Berlin. Zwei Tote und eine klassische Mördersuche: Der Saar-„Tatort“ war ein solider Krimi. Doch überzeugen konnte der Fall trotzdem nicht.

Der eine wird vom Vater regelmäßig verprügelt, der andere wechselt kein Wort mit seinem Stiefvater. Im sechsten Saar-„Tatort“ ging es um mehr als um die Mördersuche. Im Mittelpunkt standen verkorkste Vater-Sohn-Beziehungen. Oft wirkten die dann doch reichlich klischeehaft.

Das ist passiert:

Ein toter Schüler, ein toter Lehrer: zwei Morde, die aus Rache begangen werden. Ein 17-Jähriger wird von der eifersüchtigen Schulleiterin in die Kühlkammer des Beerdigungsinstituts geschoben, die sich so für die Schändung der Leiche ihres ehemaligen Geliebten rächt.

Der starb aber keines natürlichen Todes, sondern wurde von seiner Ehefrau vergiftet – auch aus Rache. Denn ihr Sohn Karim musste lange unter dem Stiefvater leiden.

Das war gut:

Es gab keine unrealistischen Action-Ballereien wie bei Til Schweiger (mit Ausnahme von Renate Weller, gespielt von Christine Zart, die das Motorrad ihres Sohnes in die Luft jagte). Keine Science-Fiction, in der eine künstliche Intelligenz den Mord begeht (das hatte man ja zuletzt in Bremen und Stuttgart). „Söhne und Väter“ war endlich mal wieder ein klassischer „Tatort“.

Und wie es sich für einen ordentlichen Krimi gehört, wurden die Mörder erst am Ende präsentiert. Das gab dem treuen „Tatort“-Zuschauer knapp 90 Minuten lang Zeit, um Kommissar Stellbrink bei den Ermittlungen zu begleiten, und natürlich – das Beste am Krimi – um die Mörder zu erraten. Allerdings wurde das Wer-ist-der-Mörder-Hin-und-Her übertrieben. Zwischendurch verlor der Zuschauer den Überblick bei all den Verdächtigen.

Das war schlecht:

Mit Devid Striesow als Kommissar Stellbrink wird der Zuschauer einfach nicht warm. Vor vier Jahren startete er mit Motorroller und gelben Gummistiefeln ausgestattet im Saarland. Das wirkte schon damals aufgesetzt und klamaukig. Die Ermittler-Kollegen dagegen waren schon damals langweilig.

Und dieses Image haftet dem Saarland-„Tatort“ weiter an. Die Klamaukigkeit wurde zwar gedimmt, doch vieles wirkt weiterhin albern – wie die Verfolgungsjagd. Ganz unbeholfen ist Stellbrink auf der Jagd nach dem Dieb, der das Rad des toten Lehrers gestohlen hat. Passend dazu läuft im Hintergrund ulkige Telefonwarteschleifenmusik.

Das ist der „Tatort: Söhne und Väter“

Im Saarbrücker Tatort „Söhne und Väter“ endet ein Schülerstreich tödlich. Die Kommissare finden in der Kühlkammer eines Beerdigungsinstituts einen erfrorenen Jungen – und ein Ringelschwänzchen zwischen den Pobacken eines toten Radprofis, der der Lehrer des Jugendlichen war. Ist etwa ein makabrer Schülerstreich schief gegangen?
Im Saarbrücker Tatort „Söhne und Väter“ endet ein Schülerstreich tödlich. Die Kommissare finden in der Kühlkammer eines Beerdigungsinstituts einen erfrorenen Jungen – und ein Ringelschwänzchen zwischen den Pobacken eines toten Radprofis, der der Lehrer des Jugendlichen war. Ist etwa ein makabrer Schülerstreich schief gegangen? © SR/Manuela Meyer | ARD
Kriminalhauptkommissar Jens Stellbrink (Devid Striesow, r.) und Kriminaltechniker Horst Jordan (Hartmut Volle) ermitteln wieder zusammen im „Tatort“. Dabei stoßen sie auf einige problematische Vater-Sohn-Konstellationen.
Kriminalhauptkommissar Jens Stellbrink (Devid Striesow, r.) und Kriminaltechniker Horst Jordan (Hartmut Volle) ermitteln wieder zusammen im „Tatort“. Dabei stoßen sie auf einige problematische Vater-Sohn-Konstellationen. © SR/Manuela Meyer | ARD
Kommissar Stellbrink führt die Ermittlungen in die Schule des Toten. Dabei erfährt er auch mehr über die Beziehung des toten Lehrers und eines Schülers.
Kommissar Stellbrink führt die Ermittlungen in die Schule des Toten. Dabei erfährt er auch mehr über die Beziehung des toten Lehrers und eines Schülers. © SR/Manuela Meyer | ARD
Karim Löscher (Emilio Sakraya) ist nicht nur der Kumpel des toten Schülers, sondern auch der Stiefsohn des toten Lehrers. Seine Mutter Daniela Rebmann (Sanne Schnapp) versucht die Situation zu klären.
Karim Löscher (Emilio Sakraya) ist nicht nur der Kumpel des toten Schülers, sondern auch der Stiefsohn des toten Lehrers. Seine Mutter Daniela Rebmann (Sanne Schnapp) versucht die Situation zu klären. © SR/Manuela Meyer | ARD
Stellbrink vermutet, dass Karim etwas mit dem Einbruch in das Beerdigungsinstitut zu tun hat.
Stellbrink vermutet, dass Karim etwas mit dem Einbruch in das Beerdigungsinstitut zu tun hat. © SR/Manuela Meyer | ARD
Karim macht eine Koch-Ausbildung bei Jean Carlinó (Jophi Ries), der wie ein Ziehvater für den jungen Mann ist.
Karim macht eine Koch-Ausbildung bei Jean Carlinó (Jophi Ries), der wie ein Ziehvater für den jungen Mann ist. © SR/Manuela Meyer | ARD
Auch Pascal Weller (Emil Reinke) scheint in dem Fall eine wichtige Rolle zu spielen. Er stammt aus einer reichen Saarbrücker Familie.
Auch Pascal Weller (Emil Reinke) scheint in dem Fall eine wichtige Rolle zu spielen. Er stammt aus einer reichen Saarbrücker Familie. © SR/Manuela Meyer | ARD
Als seine Mutter Renate (Christine Zart) von den Ermittlungen gegen ihren Sohn erfährt, greift sie zur Waffe.
Als seine Mutter Renate (Christine Zart) von den Ermittlungen gegen ihren Sohn erfährt, greift sie zur Waffe. © SR/Manuela Meyer | ARD
Doch Stellbrink führt es immer wieder zum Sternekoch Carlinó, der sich doch etwas zu sehr um seinen Zögling Karim bemüht.
Doch Stellbrink führt es immer wieder zum Sternekoch Carlinó, der sich doch etwas zu sehr um seinen Zögling Karim bemüht. © SR/Manuela Meyer | ARD
Und auch die Schuldirektorin Petra Neuhoff (Edda Petri) wird im Laufe der Ermittlungen zur Verdächtigen.
Und auch die Schuldirektorin Petra Neuhoff (Edda Petri) wird im Laufe der Ermittlungen zur Verdächtigen. © SR/Manuela Meyer | ARD
1/10

Peinlichste Szene:

Kommissar Stellbrink will sich mit seinem Online-Flirt „Meerkatze“ treffen. Er sei ein „Sexgott mit Custom-Bike“ und trage einen „Esst mehr Obst“-Sticker auf dem Helm. Ihr Erkennungszeichen: Ein „Beer makes me horny“-Shirt (wer trägt so etwas außerhalb des Ballermanns?).

Natürlich handelt es sich bei „Meerkatze“ um Kollegin Lisa Marx (Elisabeth Brück), wie Stellbrink am vereinbarten Treffpunkt feststellt. Schnell entfernt er den Sticker vom Helm, klebt ihn bei einem Fremden aufs Visier, und schon ist die Dame verkuppelt.

Hach, wie komisch, mögen sich die Macher da gedacht haben. Doch diese Szene hätte auch aus einem schlechten Sat.1-FilmFilm mit Tom Beck oder Sophie Schütt stammen können.

Knalligste Szene:

„Wurstkönigin“ Renate ballert mit dem Gewehr auf das Motorrad ihres Sohnes. Eine erzieherische Maßnahme. Zwei Schüsse in den Tank reichen, und das Teil steht in Flammen.

Bester Spruch:

Der Vater (Thomas Schweiberer) reagiert auf das rigorose Vorgehen der Frau ganz entspannt und sagt im saarländischen Dialekt: „Renade, das isch unverhäldnismäschig.“

Bestes Gespräch:

Pascal Weller (Emil Reinke) bekommt Besuch von Kommissar Stellbrink: „Nee Mann, hier ist keine Polizei. Nur so’n Opa aufm Roller“, sagt er am Telefon seinem Kumpel Karim. Der klärt ihn auf: „Das ist der Kommissar, du Spast.“ Pascal: „Haben die kein Geld für Autos, oder was?“

Wer ist denn das?

Es ist der erste „Tatort“-Auftritt von Moritz (Ludwig Simon), der im TV-Krimi den Sohn von Kommissar Stellbrink spielt. Zwei Jahre haben sich die beiden nicht gesehen. Trotzdem – oder gerade deswegen? – scheint Vater Stellbrink ein normales Verhältnis zu seinem Kind zu haben. Und das ausgerechnet beim Thema Frauen.

Im Vergleich zu all den anderen kaputten Vater-Sohn-Beziehungen eine Wohltat. Doch ganz nimmt man den beiden die Harmonie nicht ab – zwei Jahre ohne Kontakt sind eine lange Zeit, in der sich Menschen auch entzweien können.

Zum Angeben am Montagmorgen im Büro:

Moritz Stellbrink, gespielt von Ludwig Simon, ist auch im wahren Leben der Sohn von Devid Striesow. Seine Mutter ist übrigens Maria Simon, die im Brandenburger „Polizeiruf 110“ Kommissarin Olga Lenski spielt. Krimi liegt dem Sohn also im Blut – vielleicht mehr als dem Vater.