Berlin. Einbrüche, Terroranschläge, Überfälle: Die Sicherheitsbranche profitiert von der Angst der Menschen und stellt neue Mitarbeiter ein.

Ob in Wohnungen oder Kellern – die Zahl der Einbrüche nimmt seit Jahren zu. Dazu wächst die Terrorgefahr durch Radikale. Vielen Menschen bereitet diese Situation vor allem Angst. Der Staat, Institutionen und Bürger verstärken ihre Vorsorgemaßnahmen. Von den zunehmenden Bedrohungen profitiert vor allem ein Gewerbe wirtschaftlich: die Sicherheitsbranche. Bei ihr lässt die neue Unsicherheit die Kassen klingeln.

Zwischen 2010 und 2015 wuchs der Branchenumsatz von Wach- und Sicherheitsdiensten um 37 Prozent auf 6,9 Milliarden Euro. Allein 2015 stieg der Umsatz der Sicherheitsdienste – insbesondere durch die zu bewachenden Flüchtlingsunterkünfte – um 14 Prozent. „Wir hatten 2015 einen Boom“, sagt Silke Wollmann vom Bundesverband der Sicherheitswirtschaft (BDSW). Zwar falle das Wachstum 2016 etwas geringer aus. Der Verband rechnet jedoch weiter mit einem Umsatzplus von zwei bis drei Prozent.

Gutes Personal ist schwer zu finden

Das starke Wachstum stellt aber auch die Unternehmen vor große Probleme: Es fehlt an genügend geeignetem Personal. Vom Objektschützer bis zum Sicherheitsmanager sucht die Branche laut BDSW bundesweit knapp 11.000 Mitarbeiter. Und gute Kräfte sind nicht leicht zu finden. „Für das Geld, das man im Sicherheitsgeschäft verdient, hat man in anderen Branchen bessere Arbeitsbedingungen“, berichtet Wollmann. Wachleute etwa müssten meistens zu Zeiten arbeiten, wenn andere freihaben.

Zudem ist die Bezahlung häufig schlecht. Aktuell droht die Gewerkschaft Verdi in Berlin und Brandenburg mit Streiks. Dort gebe es für Wachleute in der untersten Lohngruppe nur neun Euro pro Stunde. Viele machen die Arbeit nur aus der Not heraus, wenn sie keinen anderen Job finden. „Wenn es der Wirtschaft gut geht, sind in der Branche mehr Stellen unbesetzt“, sagt Wollmann.

Umsätze von Videoüberwachungssystemen steigen um 6,6 Prozent

Den Arbeitskräftemangel spürt auch der Sicherheitsdienst Securitas: Das schwedische Unternehmen ist in Deutschland mit Abstand die Nummer eins. 2015 setzte der deutsche Ableger der Sicherheitsfirma 720 Million Euro um, und wuchs damit um sieben Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Deutschlandweit beschäftigte das Unternehmen 19.500 Mitarbeiter. „Die vergangenen vier Jahre liefen wirtschaftlich sehr gut“, sagt Securitas-Sprecher Bernd Weiler. Doch auch der Branchenprimus findet schlicht nicht genug Mitarbeiter. „Wir könnten gut 2000 neue Kolleginnen und Kollegen einstellen“, sagt Weiler. Alleine im Großraum Berlin habe der Sicherheitsdienst Arbeit für mehr als 750 Beschäftigte zusätzlich.

Blick auf die Monitore: Viele Gebäude werden mit Hilfe von Kameras und Sicherheitsleuten überwacht und geschützt.
Blick auf die Monitore: Viele Gebäude werden mit Hilfe von Kameras und Sicherheitsleuten überwacht und geschützt. © iStockphoto | iStockphoto/PPAMPicture

Ähnlich geht es Unternehmen aus der Sicherheitstechnik. Wegen der positiven Entwicklung müssen sie zusätzliche Mitarbeiter einstellen, Personal aber ist rar: „Viele Firmen suchen händeringend Fachkräfte“, sagt Anke Sepp vom BHE Bundesverband Sicherheitstechnik. Denn das Geschäft mit Alarmanlagen und Überwachungskameras boomt. Nach Schätzungen des BHE stiegen 2016 die Umsätze von Videoüberwachungssystemen in Deutschland um 6,6 Prozent auf 504 Millionen Euro. Mit Alarmanlagen erwirtschafteten die Unternehmen 800 Millionen Euro, ein Plus von 8,8 Prozent zum Vorjahr. „Die Auftragslage in der Branche ist enorm“, berichtet Sepp: „Die Firmen sind teils auf Monate ausgebucht.“

Alarmanlagen werden staatlich gefördert

Als einen Grund nennt der Branchenverband BHE auch die steigenden Einbruchszahlen: Im Jahr 2015 registrierte die Polizei über 167.000 versuchte und vollendete Einbrüche – dies ist ein neuer Rekordwert und 50 Prozent mehr als noch 2008. „Die Bürger begreifen langsam, dass man sich vor Einbrüchen schützen muss“, sagt Sepp.

Für zusätzliche Aufträge sorgen auch Hilfen aus der Staatskasse. Seit 2015 fördert die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) den Einbruchschutz. Für den Einbau von Alarmanlagen oder einbruchshemmenden Haustüren standen 2015 und 2016 jährlich zehn Millionen Euro zur Verfügung. Im vergangenen Jahr war der Fördertopf dafür schon im September aufgebraucht. „Die KfW-Förderung stößt auf großes Interesse“, sagt Sepp. Für 2017 wurde er vom Bund daher auf 50 Millionen Euro verfünffacht.

Politische Neuregelung sorgt für weitere Einnahmen

Einen weiteren Schub erwartet die Branche durch die derzeit diskutierte Ausweitung der Videoüberwachung auf Plätzen. „Die öffentliche Hand wird stärker nachfragen“, schätzt Urban Brauer, Geschäftsführer des BHE. „Die Aufträge werden deutlich zunehmen, sicher zweistellig, um 10, 15 oder 20 Prozent.“ Ein Ende des Booms ist somit nicht in Sicht.