Hamburg. Karl Lagerfeld machte den Anfang, nun folgt Guido Maria Kretschmer. Für ein Versandhaus entwirft er Möbel. Das zahlt sich wohl aus.
Modemacher haben ein Gespür für Farben, für Stil und Trends – warum also sollten sie nicht auch einrichten und vielleicht sogar Möbel kreieren können? Beispiel: Karl Lagerfeld. Der bürgte zuletzt bei dem Projekt Sophienterrassen an der Außenalster mit seinem Namen dafür, dass das Interior-Design der von ihm gestalteten Bereiche – unter anderem der Empfang, die Lounge und das Restaurant – besondere Beachtung fand und andere Luxusprojekte in den Schatten stellte. Auf die Frage, wie er bei der Planung der Einrichtung vorgehen wolle, antwortete er lässig: „Ich mache es so, als wäre es für mich!“
Ein genialer Schachzug des Investors, der Frankonia AG, wie sich zeigte. Plötzlich verlieh das bis dato bei den Hamburgern teils umstrittene Bauvorhaben an der Alster der Hansestadt sogar einen Hauch internationaler Noblesse. Für Kunden hatte dies jedoch einen hohen Preis: Wer wie Lagerfeld wohnen wollte, musste 15.000 Euro pro Quadratmeter dafür zahlen.
Einrichtungslinie mit drei Ausrichtungen
Für einen ähnlichen Weg, wenngleich nicht mit dem Ziel, Kunden im Luxussegment anzusprechen, hat sich nun auch das Hamburger Versandhaus Otto entschieden: Es wirbt damit, dass Kultdesigner und „Shopping Queen“-Juror Guido Maria Kretschmer für das Unternehmen exklusiv eine eigene Einrichtungskollektion mit den drei Ausrichtungen „Naturals“, „Elegant“ und „Modern“ entworfen hat.
Guido Maria Kretschmers beste Sprüche
Die Zusammenarbeit mit GMK – unter diesem Kürzel wird der Designer vermarktet –, ist nicht neu. Sie wird vielmehr ausgebaut, denn das Bramfelder Unternehmen kann bereits auf eine umfassende GMK Home & Living Kollektion verweisen. Die umfasst von der Badezimmergarnitur über die Tischdecke bis hin zur Bettwäsche und Tapete alles, was man so zum Einrichten braucht. Einschließlich einer Schmuckschatulle für 70 Euro. Insgesamt sind es 209 Artikel, die bei der Eingabe von GMK auf otto.de aufgelistet werden.
Der Designer lässt verlautbaren, dass „all diese Möglichkeiten, Farbvielfalten, preislichen Variationen und die Zuverlässigkeit“ für ihn ausschlaggebend gewesen seien, die Kooperation mit Otto einzugehen. Für das Versandhaus scheint die Rechnung aufzugehen: „Schon mit der Home & Living Kollektion konnte bislang ein einzigartiges Online-Kauferlebnis geschaffen werden“, freut sich Michael Heller, Bereichsvorstand Categories und stellvertretender Sprecher des Unternehmens. Und er ergänzt: „Wir wollten einen Kreativen, der mit neuen Designs und Ideen zusätzliche Impulse liefert.“
Ein Hauch von Luxus fürs Zuhause
Guido Maria Kretschmer, so scheint es, fühlt sich in der Einrichtungswelt pudelwohl. Obwohl kein Innenarchitekt gibt er unter „Einrichten mit Guido“ auf otto.de Tipps, wie sich Kunden mediterran oder skandinavisch einrichten können. Er selbst, so verrät er, wohne am liebsten im „City-Look-Mix“. Gemeint ist damit die Kombination von „rauem Industrie-Charme, das Setzen auf Shabby Chic kombiniert mit persönlichen Accessoires, die man von der Oma geerbt hat oder die man aus dem Urlaub mitgenommen hat.“ Natürlich alles garniert mit entsprechenden Produkten, die otto.de anbietet.
Lagerfeld und Kretschmer reihen sich damit ein in eine Vielzahl von Topdesignern und Labels (Armani, Versace und Ralph Lauren), die ebenfalls die Bekanntheit ihres Markennamens nutzen, um Möbel, Wohnaccessoires und Heimtextilien zu verkaufen. Auch Modedesigner Wolfgang Joop zählt dazu. Längst wird unter dem Label Joop! nicht nur eine umfangreiche Home & Living Kollektion beworben, sondern auch Möbel für das Ess-, Schlaf- und Wohnzimmer. Die Strategie ist klar: Der Glamour, der mit dem Namen bekannter Designer einhergeht, soll auf die Produkte abfärben. Ein Hauch von Luxus fürs Zuhause.
Für Markus Frenzl, Professor für Designtheorie an der Hochschule für angewandte Wissenschaft in München, aber auch ein untrügliches Zeichen, „dass die Möbelbranche modischer und schnelllebiger geworden ist.“ Der Blick auf Entwürfe wie Polsterecke Juta (ab 950 Euro) aus der GMK-Kollektion zeigt indes: Das Rad ist damit nicht neu erfunden worden.