Berlin. Helene Fischer ist aktuell so oft in der ARD und beim NDR zu sehen, wie kein anderer Star. Vielen Beobachtern ist das aber zuviel.

An diesem Donnerstag werden um spätestens 20.15 Uhr in deutschen Wohnzimmern die Couchtische zur Seite geschoben und Teppiche eingerollt. Wenn Helene Fischer im heimischen TV-Gerät zu Gast ist, will man ja vorbereitet sein – und vielleicht mal einen Disco-Fox hinlegen.

Die ARD zeigt am Donnerstag ein Club-Konzert, bei dem die Künstlerin ihr komplettes neues Album „Helene Fischer“ vorstellt. Dass ein öffentlich-rechtlicher Sender zur Primetime ein Schlager-Konzert zeigt, ist erstmal nichts neues. Ob Florian Silbereisen, Carmen Nebel oder Andrea Berg: Schlager-Events sind zum festen Bestandteil der Unterhaltung geworden. Doch Helene Fischer ist zu einem so präsenten Gast im deutschen Fernsehen geworden, dass vielen Zuschauern die Lust am Pantoffeltanz zu Schlager-Hits vergangen ist.

Im NDR scheint Helene Fischer zuhause

Helene Fischer bei einem Konzert am 24. Mai in München, das die ARD am 8. Juni um 20.15 Uhr ausstrahlt.
Helene Fischer bei einem Konzert am 24. Mai in München, das die ARD am 8. Juni um 20.15 Uhr ausstrahlt. © dpa | Matthias Balk

In den vergangenen Wochen ist bei vielen der Eindruck entstanden, dass vor allem der Norddeutsche Rundfunk zum Haussender von Helene Fischer geworden ist. Die Präsenz, die die „Atemlos“-Sängerin dabei zeigt, hätte sich wohl selbst in ihrer Plattenfirma niemand erträumen lassen. Ein Überblick über die Sendezeiten, die nicht mal den Auftritt beim DFB-Pokalfinale beinhaltet:

• Während der Vorberichterstattung zum Eurovision Song Contest 2017 am 13. Mai präsentiert Fischer im NDR-Fernsehen Auszüge aus ihrem neuen Album. Auch bei der After-Show-Party im Anschluss an den Gesangswettbewerb tritt die Schlagersängerin noch einmal auf.

• Am 19. Mai zeigt das NDR-Fernsehen ein „Helene Fischer Spezial“ der NDR-Talkshow. In der zweistündigen Sendung kommentieren Gäste wie Guido Maria Kretschmer das Wirken von Fischer. Die Sängerin selbst verlässt mehrmals die Talk-Runde, um auf der Bühne Stücke ihres neuen Albums vorzustellen.

• Das Schlagerradio NDR Plus dudelt Fischers Songs auf Rotation. Am Vormittag des 6. Juni spielt der Sender innerhalb von 21 Minuten gleich zwei Stücke von Helene Fischer.

• Am 8. Juni strahlt die ARD den vom NDR verantworteten Konzert-Mitschnitt von Helene Fischer zum neuen Album „Helene Fischer“ aus.

ARD: Helene Fischer polarisiert

Sowohl die einzelnen Sendungen wie auch die Häufigkeit der Auftritte führen zu Kritik von Zuschauern. Vor allem auf Twitter war der Unmut über das NDR-Talkshow-Spezial zu lesen. Als „schamloseste Promotion“ empfand es ein Zuschauer. Ein anderer stellte die Frage, warum es immer Helene Fischer sein müsse, die groß präsentiert wird. „Auch DSDS-„Stars“ wären erfolgreich, wenn man ihnen ein Zwei-Stunden-Special widmen würde“, hieß es.

Zu der Kritik sagt ARD-Unterhaltungskoordinator Thomas Schreiber gegenüber unserer Redaktion: „Sicherlich polarisiert Helene Fischer“. Die Entscheidung zur Ausstrahlung des Konzerts sei allerdings aufgrund der Chart-Platzierung von Fischer und dem Erfolg bisheriger Sendungen mit ihr gefallen. Und die Einschaltquoten des Talkshow-Spezials waren nach Angaben des Branchendienstes dwdl.de tatsächlich recht gut. Rund 1,5 Millionen Zuschauer schalteten die Sendung ein.

Wie andere ARD-Sender mit Helene Fischer umgehen

Doch die Quote hat die Kritik nicht verstummen lassen – dabei wären die kritischen Stimmen vielleicht zu vermeiden gewesen. Statt wie NDR Plus mehrmals täglich der deutschen Schlager-Königin zu huldigen, hat sich der Sender WDR 4 dafür entschieden, gemäßigt Hof halten zu lassen: Der Sender spielte nach Veröffentlichung des Albums Mitte Mai zwar immer wieder Fischer-Songs, doch mindestens im Abstand von vier Stunden und zudem auch als Mix zwischen alten und neuen Songs. Zwar hat WDR 4 seinen Anteil an Schlager-Musik im Programm zurückgefahren, doch bleibt die Zurückhaltung des Senders gegenüber dem neuen Fischer-Album auffällig.

Bei der ARD scheint es jedoch keine Zurückhaltung zu geben. Auf die Frage nach Konzertübertragungen anderer Künstler im Stile der Helene-Fischer-Sendung heißt es von Thomas Schreiber: „Das ist nicht ausgeschlossen.“ Und so bleibt es wie im heimischen Wohnzimmer: Über das TV-Programm entscheidet nicht der lauteste Kritiker, sondern derjenige, der am Drücker ist.