Hamburg. Viele Hamburgerinnen fürchten sich nicht vor der Dunkelheit, sondern vor Übergriffen. Diese Angebote sollen mehr Sicherheit geben.

Den Schlüssel in der Faust versteckt, die Kopfhörer ausgeschaltet, die Kapuze übergezogen, laut ins Telefon sprechend – fast jede junge Frau in Hamburg hat schon mal mit einer dieser Vorsichtsmaßnahmen ihren Heimweg angetreten. Aus Angst vor Übergriffen. Und besonders in der dunklen Jahreszeit, in der es manchmal schon mittags anfängt zu dämmern, sinkt bei vielen Hamburgerinnen das Sicherheitsgefühl in der Öffentlichkeit.

Rund die Hälfte aller Frauen verzichtet auf die Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs bei Nacht und meidet bestimmte Straßen, Plätze oder Parks während der Dunkelheit – diese Ergebnisse teilte das Bundeskriminalamt im vergangenen Jahr anlässlich einer repräsentativen Befragung zur Sicherheit und Kriminalität in Deutschland mit.

Hamburg: Angst auf dunklem Heimweg – Apps & Co. können Frauen helfen

Schon im Juni forderte die Eimsbütteler SPD deshalb, nach dem Vorbild von Frankfurt, Hannover und Stuttgart, in Hamburg spezielle Frauentaxis einzuführen. Zustande gekommen ist dieses Projekt bis jetzt nicht. Dennoch gibt es einige Angebote, die Hamburgerinnen unterwegs oder auf dem Nachhauseweg ein Gefühl von mehr Sicherheit vermitteln sollen. Das Abendblatt stellt einige Beispiele vor.

KommGutHeim-App – Freunde oder Familie „begleiten“ Userin:

In der „KommGutHeim-App“ können Menschen ihren Live-Standort mit Familienmitgliedern oder Freunden und Freundinnen teilen, die sie im Vorfeld als sogenannte „Begleiter“ ausgewählt haben. Wird die Heimwegroute in der App gestartet, erhalten die Begleiter automatisch eine Push-Nachricht und werden so über die bisher zurückgelegte Route und den aktuellen Standort des Users auf dem Laufenden gehalten.

Wenn der Nutzer oder die Nutzerin am Zielort angekommen ist, muss das Tracking manuell beendet werden. Die Begleiter erhalten dann eine weitere Push-Nachricht, in der sie über die sichere Ankunft informiert werden. Gut zu wissen: Auch Personen, die die App nicht heruntergeladen haben, können zum Begleiter werden. Der Standort kann auch mithilfe eines Links geteilt und verfolgt werden.

In der Free-Version der App gibt es auch die Möglichkeit, einen E-Mail-Notfallkontakt zu hinterlegen. Nutzer und Nutzerinnen können dann im Ernstfall einen Notfallbutton betätigen, der einen Countdown auslöst. Wird dieser Countdown nicht abgebrochen, erhält der E-Mail-Notfallkontakt eine Meldung inklusive des Standorts der Hilfe suchenden Person. Zudem gibt es noch einige kostenpflichtige Zusatzfunktionen. Dazu gehört beispielsweise die Benachrichtigung eines Notfallkontakts per Anruf oder SMS oder die unbegrenzte Anzahl an möglichen Begleitern.

Violawalkhome – Gratis-Video-Anruf-Service 24 Stunden am Tag:

Das italienische Start-up „Viola“ hat es sich nach eigenen Angaben zur Aufgabe gemacht, „geschlechtsspezifische Gewalt mit effizienten Antworten und Lösungen anzugehen und sichere Räume für Menschen in ganz Europa zu schaffen“. Mit einer besonderen Idee wollen die Gründer und Gründerinnen genau das umsetzen: Auf der Instagramseite „violawalkhome“ bieten sie 24 Stunden am Tag einen kostenlosen Video-Anruf-Service in insgesamt 17 verschiedenen Sprachen an.

Nutzen können diesen Service alle, die sich auf ihrem Nachhauseweg oder unterwegs unsicher fühlen. Und so funktioniert es: Einfach dem Instagram-Account eine Nachricht mit der gewünschten Sprache, Stadt, Uhrzeit und dem Datum schreiben. Das Start-up empfiehlt dabei, die Anfrage schon einige Stunden im Vorhinein zu stellen. Nur so kann garantiert werden, dass die jeweils zugewiesenen Mitarbeitenden die passende Sprache sprechen.

Heimwegtelefon – Ehrenamtliche begleiten über das Telefon nach Hause:

Ähnlich wie „violawalkhome“ funktioniert auch das Heimwegtelefon – nur ohne Videoübertragung. Unter der Rufnummer 030/12074182 sind die Ehrenamtlichen des Vereins sonntags bis donnerstags von 20 bis 24 Uhr und freitags sowie sonnabends von 20 bis 3 Uhr nachts erreichbar. Jeder Mensch, der sich unterwegs unsicher fühlt, kann den Service in Anspruch nehmen und sich so über das Telefon nach Hause begleiten lassen.

Der Vorteil gegenüber der „KommGutHeim-App“ und „violawalkhome“: Die Mitarbeitenden sind auch zu Uhrzeiten zu erreichen, zu denen die eigenen Bezugspersonen bereits schlafen – und sprechen Deutsch. Bis auf die normalen Gebühren für einen Anruf ins deutsche Festnetz ist das Angebot kostenlos.

SafeNow – Reisende am Hauptbahnhof Hamburg können Hilfe-Knopf drücken:

Immer wieder kommt es am Hamburger Hauptbahnhof zu Zwischenfällen – und ganz besonders nachts kann dieser Ort ein ungutes Bauchgefühl auslösen. Doch seit einigen Wochen soll eine App hier für mehr Sicherheit sorgen: Mit „SafeNow“ sollen Reisende per Knopfdruck schnell und niedrigschwellig die Hilfe der Sicherheitskräfte von Bundespolizei und DB anfordern können.

Eine neue App, über die die Polizei unkompliziert alarmiert werden kann, sorgt für mehr Sicherheit am Hamburger Hauptbahnbahnhof (Archivbild).
Eine neue App, über die die Polizei unkompliziert alarmiert werden kann, sorgt für mehr Sicherheit am Hamburger Hauptbahnbahnhof (Archivbild). © Funke Foto Services | Marcelo Hernandez / FUNKE Foto Services

Für dieses Angebot muss die kostenlose App nur heruntergeladen und geöffnet werden. Wird dann der Hilfe-Knopf gedrückt, bekommen Sicherheitspersonal und Polizei vor Ort eine Benachrichtigung und machen sich sofort mithilfe der Bluetooth-Ortung auf den Weg zum Tatort.

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Ist Luisa hier? Hilfe von Angestellten in Hamburger Clubs und Bars

Es muss nicht immer der Nachhauseweg sein, der zur beängstigenden Erfahrung werden kann. Auch in Clubs, Bars oder Restaurant kommt es regelmäßig zu verbalen und/oder körperlichen Übergriffen. Mit der Frage „Ist Luisa hier?“ können sich Betroffene standortübergreifend an Angestellte wenden, um diskret auf eine unangenehme Situation hinzuweisen.

Die meisten Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sind dahingehend geschult, dass sie die um Hilfe bittende Person sofort aus der Situation holen und in einen sicheren Raum bringen. Von dort aus können dann ein Taxi, die Polizei oder Vertraute kontaktiert werden.