Berlin/Brüssel. Europas Fluggesellschaften beklagen zu hohe Gebühren der Flughäfen. Die EU soll die Regeln verschärfen. Fluggäste könnten profitieren.

In diesen Tagen feiern EU und Fluggesellschaften 25 Jahre einheitlichen europäischen Luftraum: Es werden mehr Ziele angesteuert, die Zahl der Fluggäste hat sich auf mehr als 900 Millionen fast verdreifacht, die Preise sind drastisch gesunken. Ein Flug von Mailand nach Paris kostet der EU zufolge statt 400 nur noch 100 Euro.

Dennoch sehen die großen Fluggesellschaften der EU deutlichen Verbesserungsbedarf: Die Flugpreise könnten aus ihrer Sicht noch niedriger sein, wenn nicht die europäischen Flughäfen vergleichsweise hohe Gebühren erheben würden. Nach Angaben des Flugverbands A4E geht es um mehrere 100 Millionen Euro jährlich. Einzelne Flughäfen nannte der Verband nicht.

Tickets pro Passagier günstiger, Gebühren höher

Die Ticketpreise pro Passagier sind zwischen 2007 und 2016 um mehr als 30 Prozent gesunken, wie A4E berechnet hat. Gleichzeitig stiegen die Flughafengebühren je Passagier im Schnitt um fast 20 Prozent. Dazu gehören unter anderem Start- und Landegebühren oder Kosten für Standzeiten am Flughafen. Diese Gebühren werden für die Abwicklung des Flugbetriebs fällig und machen im Schnitt zehn bis 15 Prozent der ­Kosten einer Fluggesellschaft aus. Bei manchen können es bis zu 30 Prozent sein.

A4E fordert angesichts der Entwicklung die EU auf, die entsprechende Richtlinie für Flughafengebühren zu reformieren und die Gebühren künftig besser durch eine unabhängige Stelle genehmigen zu lassen. A4E gründete sich im vergangenen Jahr und vertritt unter anderem Lufthansa, IAG (British Airways, Iberia), Air France/KLM und die Billigflieger Ryanair, Easyjet und Norwegian. Die Mitglieder stehen für mehr als 70 Prozent des europäischen Flugverkehrs.

Der Trick mit Werbung, Parkhäusern und Läden

Den großen Unterschied bei den Gebühren macht offenbar, wie der Flughafen mit dem Nichtfluggeschäft verfährt. Berechnet der Flughafen die Gebühren nur für den reinen Flugbetrieb, verbucht Erträge aus dem Betrieb von Werbung, Parkhäusern und Einkaufszonen aber für sich, oder verrechnet er sie, bevor er die Gebühren kalkuliert? A4E zufolge verlangen Flughäfen mit getrennter Abrechnung („Dual Till“, also zwei Kassen) höhere Gebühren, investieren weniger, haben aber bis zu fünfmal höhere Profite als Flughäfen, die anders kalkulieren. Das kommt zwar dem Flughafenbetreiber, nicht aber den Fluggesellschaften oder Fluggästen zugute.

Für IAG-Chef Willie Walsh muss sich etwas ändern. „Es gibt eine direkte Verbindung zwischen Flug- und kommerziellem Geschäft. Menschen kommen nicht zum Flughafen, um einzukaufen, sondern um zu fliegen.“ Ohne Fluggesellschaften gäbe es die Läden nicht, entsprechend sollte es auch eine einheitliche Kalkulation geben.

EU-Richtlinie soll verschärft werden

„Dual-Till-Flughäfen haben zudem acht Prozent höhere Betriebskosten, was andeutet, dass sie ineffizienter sind“, sagt Thomas Reynaert, A4E-Geschäftsführer. „Das ist nicht nachhaltig.“ Der Verband stützt sich auf eine unabhängige Studie von York Aviation, die Kosten und Profitabilität der europäischen Flughäfen untersucht hat.

Die EU-Richtlinie, die die Gebühren reguliert, muss aus Sicht der Fluggesellschaften dringend reformiert und verschärft werden, damit Flughäfen gezwungen sind, einheitlich zu kalkulieren. Der Verband fordert zudem, die Flughäfen sollten ihre Berechnungen offenlegen. Die Richtlinie regele nicht richtig, dass Flughäfen ihre Marktmacht missbrauchten, sagt IAG-Chef Walsh.

Gebührendebatte in Frankfurt wegen Ryanair

Zuletzt hatte es Debatten über die Gebühren am Flughafen Frankfurt/Main gegeben. Der Betreiber Fraport hatte dem Billigflieger Ryanair einen Rabatt gewährt. Vor allem Lufthansa war verärgert, zum einen, weil der Rabatt nur für neue Kunden Fraports gilt, zum anderen, weil Frankfurt der Heimatflughafen des Unternehmens ist und Ryanair eine extrem starke Konkurrenz. Michael O’Leary, Chef der Iren, möchte sein Angebot am größten Flughafen Deutschlands ausweiten.

Im großen Stil wechseln können Fluggesellschaften ihren Standort meist nicht. So ist Frankfurt das größte Drehkreuz der Lufthansa. Und auch British Airways wird Heathrow, Europas größtem Flughafen, nicht einfach den Rücken kehren. Dafür fliegen die Gesellschaften dort mit zu vielen Flugzeugen.