Dahlewitz. Rolls-Royce lässt südlich von Berlin modernste Triebwerke fertigen. Doch der EU-Austritt könnte den Standort in Brandenburg gefährden.

Mehrere Meter hoch ragt die blütenweiße Hülle des Triebwerks mit dem Namen Trend XWB in die weitläufige Montagehalle des Rolls-Royce-Werks. Die Turbine erinnert an einen riesigen Bohrer, wie er im Tunnelbau eingesetzt wird. Doch wird sich die Maschine bald nicht unter, sondern weit über der Erde drehen – und zum Beispiel einen Airbus 350 antreiben.

Der britische Triebwerkshersteller Rolls-Royce hat am Mittwoch im brandenburgischen Dahlewitz die Produktion von Triebwerken für den Langstreckenjet von Airbus gestartet. Pro Woche sollen in dem Ort südlich Berlins zwei der Antriebe fertiggestellt werden. Die Produktion ergänzt die Fertigung in Großbritannien. „Wir treten in Dahlewitz jetzt in die Familie der Großtriebwerke ein“, sagte Eric Schulz, der Präsident der zivilen Luftfahrtsparte beim britischen Konzern.

Neue Zölle nach dem Brexit könnten die Produktion gefährden

Doch es liegt ein Schatten über der Einweihung der Montagelinie. Schulz sprach das Wort nicht aus, aber man ahnt was er meint, wenn er von großem politischen Druck spricht: Der Austritt Großbritanniens aus der EU birgt für die Pläne in Brandenburg ein schwer kalkulierbares Risiko.

Dahlewitz ist eine von drei weltweiten Fabriken für die Großtriebwerke und fest in die internationale Aufgabenteilung des Konzerns eingebunden. Neue Zölle nach dem Brexit könnten die Kalkulation schnell durcheinanderbringen. Schulz machte dennoch den rund 2500 Beschäftigten Mut: „Ich bin zuversichtlich, dass wir einen Weg schaffen.“

Ministerpräsident Woidke hofft auf den Exit vom Brexit

Eric Schulz (Rolls Royce President Civil Aerospace) bei Produktionsstart in Dahlewitz am Mittwoch.
Eric Schulz (Rolls Royce President Civil Aerospace) bei Produktionsstart in Dahlewitz am Mittwoch. © dpa | Bernd Settnik

Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries sicherte Rolls-Royce und damit auch allen anderen britischen Unternehmen in Deutschland ihre Unterstützung zu. „Wir werden auf jeden Fall mit ihnen während der Verhandlung in Kontakt bleiben“, sagte sie bei der Produktionseröffnung. Sie forderte die Firmen auf, ihrem Ministerium die Bedürfnisse in Hinblick auf ein Ausscheiden der Briten mitzuteilen. Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke hofft auf ein Umdenken in London: „Die Tür ist noch nicht zu“, sagte er.

Die in Dahlewitz produzierten Triebwerke sind laut Hersteller die derzeit effizientesten der Welt. Bei einem Auftragsbestand von 1600 Exemplaren ist die Auslastung der Fabriken auf absehbare Zeit gesichert. Für den Ort vor den Toren Berlins ist Rolls-Royce ein wahrer Segen. „1993 gab es hier etwas Landwirtschaft, ein paar Kühe, ein paar Schafe“, erinnert Woidke an die Anfänge.

Mehr als drei Milliarden Euro sind in den Ausbau geflossen

Die Arbeitslosenquote lag mancherorts bei über 30 Prozent, als sich damals noch BMW als Eigentümer der Sparte für den Sitz in Dahlewitz entschied. Mittlerweile wurden mehr als drei Milliarden Euro in den Ausbau investiert. Auf dem heutigen Firmengelände könnte gut eine ganze Ortschaft Quartier finden. Neben den Großtriebwerken baut der Konzern hier auch Antriebe für große Geschäftsflugzeuge und die Flugzeuge vom Typ A320 von Airbus. 7000 Stück wurden bisher insgesamt ausgeliefert.

Auch Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) ließ sich die neue Produktionsreihe erklären.
Auch Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) ließ sich die neue Produktionsreihe erklären. © Getty Images | Adam Berry

Der Mutterkonzern Rolls-Royce sieht sich selbst als Marktführer bei Spitzentriebwerken. Der Konzern mischt auch in der militärischen Luftfahrt, der Schiffstechnik, bei Nuklearanlagen und bei Kraftwerken mit, weltweit. Im Jahr erwirtschaften die Briten damit rund 14 Milliarden Pfund. Aufträge im Wert von 80 Milliarden Pfund stehen in den Büchern.

Rolls-Royce ist heute schon ein Brexit-Verlierer

Weltweit beschäftigt das Unternehmen rund 50.000 Fachleute, darunter allein 16.000 Ingenieure. Zu den Brexit-Verlierern gehört Rolls-Royce schon heute. Die Abwertung des Pfundes infolge der Volksabstimmung darüber hat dem Konzern einen kräftigen Verlust beschert.