Berlin. Laut einer Studie bekommen etwa 42 Prozent der deutschen Arbeitnehmer Urlaubsgeld. Anders sieht es hingegen beim Weihnachtsgeld aus.

Viele Arbeitnehmer freuen sich auf Ende Juni: Dann erhalten sie eine größere Gehaltsüberweisung – das Urlaubsgeld kommt obendrauf. Seit Mitte der 1950er-Jahre kämpften die Gewerkschaften um eine jährliche Zusatzzahlung für Arbeiter. Sie sollten zu Beamten und Angestellten aufschließen, die damals häufig bereits ein
13. Monatsgehalt bekamen. 1964 waren die Gewerkschaften mit ihrer Forderung am Ziel: Ein tarifliches Urlaubsgeld wurde eingeführt.

Inzwischen ist die Konstellation andersherum. Heute bekommen vor allem Arbeiter häufig Urlaubsgeld, Angestellte – besonders im Dienstleistungssektor – stehen schlechter da. Das geht aus einer Untersuchung des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung hervor.

Kein rechtlicher Anspruch auf das Extra-Gehalt

Laut der Befragung von rund 6600 Beschäftigten erhalten 42,6 Prozent in Deutschland ein Urlaubsgeld. Je nach Unternehmen, Organisation und Branche fällt die Chance darauf allerdings sehr unterschiedlich aus. Eindeutig im Vorteil sind Beschäftigte in Firmen mit Tarifverträgen. 60,4 Prozent der Beschäftigten in einem tarifgebundenen Unternehmen erhalten demnach ein Urlaubsgeld überwiesen, aber nur 36,9 Prozent jener, die nicht unter einen Tarifvertrag fallen.

Der Grund: Einen allgemeinen Rechtsanspruch auf Urlaubsgeld gibt es in Deutschland nicht. Wenn ein Unternehmen aber einen Tarifvertrag mit einer Gewerkschaft ausgehandelt hat und dieser Urlaubsgeld beinhaltet, so gilt dies für alle von dem Tarif erfassten Mitarbeiter.

In Ostdeutschland bekommen Bürger seltener Urlaubsgeld

Die Unterschiede zwischen den Branchen sind beim Urlaubsgeld jedoch groß. Das verarbeitende Gewerbe ist am großzügigsten mit seinen Mitarbeitern: In Industriebetrieben bekommen zwei Drittel der Arbeiter und Angestellten Urlaubsgeld. In der Verkehrsbranche, im Baugewerbe und bei Kfz-Handel und -Werkstätten sind es über die Hälfte. Mau sieht es dagegen für Erzieher und nichtstaatliche Lehrer aus. Dort erhalten lediglich 17,5 Prozent der Beschäftigten ein zusätzliches Urlaubsentgelt.

Da Frauen in Industriebetrieben deutlich unterrepräsentiert sind, fällt dementsprechend auch ihre Urlaubsgeld-Quote schlecht aus. Nur 38,7 Prozent erhalten die Sonderzahlung, aber 50,7 Prozent der Männer.

In Ostdeutschland, wo weniger Beschäftigte in tarifgebundenen Unternehmen arbeiten, erhalten nur 33,2 Prozent statt 49 Prozent im Westen die jährliche Zahlung. „Insgesamt ist die Urlaubsgeld-Regelung in Deutschland seit vielen Jahren relativ stabil“, sagt Thorsten Schulten, Tarifexperte des WSI.

Weihnachtsgeld erhalten deutlich mehr Beschäftigte

Wie hoch fällt das Urlaubsgeld aus? Die Unterschiede sind enorm. In manchen Branchen gibt es ein volles Tarifgehalt obendrauf. In der Industrie erhalten die Mitarbeiter in der Spitze bis zu 2316 Euro in der mittleren Vergütungsgruppe. Im Einzelhandel sind es laut Studie bis zu 1236 Euro. Die Mitarbeiter im Steinkohlebergbau müssen sich dagegen mit 156 Euro bescheiden. Im Gastgewerbe gibt es 240 Euro, in der Landwirtschaft 225 Euro.

Weihnachtsgeld erhalten übrigens deutlich mehr Beschäftigte. Nach einer WSI-Studie bekommen 71 Prozent der Tarif-Beschäftigten und 44 Prozent der Arbeitnehmer in ungebundenen Betrieben eine Sonderzahlung zum Jahresende.

Auch die Zahl der Urlaubstage gerät vor den Sommerferien in den Blick. Hier gibt es einen klaren gesetzlichen Anspruch, der bei 24 Tagen pro Jahr liegt – allerdings bei einer Sechs-Tage-Woche. Bei der üblichen Fünf-Tage-Woche sind es dagegen entsprechend nur 20 Tage.

Im Schnitt werden allerdings mehr Tage gewährt, die per Tarifvertrag oder individuell ausgehandelt werden. Knapp über die Hälfte der Beschäftigten haben 30 Tage frei. Wer mehr verdient, hat im Schnitt auch mehr Urlaub. Und in ohnehin schlecht bezahlten Branchen ist auch der Urlaub am knappsten. So erhalten 23 Prozent der Beschäftigten in Callcentern nur den Mindesturlaub.