Berlin. Trotz drohenden Brexits und globaler Krisen: Familienunternehmen sind laut einer Ernst & Young-Umfrage mit den Geschäften zufrieden.

Die Geschäfte des deutschen Mittelstandes laufen so gut wie seit Jahren nicht mehr. Zu diesem Ergebnis kommt eine repräsentative Umfrage der Beratungsgesellschaft Ernst & Young (EY). Jedes zweite mittelständische Unternehmen ist demnach uneingeschränkt zufrieden mit der Auftragslage – das ist der höchste Wert seit 2004. Aber der Fachkräftemangel spitzt sich zu. Jeder zweite Mittelständler kann Aufträge nicht annehmen, weil ihm geeignete Fachkräfte fehlen.

Insgesamt dürfte sich der Schaden, der durch entgangene Umsätze entsteht, auf jährlich gut 49 Milliarden Euro belaufen. Die protektionistische Agenda des US-Präsidenten Donald Trump, das geplatzte Freihandelsabkommen TTIP und der drohende Brexit lassen den deutschen Mittelstand aber unbeeindruckt: 38 Prozent der 3000 befragten Unternehmen in Deutschland gehen davon aus, dass sich die Geschäftslage in den kommenden sechs Monaten weiter verbessern wird. Und fast jeder dritte Mittelständler will in nächster Zeit verstärkt investieren.

Hunger nach Mitarbeitern

Um die Auftragslage zu bewältigen, will ein Drittel künftig neue Jobs schaffen. Doch der Hunger nach neuen Mitarbeitern dürfte in Zukunft auch zum Problem werden. Größte Sorge der mittelständischen Unternehmen ist weiterhin der Fachkräftemangel. 78 Prozent geben an, es falle ihnen schwer, ausreichend qualifizierte Mitarbeiter zu finden. Besonders der Kraftfahrzeugbau und die Elektrotechnik berichten von Problemen, freie Stellen zu besetzen.

In diesen Branchen fällt es mehr als 80 Prozent der Unternehmen schwer, geeignete Mitarbeiter zu finden. „In manchen Regionen ist der Arbeitsmarkt leer gefegt“, sagt Peter Englisch, Leiter für den Bereich Familienunternehmen bei EY. Größere Unternehmen suchten daher zunehmend im Ausland nach Mitarbeitern.

Flüchtlinge machten Hoffnung

Im Wettbewerb um Experten sieht Englisch den Mittelstand im Nachteil: „Gerade kleinere Unternehmen in ländlicheren Regionen, deren Produkte in der breiten Bevölkerung wenig bekannt sind, werden es tendenziell immer schwerer haben, qualifizierte Mitarbeiter zu finden“, beobachtet der Experte.

Dabei machte der Zuzug Hunderttausender Flüchtlinge einst Hoffnung, dass die Lücke bald geschlossen werden könnte. Doch heute herrscht bei den Unternehmen in diesem Punkt Ernüchterung: Nur 45 Prozent der befragten Firmen sind überzeugt, dass die Integration der Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt dazu beitragen kann, den Fachkräftemangel zu beheben.

Hürden bei der Einstellung

Inzwischen beschäftigt jeder vierte Mittelständler Flüchtlinge. Noch bestehen Hürden bei deren Einstellung. So empfinden etwa 83 Prozent der Unternehmen mangelnde Deutschkenntnisse hinderlich. Für nahezu die Hälfte stellt die niedrige Qualifikation vieler Flüchtlinge ein Problem dar. 37 Prozent schrecken vor bürokratischem Aufwand zurück. Dieser Wert lag im Jahr zuvor noch bei 45 Prozent.

Unternehmensberater Englisch beobachtet, dass sich viele Mittelständler inzwischen intensiver mit der Thematik befassten. „Zudem sind die Arbeitsagentur und die Ausländerbehörden besser aufgestellt“, sagt Englisch. So habe etwa die Bundesagentur für Arbeit einen Arbeitgeberservice und eine Hotline eingerichtet, um bei notwendigen Genehmigungen für die Einstellung zu beraten.