Berlin. Bei Maybrit Illner redete ein VW-Vorstand während die IAA läuft den Diesel-Skandal klein. Den Schaden haben am Ende die Verbraucher.

In neun Tagen gehen die Deutschen zur Wahl. Und so wie es aussieht, dreht sich die einzige spannende Frage darum, wer diesmal mit Angela Merkel regiert. Nochmal die SPD oder vielleicht doch FDP und Grüne?

So oder so: Das Rennen ums Kanzleramt scheint entschieden. Das hat sich wohl auch die Redaktion von Maybrit Illner gedacht, die am Donnerstagabend den Blick deshalb auf ein Thema warf, das längst nicht entschieden ist: Der Diesel-Betrug.

Kein Geld für VW-Kunden

„Auto-Skandal – und keiner ist schuld?“, fragte die Moderatorin. Dieser Eindruck drängt sich zumindest auf.

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ist zwar „stocksauer“, was aber noch lange nicht bedeutet, dass die deutschen Verbraucher mit Entschädigungszahlungen wie in den USA rechnen können.

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    Warum das so ist, durfte VW-Vorstandsmitglied Herbert Diess erklären. In den Staaten gelten andere Grenzwerte und eine andere Rechtslage, sagte er. Und: „Mit einem Software-Update können wir die Autos wieder flott machen“.

    Macht der Blick auf Arbeitsplätze erpressbar?

    Das ist gut – zumindest für Volkswagen. Denn bei Nachrüstungskosten von 1500 Euro pro Auto käme bei 8,5 Millionen Dieselfahrzeugen in Europa ein zweistelliger Milliardenbetrag auf den Konzern zu. Auch wenn CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer und Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) empört Wiedergutmachung von VW verlangten, will doch niemand in der Politik Wettbewerbsnachteile für die Autoindustrie. Es geht schließlich um 870.000 Arbeitsplätze, die direkt und indirekt daran hängen.

    Macht das erpressbar? Zumindest entsteht eine Nähe zwischen Politik und Konzernen, die die Umweltministerin in Illners Runde auch offen zugab. CSU-General Scheuer nannte es sogar, „unsere verdammte Aufgabe“, dass die Industrie wieder nach vorne komme.

    Automobilindustrie spendet Millionen an Parteien

    Und die Autobauer bedanken sich brav: 17 Millionen Euro spendeten sie in den letzten Jahren an die Parteien, 80 Prozent flossen davon an Union und FDP. Geld ist also da – nur nicht für die Kunden? „Sie bleiben auf ihren Diesel-Fahrzeugen sitzen“, ärgerte sich Verbraucherschützer Klaus Müller. Auf dem Gebrauchtwagenmarkt sei es nicht mehr möglich, einen guten Preis für den Diesel zu erzielen. Seine Forderung: Wenn ein Auto nicht nachgerüstet werden kann, muss es ausgetauscht werden – auf Kosten der Industrie.

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      Der Wissenschaftsjournalist Ranga Yogeshwar ging sogar noch einen Schritt weiter. Seiner Meinung nach habe die gesamte deutsche Wirtschaft Schaden erlitten. „Wird der Skandal nicht aufgearbeitet, könnte „Made in Germany in Zukunft für Pfusch stehen“, sagte er.

      Experte fordert mechanische Umrüstung

      VW-Vorstand Diess beeindruckte das nicht, er blieb bei seiner Linie, das Problem kleinzureden. Die Kunden seien mit den bisher zwei Millionen geupdateten Fahrzeugen „hochzufrieden“. Das Bild passt zu dem, das sich aktuell bei

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      (IAA) bietet: neben einigen Elektrofahrzeugen, sind es wieder die protzigen Sportwagen und SUVs, die die Hersteller in den Mittelpunkt rücken. Also alles halb so wild.

      Gut, dass Maybrit Illner noch Marcus Hausser vorstellte, dessen Firma Abgas-Reinigungssysteme für Dieselfahrzeuge herstellt. Er sagte: „Software-Updates reichen nicht aus, um Fahrverbote zu vermeiden“. Um die Belastung mit Stickoxiden in den Griff zu bekommen, sei eine technische Nachrüstung notwendig. Die sei mit 1500 Euro noch relativ teuer, allerdings sinke der Preis, je höher die Stückzahlen seien.

      Gerichte könnten bald entscheiden

      Dass die Industrie weiter auf Software-Updates poche, erklärt Hausser mit mangelndem Aufklärungswillen des Skandals und einer Politik, von der kein Druck ausgehe. Diesen Eindruck hinterließen auch CSU-General Scheuer und Umweltministerin Hendricks in den 60 Minuten. Der Zeigefinger in Richtung der Konzerne ist zwar erhoben, mehr aber auch nicht.

      Und so könnte es sein, dass bald Gerichte darüber entscheiden, welche Autos in Deutschlands Innenstädte fahren dürfen und welche nicht. Ein Szenario, das sich niemand in Illners Runde wünschte. Denn wieder wären die Diesel-Käufer die Leidtragenden. Und die dann wirklich einen Grund hätten, „stocksauer“ zu sein.