Berlin. Wer erneuerbare Energien studiert, sucht nicht nur einen aussichtsreichen Job. Absolventen der grünen Studiengänge wollen etwas Sinnvolles tun.

Windenergie gewinnen, umweltschonende Fahrzeuge bauen, Speichertechnologien entwickeln – die sogenannte grüne Branche ist ein Jobmacher. Laut einer Studie der International Energy Agency (IEA), in der 29 Staaten Mitglied sind, bleibt das auf absehbare Zeit auch so: Die IEA-Studie „World Energy Outlook 2016“ prognostiziert, dass sich die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien bis 2040 im Vergleich zu 2014 nahezu vervierfacht haben wird.

Wer sich also für einen der grünen Studiengänge entscheidet, etwa regenerative Energien, Umweltinformatik oder Stadtökologie, dem bietet sich eine riesige Bandbreite an Arbeitgebern. Sie reicht von Umweltorganisationen über wissenschaftliche Einrichtungen und die öffentliche Verwaltung bis hin zur freien Wirtschaft.

Als Umweltinformatiker Verkehr umorganisieren

Robert Schroeder beispielsweise arbeitet an der „Mobilität der Zukunft“. Der 34-Jährige hat seinen Bachelor- und Masterabschluss in Umweltinformatik an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (HTW) gemacht und ist nun Softwareingenieur bei der DB Rent. Die Tochtergesellschaft der Deutschen Bahn entwickelt als Fuhrparkdienstleister Mobilitätskonzepte, die Auto, Fahrrad, den öffentlichen Nah- und den Fernverkehr zusammenführen. Zu Schroeders Aufgaben gehört es zum Beispiel, Software fürs Carsharing zu entwickeln und zu verbessern.

„In meiner Arbeit kommen die Aspekte Umwelt und IT zusammen, und es fließt ein Stück weit ein Weltverbesserungsansatz mit ein“, erklärt Robert Schroeder. Schließlich zielen intelligente Mobilitätskonzepte darauf ab, Verkehr und damit Umweltbelastung zu reduzieren. „Das ist mir wichtig“, sagt Schroeder. „Eine sinnvolle Tätigkeit war für mich bei der Berufswahl ein entscheidender Faktor.“

Schon während seines Studiums arbeitete Schroeder in der IT des Wohlfahrtsvereins Unionhilfswerk. An seinem Studienfach gefiel ihm der Schnittstellenansatz. „Das Studium bietet das nötige Rüstzeug, um innerhalb von drei Bereichen – Umwelt, BWL und IT – quasi als Übersetzer zwischen den Welten zu wirken.“

An der Schnittstelle arbeiten

Eine Schnittstellenposition hatte auch Maren Toepel im Sinn, als sie sich für das Studium Umwelttechnik/Regenerative Energien an der HTW entschied. „Ich wollte immer etwas im Bereich Technik oder Mathematik beziehungsweise Physik machen, habe jedoch mit der reinen Wissenschaft gehadert und etwas Sinnhafteres gesucht“, erzählt die 29-Jährige. Der Studiengang mit ihrem Schwerpunkt auf den Ingenieurwissenschaften sei für sie perfekt gewesen. Nach ihrem Bachelorabschluss ging sie sofort das Masterstudium in Umwelttechnik an.

Seit August 2016 ist Toepel nun Projektleiterin beim Energiedienstleister KE Energieeffizienz. Zu ihren Aufgaben gehört es, Energiekonzepte zu entwickeln und auf ihre Machbarkeit zu überprüfen. Außerdem kalkuliert sie Angebote und kümmert sich später um die Umsetzung der abgeschlossenen Verträge. Teils fungiert Maren Toepel dabei auch als Bauleiterin. „Es macht mir ungeheuren Spaß“, sagt sie. „Ich kann das ausleben, was ich im Studium gelernt habe.“

Leichter Berufseinstieg für Ingenieure

Dr. Volker Quaschning ist Professor für Regenerative Energiesysteme an der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) Berlin sowie Sprecher für den Studiengang Regenerative Energien.
Dr. Volker Quaschning ist Professor für Regenerative Energiesysteme an der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) Berlin sowie Sprecher für den Studiengang Regenerative Energien. © HTW | Silke Reents

Die Absolventen der Bachelor- und Masterstudiengänge in den regenerativen Energien haben generell gute Karten, wenn es um den Einstieg ins Berufsleben geht, sagt HTW-Professor Volker Quaschning. „In den erneuerbaren Energien wurden in den vergangenen 20 Jahren über 300.000 neue Arbeitsplätze geschaffen“, erklärt er. „Sollte die Regierung das Bremsen der Energiewende beenden und den Klimaschutz wirklich ernst meinen, wird der Fachkräftebedarf weiter spürbar ansteigen.“

Auch international boome der Ausbau erneuerbarer Energien, und das eröffne vielschichtige Karriereaussichten in Unternehmen und Forschungseinrichtungen, sagt Quaschning. „Von Führungspositionen über erfolgreiche Firmengründungen bis hin zu Wissenschaftskarrieren.“

Maren Toepel empfand den Übergang von der Hochschule ins Berufsleben als einfach. Für sie stand er nach einer Babypause an und verlief „ganz unproblematisch“, wie sie erzählt. „Obwohl ich ein Jahr lang ausgesetzt hatte und dann eine Teilzeitstelle gesucht habe, bekam ich gleich Angebote.“

Längere Jobsuche der Stadtökologen

Doch was für Ingenieure und IT-ler zutrifft, muss in anderen Jobs, die der grünen Branche zugerechnet werden, noch lange nicht selbstverständlich sein. Das zeigt das Beispiel von Diana Waldhoff. Sie ging mit einem Bachelorabschluss in Landschaftsplanung und einem Masterabschluss in Stadtökologie auf Arbeitssuche.

Trotz einer sehr guten Note in der Masterarbeit und einer Auszeichnung der Technischen Universität (TU) Berlin, bekam sie auf ihre zahlreichen Bewerbungen nur Absagen. „Das änderte sich, als ich anfing mich außerhalb von Berlin zu bewerben“, erzählt die 31-Jährige. „Da wurde ich sofort zu Vorstellungsgesprächen eingeladen.“

Unter anderem vom Umweltministerium Schleswig-Holstein, wo sie inzwischen arbeitet. Die Umorientierung fiel ihr zunächst nicht leicht. „Ich liebe Berlin und wollte gern in der Hauptstadt bleiben. Doch in und um Berlin werden viele grüne Studiengänge angeboten. Das führt zu einem hohen Konkurrenzdruck unter den Absolventen.“

Mehr oder weniger erzwungener Ortswechsel

Heute ist Diana Waldhoff mit ihrem mehr oder weniger erzwungenen Ortswechsel sehr zufrieden. „Ich würde sagen, ich habe meinen Traumjob gefunden“, sagt sie. „Es macht Spaß, ich trage Verantwortung und kann etwas bewegen.“ Seit Dezember 2016 ist sie Referentin für Landschaftsrahmenplanung im Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume des Landes Schleswig-Holstein.

Die betroffenen Bürger werden dabei einbezogen. „Künftig soll diese Beteiligung auch online möglich sein“, erzählt Waldhoff. „Und ein solcher Onlinezugang wird mein Projekt.“ Zudem kann sie dafür sorgen, dass bei Plänen etwa zur Siedlungs- oder Verkehrsentwicklung Aspekte des Natur- und Umweltschutzes berücksichtigt werden. „Oder wir legen Räume für künftige Erholungs- und Rückzugsflächen fest“, erzählt Waldhoff.

Herausforderungen bei der Stadtentwicklung

Für ihre Aufgaben sei sie durch ihr Studium an der Technischen Universität gut gerüstet. „Während es in Landschaftsplanung und Landschaftsarchitektur um die nachhaltige Gestaltung von Landschaften geht, beschäftigt sich Stadtökologie mit den ökologischen Herausforderungen im urbanen Raum“, erklärt Diana Waldhoff.

Diana Waldhoff ist Stadtökologin.
Diana Waldhoff ist Stadtökologin. © privat | privat

„Das Spannende am Studium waren zudem die vielen Projekte, die tiefer in die jeweilige Materie geführt haben“, sagt die 31-Jährige rückblickend. In einem Projekt sei es beispielsweise um „Skyfarming“ gegangen. „Das bedeutet: ohne Grenzen denken und die Vision von einer Zukunft durchspielen, in der die Menschen nur noch in Städten leben und über Gärten auf Hochhäusern ernährt werden.“ Auch Teamarbeit sei im Studium immer wieder gefragt gewesen – ebenfalls eine gute Vorbereitung aufs Berufsleben.

Für ihre aktuelle Position musste Diana Waldhoff zunächst ein zweijähriges Referendariat durchlaufen. „Das hieß, Hospitieren in verschiedenen Bereichen“, erklärt sie. Dazu gehörten eine Kreisverwaltung, das Bundesumweltministerium und die Landesvertretung Schleswig-Holsteins in Brüssel. Nach erfolgreich abgeschlossener Staatsprüfung ist Diana Waldhoff nun Regierungsbaurätin im Umweltministerium in Kiel und damit Beamtin des Landes Schleswig-Holstein.