Berlin. Was tun Polittalks, wenn der Bundestagswahlkampf lahmt? Bei „Hart aber fair“ ging Frank Plasberg das Problem am Montag kreativ an.

Wahlkampf ist auch nicht mehr das, was er mal war. Früher ging es im Rennen um die Kanzlerschaft hoch her, heute ist die Sache zumindest Umfragen zufolge schon Wochen vorher sicher. Das trifft nicht nur Freunde des politischen Wettstreits, sondern auch die

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, die das bisher müde Treiben irgendwie bis zum 24. September abbilden müssen.

Vor diesem Hintergrund wählte Frank Plasberg am Montagabend für sein Comeback aus der Sommerpause einen schrägen Ansatz. Um das Thema soziale Gerechtigkeit irgendwie aufzupeppen, verknüpfte die Redaktion von „Hart aber fair“ es kurzerhand mit dem Thema Adel. „Faszination Adel – wie wichtig sind Geld und Herkunft für den Erfolg?“, fragte die Redaktion gleich im Anschluss an

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Was wurde diskutiert?

So ziemlich alles, was sich in diese große Hülle pressen ließ. Die TV-Moderatorin Mareile Höppner etwa ließ noch einmal Revue passieren, wie prägend Diana für das britische Königshaus war („sehr prägend“). Der Soziologe Georg Hartmann berichtete über die Undurchlässigkeit der deutschen Gesellschaft („immer undurchlässiger“). Und der CDU-Abgeordnete Christian Freiherr von Stetten von der Bürde, ein großes Schloss in Schuss halten zu müssen („sehr herausfordernd“).

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    Zwischendurch lernte der geneigte Zuschauer, was „Adel auf dem Radel“ ist: Eine Radtour zwischen Schlössern, die für junge Blaublüter mit dem Ziel der Eheschließungen innerhalb der adligen Häuser organisiert wird. Und Katarina Barley (SPD) durfte in ihrer Funktion als Familienministerin referieren, warum sozialdemokratische Politik eine Antwort auf die noch immer unzureichende Chancengleichheit in Deutschland sein könnte.

    Welcher Gast stach heraus?

    Die steilsten Thesen und Erzählungen hatte aber Eduard Prinz von Anhalt parat. Freimütig berichtete das Oberhaupt des Hauses Anhalt-Askanien von den Problemen seiner Familie mit Adoptivkindern. Weil eine nicht so wohlhabende Vorfahrin Geld benötigte, adoptierte sie demnach kurzerhand einen Sohn. Daraus wurde eine „Lawine der Adoption“, die heute zu so schillernden Familienmitgliedern wie Frédéric Prinz von Anhalt geführt hat.

    Abseits dieser familiären Erläuterungen empfahl der Prinz, sich nicht mit der Gabel am Kopf zu kratzen, da man andernfalls sofort als Bürgerlicher geoutet sei. Und mit Blick auf von Stettens Schlosssorgen befand er: „Ich hab lieber zehn Zwei-Zimmer-Wohnungen als ein Schloss.“

    Noch bemerkenswerter aber waren von Anhalts politische Ansichten. „Ich bin für eine konstitutionelle Monarchie wie in Großbritannien“, sagte der Prinz. Schließlich könne es doch wohl nicht sein, dass die vielen Monarchien in Europa auf eine idiotische Bevölkerung zurückzuführen seien. Auch ein Comeback des adligen Politikers schlechthin, Karl-Theodor zu Guttenberg, befürwortete von Anhalt engagiert. „Man sollte ihm eine Chance geben: Jetzt weiß jeder, dass er kein Doktor ist, ist doch super.“

    Das Fazit

    Möglicherweise kam der ARD-Programmdirektor vor einer Woche in die Planungskonferenz von „Hart aber fair“ und machte eine klare Ansage: Am 21. August zeigen wir eine Diana-Doku zur Primetime, macht mal danach ein entsprechendes Thema. So oder so ähnlich könnte diese Ausgabe von „Hart aber fair“ zustande gekommen sein.

    Auf den ersten Blick wirkte die Verquickung – Adel trifft soziale Frage – jedenfalls absurd. Da half es auch nicht, dass der Gastgeber immer wieder versuchte, den Bogen zwischen beiden Themen zu spannen. „Wenn man an das Thema geschlossene Gesellschaft denkt, denkt man an den Adel“, sagte Plasberg an einer Stelle. Äh, nein?!

    Und trotzdem war gerade das Absurde die große Stärke der Sendung. Eben noch ging darum, dass Kinder von Geringverdienern in 70 Prozent der Fälle selbst Geringverdiener sein werden. Und schon gab ein Prinz zum Besten, warum es toll ist, ein Prinz zu sein.

    Ein solches Wechselbad muss um Gotteswillen nicht immer sein. Ab und an ist es im großen Talkshowzirkus aber herrlich erfrischend.

    Zur Ausgabe von „Hart aber fair“ in der ARD-Mediathek