Berlin. Mit ihrer Netflix-Talkshow ist Komikerin Chelsea Handler in den USA ein Star. Das nutzt sie – im Kampf gegen US-Präsident Donald Trump.

Chelsea Handler ist keine süße Frau. Sie flucht, trinkt zu viel und in den sozialen Netzwerken zeigt sie sich auch mal nackt. Der Komikerin ist das alles egal. Sie hat über jeden und alles eine Meinung, die sie laut und derbe ihrem Gegenüber ins Gesicht knallt.

Mit Erfolg: Sie ist eine der wichtigsten Frauen in der amerikanischen Unterhaltungsindustrie. In „Chelsea Lately“, die Show lief bis 2014 auf dem US-Sender E!, sprach sie über den Klatsch des Tages.

Irgendwann hatte sie keine Lust mehr auf Promi-News. Handler wollte eine politischere Show. Und diese Chance bot ihr Netflix. Im Mai 2016 startete der Streamingdienst die Talkshow „Chelsea“. Ein Experiment für Netflix – Talkshows gehören sonst nicht zum Repertoire.

„Chelsea“ wird in 190 Ländern gestreamt, in 20 Sprachen übersetzt. Am 14. April startet nun die zweite Staffel. Die Folgen werden nicht mehr 30 sondern 60 Minuten lang sein. Was die Zuschauer erwartet und welche Rolle US-Präsident Donald Trump dabei spielt, erzählt Chelsea Handler im Interview.

Donald Trump ist US-Präsident – da gibt es doch genug Themen für eine Talkshow.

Chelsea Handler: Ja, die Themen sind endlos. Es ist natürlich ein großer Boom für die Comedy-Industrie. Jeden Tag gibt es 25 neue Geschichten darüber, wie unfähig er ist. Wir müssen uns weiter über ihn lustig machen und ihn verdammt nochmal aus dem Amt bekommen. Ich bin aber vor allem eine Komikerin und alles sollte einen gewissen Touch Satire haben.

Welche Rolle wird ihre Talkshow „Chelsea“ dabei spielen?

Handler: Dieses Mal geht die Show 60 Minuten. Das gibt mir die Möglichkeit, Themen tiefgründiger anzugehen. Bei dem 30-minütigen-Format hatte ich nicht die Zeit, die ich eigentlich brauchte.

Wir werden auch weiterhin Prominente in der Show haben, aber sie wird definitiv politisch bleiben. Ich kann es mir auch nicht anders vorstellen bei der aktuellen Situation. Wir müssen uns über diesen Idioten im Weißen Haus lustig machen.

Das Gute ist, dass Netflix global ist. Wir können Zuschauern in anderen Ländern zeigen, dass nicht jeder in den USA so denkt. Die Mehrheit der Menschen mag ihn (Trump, Anm. d. Red.) nicht. Wir wollen den Zuschauern aber auch erklären, was in Frankreich, England, Norwegen, Schweden oder Finnland passiert und werden aus diesen Ländern berichten.

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Wie gehen Sie persönlich mit der politischen Situation um?

Handler: Es ist niederschmetternd. Wenn ich traurig bin, versuche ich aber daran zu denken, dass Menschen weltweit protestieren. Es ist herzerwärmend zu sehen, wie alle zusammenkommen und sagen: „Wir können das nicht akzeptieren.“

Ja, er (Trump, Anm. D. Red.) hat gewonnen – warum auch immer – aber es nicht akzeptabel, sich als Präsident unseres Landes so zu verhalten. Es hat weltweite Auswirkungen. Er ist kein Anführer für die Welt, er verhält sich schrecklich. Er hatte Zeit, sich zu beweisen und seinen guten Willen zu zeigen, aber das hat er nicht gemacht. Ich werde nicht akzeptieren, dass er unser Präsident ist.

Den Tag nach der US-Wahl haben Sie in ihrer Talkshow geweint. Haben Sie manchmal Angst??

Handler: Ja, definitiv. Ich habe Angst um die Welt. Rassismus wuchert überall. Er kann zwar nie komplett ausgelöscht werden, aber er muss bekämpft werden.

Man darf es nicht akzeptieren, wenn sich Menschen rassistisch verhalten. Es ist gruselig, was Muslime, Juden, Schwarze oder die LGBT-Gemeinde im Moment ausgesetzt sind. Diese Menschen brauchen Stimmen.

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Und Sie können diese Stimme sein.

Handler: Ja, ich und Millionen anderer Leute, die bereit dafür sind.

Sie haben einen Frauenmarsch organisiert, sie kämpfen für Planned Parenthood, die sich u.a. für das Recht auf Abtreibung einsetzen – wie wollen Sie in Zukunft gegen Trump und seine Politik kämpfen?

Handler: Ich gebe einfach nicht auf. Ich gebe nicht auf, bis er und die Republikaner, die ihn weiterhin unterstützen, Verantwortung übernehmen müssen. Glücklicherweise gibt es bereits Republikaner, die sein Verhalten nicht mehr akzeptieren, wie John McCain oder Lindsey Graham. Man darf nicht aufgeben. Demokratie funktioniert! Die Menschen müssen sich nur wieder engagieren. Und das kann jeder.

Können Sie uns Deutschen erklären, warum Trump die Wahl gewonnen hat?

Handler: Ich denke, es gibt tiefe Gräben zwischen den Menschen. Ich wohne in Los Angeles in einer Blase. Ich verdiene sehr viel Geld und wir in Hollywood denken, wir sind auf der richtigen Seite. Wir sind liberal, offen – egal wo du herkommst, ob du homo-, heterosexuell oder Transgender bist.

Es gibt aber auch viele Leute, die drei Jobs haben müssen, um zu überleben. Die der Klimawandel nicht interessiert und denen die Rettung von Eisbären egal ist, denn sie können verdammt nochmal die eigene Familie nicht durchfüttern. Diesen Menschen haben wir nicht genug Aufmerksamkeit gewidmet. Sie brauchen auch eine Stimme – und daran will ich arbeiten. Ich will mit diesen Leuten reden. Sie sollen mir erklären, wie wir ihnen helfen können. Denn er (Trump, Anm. d. Redakt.) ist nicht die Antwort.

Viele Leute, die für Obama gestimmt hatten, aber jetzt ihn (Trump, Anm. d. Redakt.) gewählt haben, wussten nicht, dass dieser Mann sich nicht für sie, sondern nur für sich interessiert. Sie bereuen nun, was sie getan haben. Um diese Menschen geht es mir. Die Gruppe, die aber immer noch Trump unterstützt, ist hoffnungslos verloren.

Im April wird in Frankreich gewählt, im September in Deutschland. Wie enden wir in Europa nicht mit einem zweiten Trump?

Handler: Es fängt damit an, nicht Marine Le Pen zu wählen!

Angela Merkel dagegen verkörpert Klasse, Würde und globale Besonnenheit. Sie tut genau das, was der Rest der Welt machen sollte. Wir gewinnen nichts, wenn wir Grenzen und Mauern bauen. Es gibt einen Grund, warum die Berliner Mauer fiel. Wir sind in vielen Teilen der Welt so weit gekommen, wir müssen weiterhin aufgeschlossen sein, mit Menschen sprechen und ihre Überzeugungen, Werte und Religion tolerieren.