800 Millionen Euro – Geld für Klimaschutz bleibt liegen
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Von Jakob Schlandt und Christian Unger
Berlin. 800 Millionen Euro für die Verbesserung der Energieeffizienz wurden 2016 vom Bund nicht ausgegeben. Die Opposition übt scharfe Kritik.
Ein Drittel der Summe, die 2016 für Energieeinsparungen ausgegeben werden sollten, ist ungenutzt liegen geblieben. Laut eines unveröffentlichten Berichts des Bundesfinanzministeriums, der dieser Redaktion vorliegt, wurden im Jahr 2016 statt der geplanten 2,4 Milliarden Euro lediglich 1,6 Milliarden Euro durch den Energie- und Klimafonds (EKF) ausgegeben. Mit dem Geld aus dem Bundeshaushalt sollen vor allem Energieeinsparungen gefördert werden. Durch die Minderausgaben bröckelt ein wichtiger Baustein in der Klimaschutzstrategie der Bundesregierung.
Schon der größte Förderposten, das Gebäudesanierungsprogramm, bleibt unter Plan. Statt der geplanten 872 Millionen Euro wurden lediglich 703 Millionen für die Wärmedämmung von Häusern ausgegeben. Auch andere große Posten wie die Forschungs- und Entwicklungsausgaben (131 statt 187 Millionen) konnten nicht voll umgesetzt werden. Einige Programme sind quasi Totalausfälle: Für die Pumpen- und Heizungsoptimierung wurden nur zwei statt 100 Millionen Euro ausgegeben. Die „wettbewerbliche Ausschreibung Energieeffizienz“ lag bei 760.000 Euro statt 50 Millionen Euro.
Energiesparprogramme „völlig an den Bedürfnissen vorbei“
Die Opposition übt scharfe Kritik. Anja Hajduk, Haushaltsexpertin der Grünen im Bundestag, sagte dieser Redaktion: „Das Wirtschaftsministerium lässt 800 Millionen Euro für Energieeffizienz einfach versanden“ und ziele mit ihren Energiesparprogrammen „völlig an den Bedürfnissen der Energieverbraucher vorbei“. Die Regierung liefere „mit ihrer langen Liste von stockenden Maßnahmen eine desaströse Bilanz“. Die Grünen fordern unter anderem „ein verbindliches Energiespargesetz mit festen Zielvorgaben, mehr und unbürokratische Ausschreibungen für Energieeffizienz“, so Hajduk.
Die Bundesregierung verweist darauf, dass einige Programme erst im Jahr 2016 gestartet und damit in der Anlaufphase sind. Ein Sprecher des Heizungsbauerverbands ZVSHK bestätigt: „Das Programm muss erst bekannt werden und sich herumsprechen.“
Einen großen Teil der Minderausgaben, die in etablierten Programmen stecken, erklärt das aber nicht. In anderen Programmen zeigt sich außerdem, dass viele Energiesparmaßnahmen die Beteiligten schlicht überfordern. Die Ausschreibung von Energiesparmaßnahmen scheiterte laut dem Bericht unter anderem daran, dass viele Firmen nicht einmal ihren Verbrauch genau messen können. Diese „praktischen Herausforderungen“ führten dazu, dass in einer ersten Runde nur 18 Anträge eingereicht und drei bewilligt wurden.
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Umweltverbände rechnen mit Verfehlen der Klimaschutzziele
Die Konten des EKF laufen nun über. Ohnehin steigt das Budget 2017 auf 3,2 Milliarden Euro. Trotz der enormen Anlaufschwierigkeiten müssten sich die Ausgaben innerhalb eines Jahres also nahezu verdoppeln. Und dann wäre noch kein Euro der Rücklagen ausgegeben, die sich auch wegen der geringen Ausgaben 2016 auf weitere 1,8 Milliarden Euro summieren.
Der Investitionsstau macht es noch schwieriger, die Klimaziele der Bundesregierung für das Jahr 2020 zu erreichen. Bis dahin sollen die Emissionen in Deutschland um 40 Prozent im Vergleich zu 1990 sinken, auf 750 Millionen Tonnen Kohlendioxid pro Jahr. Allein die Förderprogramme zur Energieeffizienz sollen die Emissionen um 13 Millionen Tonnen pro Jahr niedriger ausfallen lassen – so konnte die Bundesregierung harte Entscheidungen, etwa das Aus für viele Kohlekraftwerke, vermeiden.
Umweltverbände wie Greenpeace und der BUND rechnen inzwischen damit, dass das 2020-Ziel um mindestens 45 Millionen Tonnen verfehlt wird – auch weil die Effizienzförderung zum Fehlschlag wird.
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