Berlin. Haushalt, Erziehung, Pflege: Die Belastung für weibliche Teilzeitbeschäftigte ist hoch. Nur bei Alleinerziehenden herrscht Gleichstand.

  • Für die Pflege von Angehörigen wenden Frauen sogar mehr als doppelt so viel Zeit auf wie Männer
  • Bei Haushalten mit zwei Verdienern fällt das Ungleichgewicht noch größer aus
  • Zumindest bei der Elternzeit scheint es aber eine Angleichung zu geben

Wenn Karina K. nach dem Büro nach Hause kommt, ist an Entspannung nicht zu denken. Im Gegenteil. Dann beginnt ihr zweiter, unbezahlter Job. Im Supermarkt kauft die 40-jährige Versicherungsangestellte für die Familie ein. Zu Hause wartet bereits ihre zehnjährige Tochter Anna, die Hilfe bei den Hausaufgaben braucht. Ihr 14-jähriger Sohn kommt vom Fußball mit Sportklamotten, die in die Wäsche müssen. Zudem heißt es aufräumen und kochen – schließlich möchten alle abends, wenn Papa von der Arbeit kommt, gemeinsam essen. Wie bei Karina sieht es nach wie vor in vielen deutschen Haushalten aus.

Obwohl Frauen immer häufiger berufstätig sind, wird der größte Teil der unbezahlten Hausarbeit, Kinderbetreuung und der Pflege Angehöriger von Frauen geleistet. Frauen zwischen 18 und 64 Jahren bringen für unbezahlte Hausarbeiten 1,6-mal mehr Zeit auf als Männer – und damit 60 Prozent mehr. Für die Fürsorge von Angehörigen wenden Frauen sogar 2,4-mal so viel Zeit auf wie Männer. Dies hat eine Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung ergeben, die dieser Zeitung vorliegt. Die Untersuchung basiert auf einer Sonderauswertung des WSI GenderDatenPortals auf Basis einer Erhebung (2012/2013) des Statistischen Bundesamts unter mehr als 10.000 Bürgern.

Fast jede zweite Frau arbeitet in Teilzeit

Die ungleiche Arbeitsaufteilung existiert keineswegs nur in Haushalten mit einem Verdiener. Vielmehr fällt die Kluft noch deutlicher aus, wenn beide arbeiten. „Hier sind die Frauen überwiegend teilzeitbeschäftigt und schultern den größten Teil der Haus- und Fürsorgearbeit“, berichtet die Mitautorin der Studie, die WSI-Expertin Christina Klenner. Dabei arbeiten Frauen vor allem deshalb verkürzt, „um die unbezahlte Arbeit im Haushalt und der Pflege zu bewältigen.“ Tatsächlich arbeitet fast jede zweite Frau in Deutschland Teilzeit. Nur rund 30 Prozent der Mütter sind Vollzeit beschäftigt.

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    Grundsätzlich unterscheidet sich die Gesamtarbeitszeit – also die Summe aller bezahlter und unbezahlter Arbeiten, die durchschnittlich in einer Woche inklusive der freien Wochenenden geleistet wird – zwischen Männern und Frauen kaum, beide kommen auf knapp acht Stunden. Große Unterschiede zwischen den Geschlechtern werden erst deutlich, wenn man auf die Entlohnung blickt: Denn Männer (in Vollzeit) bekommen laut Studie 73 Prozent ihrer Gesamtarbeitszeit bezahlt, während teilzeitbeschäftigte Frauen nur für 43 Prozent ihrer Arbeit auch Geld erhalten und den größten Teil unbezahlt leisten.

    „Die Betreuung von Kleinkindern ist nach wie vor Frauensache“

    Besonders groß ist der Unterschied in Haushalten mit Kindern unter sechs Jahren. Dort leisten Männer, die voll im Job stehen, mit neun Stunden, elf Minuten zwar die längste Gesamtarbeitszeit unter ihren Geschlechtsgenossen, doch nur ein Drittel davon entfällt auf unbezahlte Tätigkeiten. Mütter in Vollzeitjobs wenden dagegen die Hälfte ihrer Gesamtarbeitszeit dafür auf, Teilzeitbeschäftigte Mütter gar 70 Prozent.

    Es ist aber nicht nur die Arbeitsbelastung, die zu Unterschieden führt. Bei Paaren, die Vollzeit arbeiten, macht die Frau über eine Stunde pro Tag mehr im Haushalt (siehe Grafik). Dass es, wenn es sein muss, anders geht, zeigt der Vergleich zwischen alleinerziehenden Männern und Frauen. In diesem Fall unterscheidet sich die tägliche Hausarbeitszeit (knapp drei Stunden) kaum noch.

    „Die Betreuung von Kleinkindern ist nach wie vor weitgehend Frauensache. Von einer gleichmäßigen Aufteilung der bezahlten und unbezahlten Arbeit zwischen Frauen und Männern kann bislang keine Rede sein“, sagt Klenner. „Problematisch ist die geringere Teilhabe an bezahlter Arbeit vor allem für das individuelle Einkommen, die beruflichen Chancen und die Altersversicherungsansprüche der Frauen.“

    Männer holen bei der Elternzeit langsam auf

    Kein Wunder also, dass mehr als 90 Prozent der Elternzeit, für die Elterngeld gezahlt wird, auf Frauen entfällt. Allerdings sehen die Forscher hier eine Trendwende. Im Jahr 2014 nahmen bereits 34,2 Prozent der Väter eine Kinderauszeit, sechs Jahre zuvor waren es nur rund 21 Prozent. Zum Vergleich: Unter Müttern nehmen seit Jahren rund 96 Prozent Elternzeit. Und je mehr Männer sich um ihren Nachwuchs kümmerten, umso wahrscheinlicher werde es, dass sie auch über das Ende der Elternzeit hinaus ihre Arbeitszeit reduzieren, meint Klenner. Schon heute verringere jeder vierte Vater seine Arbeitszeit um zehn bis 20 Prozent.

    Grundsätzlich sollten sich Arbeitgeber noch stärker darauf einstellen, dass sowohl Mütter als auch Väter Verantwortung auch außerhalb des bezahlten Arbeitslebens tragen. Hierzu gehöre es, dass Beschäftigte verlässlich und pünktlich nach Hause gehen können, um sich um Kinder oder Verwandte zu kümmern, sagt Klenner.