde ich jetzt heftig.“

Abseits davon bediente Weidel den üblichen AfD-Jargon: Die Bundesregierung habe die Kontrolle verloren, die Sicherheitslage sei in der Folge der Flüchtlingskrise kritisch. Bei all dieser Dramatik hatte es dann fast schon komödiantische Züge, als Weidel kurze Zeit später mit Engelsgesicht bekannte: „Ich fürchte mich persönlich auch vor der Spaltung der Gesellschaft.“

Entlarvung beim Thema Familiennachzug

Bild-Journalist Nikolaus Blome
Bild-Journalist Nikolaus Blome © imago/Future Image | imago stock&people

Eindeutig entlarvt wurde Weidel beim Thema Familiennachzug. Ihre Behauptung, wonach dadurch bis 2018 zwei Millionen weitere Menschen nach Deutschland kommen würden, war schnell widerlegt: Im Durchschnitt zog in den vergangenen 20 Jahren auf einen Schutzbedürftigen eine weitere Person nach. Weidel dagegen rechnet großzügig mit drei bis vier Personen.

Und auch sonst gelang es Gastgeber Frank Plasberg, Weidel bei dem Thema festzunageln. Ob denn ein einsamer junger Mann nicht viel schwieriger zu integrieren sei, als einer, der seine Familie und damit feste Strukturen nachholen könne?, wollte Plasberg wissen. Die Antwort blieb Weidel natürlich schuldig.

Zeigt sich der Rassismus stärker?

Interessant waren auch die Äußerungen von Omid Saleh. „Rassismus gibt’s überall, das bekommt man nicht weg“, sagte der Sohn iranischer Einwanderer. Allerdings habe die Diskriminierung in den vergangenen Jahren zugenommen, berichtete er aus seinem Alltag.

Verantwortlich machte Saleh dafür in erster Linie die Rhetorik der AfD. Allerdings habe auch die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung dazu beigetragen. „Das war teilweise schon chaotisch.“

Der Ausrutscher des Abends

Der Ausrutscher des Abends kam vom Gastgeber selbst – und begann mit einer Schilderung Salehs. „Bist du ein Terrorist oder ein Mörder?“, sei er einmal an einer Bushaltestelle in München von einem Mann gefragt worden, berichtete Saleh.

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    Ziemlich idiotisch, oder? Fand auch Plasberg, der die Äußerung aber zugleich auch „nachvollziehbar“ nannte: „Gestern Abend war vielleicht ein Terroranschlag in London, da können die Menschen nicht mehr unterscheiden. Ist das vielleicht Ihr Pech?“, fragte der Moderator. Eigentlich unfassbar.

    Das Fazit

    So schockierend Plasbergs Äußerungen waren, machten sie doch in aller Kürze deutlich, wie weit nach rechts die Diskussion beim Thema Migration mittlerweile gerückt ist. Dazu passte, dass es in der Sendung wie auch in der grundsätzlichen Debatte im Grunde nur um zwei Fragen ging: Wie kommen weniger Flüchtlinge? Und wie wird man sie schnell wieder los? Da machte neben einem sehr engagierten Joachim Herrmann (CSU) in Teilen sogar Cem Özdemir von den Grünen mit.

    Fernab von jeder Wertung kann man deswegen schon jetzt festhalten, dass die AfD Deutschland verändert hat. Das zeigte sich exemplarisch an dieser Ausgabe von „Hart aber fair“: Alice Weidel konnte sich entspannt zurücklehnen.

    Zur Ausgabe von „Hart aber fair“ in der ARD-Mediathek