Berlin. Branchenexperte Jan Strohschein schätzt das Gehalt von Einsteigern auf 35.000 Euro. Er gibt Bewerbungstipps für die grüne Branche.

Jan Strohschein ist Landschaftsplaner. Sein Studium absolvierte er an der Technischen Universität Berlin. Heute betreibt er mit einem Geschäftspartner das Portal greenjobs.de. Im Interview gibt er Bewerbungstipps für die grüne Branche.

Herr Strohschein, man spricht von „grünen Jobs“ und der „grünen Branche“. Was genau ist das eigentlich?

Jan Strohschein: Die grüne Branche an sich ist ziemlich schwierig zu definieren. Natürlich gehören im Kern Berufsfelder aus dem Umfeld der Biologie hinzu, wie etwa Land-, Tier- oder Forstwirtschaft, wenn sie nachhaltig und ökologisch betrieben werden. In den vergangenen Jahren sind insbesondere in Deutschland zahlreiche Betätigungsfelder im Bereich der erneuerbaren Energien dazugekommen. Und es gibt immer mehr mittelständische und große Unternehmen, die sich im Rahmen von Corporate Social Responsibility für nachhaltiges Wirtschaften entschieden haben und dazu Abteilungen oder zumindest einzelne Arbeitsplätze vorhalten.

So können Absolventen grüner Ausbildungen oder Studiengänge inzwischen branchenunabhängig interessante Berufsfelder finden. Dazu kommen gesellschaftliche Entwicklungen, wenn etwa die Automobilindus­trie zunehmend auf Elektroautos umstellt oder der Versandhandel seine Kunden zu ökologischem Konsum animiert.

Wie sieht denn der grüne Arbeitsmarkt aus, wo finden Bewerber freie Stellen?

Jan Strohschein ist Geschäftsführer von greenjobs
Jan Strohschein ist Geschäftsführer von greenjobs © privat | privat

Strohschein: Viele Stellen im Umfeld der Energiewende hängen von politischen Rahmenbedingungen ab, daher schwankt das Angebot entsprechend. Lange Zeit ging es stetig nach oben. Doch das 2012 geänderte Erneuerbare-Energien-Gesetz, EEG, hat Förderkürzungen mit sich gebracht, die sich besonders im Bereich Photovoltaik und Biogas bemerkbar gemacht haben. Hier sind Investitionen zurückgegangen, und entsprechend gibt es weniger Stellenangebote.

Heute sehen wir ein stabiles Stellenangebot, allerdings auf einem vergleichsweise niedrigen Niveau. Ein Lichtblick ist derzeit noch die Windenergiebranche, der Wandel zu einem nachhaltigen Energiesystem ist nicht mehr aufzuhalten. Daher entstehen auch jenseits von den Bereichen, die einem vielleicht zuerst einfallen, wie Sonne und Wind, neue Jobs.

Nämlich bei Speichertechnologien, Netzum- und ausbau sowie intelligenten und sparsameren Geräten. Den übrigen grünen Jobmarkt schätzen wir als recht stabil ein. Durch die Neu- und Weiterentwicklung verschiedener technischer und technologischer Verfahren zum Schutz der Umwelt entstehen darüber hinaus weitere Arbeitsplätze.

Sind Praktika wertvolle Berufseinstiegshilfen?

Strohschein: Unbedingt. Damit lassen sich Aufgabenfelder, die doch nicht so recht passen, aussortieren und Kontakte knüpfen, die nach dem Studium den Berufseinstieg erleichtern. Interessant sind auch Tätigkeiten als studentische Hilfskraft, Ehrenämter oder Praktika im Ausland. Mit Auslandserfahrung können Bewerber zum Beispiel bei großen Unternehmen mit internationalen Niederlassungen punkten.

Und ein Praktikum in der öffentlichen Verwaltung könnte sich als Türöffner bei einer Umweltorganisation wie dem World Wide Fund For Nature – WWF – erweisen, denn die schätzen Mitarbeiter, die Erfahrung bei der Vergabe von Fördermitteln mitbringen. Und jegliche Art von Berufserfahrung bringt Referenzen.

Absolventen von grünen Studiengängen möchten oft ein Stück weit die Welt retten. Soll man seinen Idealismus bei der Bewerbung deutlich machen?

Strohschein: In unserem Umfeld gibt es tatsächlich viele Menschen, die in ihrem Beruf etwas Gutes tun möchten. Je nach potenziellem Arbeitgeber sollte dieser Idealismus auch deutlich transportiert werden – allerdings glaubhaft und belegbar. Arbeitgeber mögen authentische Bewerber. Wer eine starke Ich-möchte-die-Welt-retten-Motivation in sich spürt, sollte daher genau überlegen, welcher Arbeitgeber von einem ähnlichen Impetus getrieben wird. Vielleicht eine Umweltorganisation. Umweltverbände wiederum schätzen oft Stallgeruch. Also Bewerber, die etwa durch Praktika oder ein Ehrenamt die organisatorischen Strukturen schon kennen.

Kann man reich werden, während man die Welt rettet?

Strohschein: Leider nicht. Ich würde sagen, die Gehälter sind im mittleren Bereich angesiedelt. Da viele Arbeitgeber sozial orientiert sind, versuchen sie, ihren Mitarbeitern genug zu bezahlen, damit sich davon leben lässt. Aber reich wird hier wohl kaum jemand. Ich denke, Berufseinsteiger können mit etwa 35.000 Euro brutto im Jahr rechnen.