Der ehemalige Kartellwächter Kurt Markert wirft dem norddeutschem Versorger Betrug bei Gaspreisen vor. Die Staatsanwaltschaft ist aktiv.

Hamburg. Wegen seiner Preispolitik ist der norddeutsche Gasversorger E.on Hanse schon lange in der Kritik, jetzt drohen sogar juristische Ermittlungen wegen versuchten oder vollendeten Betrugs. Gestern ist bei der Staatsanwaltschaft Hamburg eine entsprechende Strafanzeige des Energieexperten und Berliner Honorarprofessors Kurt Markert eingegangen. Darin beschuldigte er die beiden Geschäftsführer von E.on Hanse, Roman Kaak und Matthias Wendel, diese Straftaten begangen zu haben. "Wir prüfen, ob ein Anfangsverdacht besteht", sagte Bernd Maruschat, Sprecher der Staatsanwaltschaft Hamburg .

Markert ist in der Energiebranche kein Unbekannter. Der Jurist war von 1962 an bis zu seiner Pensionierung Ende Juni 1998 beim Bundeskartellamt tätig und leitete seit 1987 die Energieabteilung der Behörde. Dort ist er durch ein großes Engagement und hartes Vorgehen aufgefallen, etwa wenn die großen Energiekonzerne versuchten, ihr damaliges Beinahemonopol zulasten der kleineren Stadtwerke auszuweiten. Markert hat sich stark für die Liberalisierung des deutschen Strom- und Gasmarktes eingesetzt, die 1998 kurz vor seinem Ruhestand eingeleitet wurde.

Bei seinen Vorwürfen gegen E.on Hanse Vertrieb stützt sich der Jurist, der nach seiner Pensionierung Honorarprofessor an der Freien Universität in Berlin wurde, auf ein Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) von Mitte Juli. Es ging dabei um sogenannte Preisanpassungsklauseln, mit denen Versorger ihren Kunden zum Beispiel Tariferhöhungen begründen.

Zahlreiche dieser Klauseln wurden in den vergangenen Monaten von verschiedenen Gerichten für unwirksam erklärt. Auch jene von E.on Hanse wurde im Oktober 2009 vor dem Oberlandesgericht Hamburg gekippt.

Der BGH hat daraufhin im Juli in einem Verfahren gegen den Gasversorger EWE bestimmt, dass alle Kunden, deren Verträge wegen der Preisklausel für ungültig erklärt wurden, Anspruch auf die Erstattung von zu viel bezahltem Geld für die Gasrechnung hätten.

E.on Hanse soll "rechtswidrig überhöhtes Entgelt" gefordert haben

Markert beschuldigt die beiden Chefs von E.on Hanse, den Sonderkunden, die die Mehrheit der Gasabnehmer darstellen, in der Vergangenheit ein "rechtswidrig überhöhtes Entgelt" in Rechnung gestellt zu haben. "Die von E.on Hanse Vertrieb ihren Sonderkunden seit 2004 gestellten Jahresrechnungen sind insoweit unrechtmäßig, als sie die unwirksamen Erhöhungsbeträge einschließen", schreibt er der Staatsanwaltschaft. Dies sei ein Straftatbestand. Ein ähnliches Verfahren hatte er bereits im Januar gegen den Berliner Versorger Gasag angestrengt, dort wurden die Ermittlungen eingestellt. Jetzt hat er nochmals Anzeige gegen die Gasag erstattet.

E.on Hanse bestreitet die Vorwürfe, wollte sich aber noch nicht konkreter äußern, da dem Unternehmen der Wortlaut der Anzeige nicht vorliegt. Das Unternehmen hat in den vergangenen Monaten seinerseits zahlreiche Kunden verklagt, weil diese aus Protest gegen hohe Gaspreise ihre Rechnung nicht komplett überwiesen hatten. In vielen Fällen unterlag der Versorger jedoch.