Hamburg . Lieferdienste wie Deliveroo oder Foodora wachsen kräftig. Der Gaststättenverband warnt aber: Die Anbieter könnten zu mächtig werden.

An der Ampel sieht man sie, an der Haustür und am Restaurant-Tresen – die Fahrradkuriere der neuen Essenslieferdienste. Ihre würfelförmigen Rucksäcke und ihre Outfits in knalligen Farben prägen mehr und mehr das Straßenbild in Deutschlands Großstädten. Sie bringen per App bestelltes Essen von Restaurants zu Kunden, im Auftrag der beiden großen Anbieter in Deutschland: Foodora – pinke Kleidung – und Deliveroo – hellblaue Kleidung.

Das Geschäftsmodell der beiden Bringdienste: die gesamte Bestell-Logistik für Restaurants übernehmen. Das geht von der digitalen Speisekarte über den Auftragseingang per App bis zur Auslieferung innerhalb von 30 Minuten, so das Versprechen. Dafür berechnen die Dienste pro ausgeliefertem Gericht eine Provision. Nach Angaben aus verschiedenen Restaurants liegt sie bei 30 Prozent.

Wachstum der Lieferdienste befördert auch Sorgen

Bislang scheint das Konzept aufzugehen: Foodora verdoppelte nach eigenen Angaben das Auftragsvolumen zwischen April 2015 und April 2016 alle zwei Monate. Der Service startete vor gut zwei Jahren und hat rund 2200 Restaurants in 19 deutschen Städten im Portfolio.

Der in Großbritannien gegründete Konkurrent Deliveroo ging im April 2015 an den Start und arbeitet in Deutschland mit mehr als 2000 Restaurants in sechs Städten zusammen. Nach Unternehmensangaben steigt die Zahl der Bestellungen um 20 Prozent pro Monat. Und die Rechnung geht auch für viele Gastronomen auf. „Viele Restaurants erhöhen ihren Umsatz durch uns um 20 bis 30 Prozent“, sagt Deliveroo-Geschäftsführer Felix Chrobog.

Eine Situation, von der alle profitieren, könnte man meinen: Faule Hungrige, die ihr Essen an die Haustür gebracht bekommen, Restaurants, die neue Zielgruppen erschließen, ohne sich den Stress mit der eigenen Lieferflotte anzutun, und die jungen Start-ups. Doch das Wachstum der Lieferdienste befördert auch Sorgen. „Was nicht passieren darf, ist, dass die Gastronomen in eine Abhängigkeit von Lieferdiensten geraten“, mahnt Christopher Lück vom Gaststättenverband Dehoga.

Gastronome sollen Lieferdienst-Option kritisch überprüfen

Dass das Online-offline-Machtverhältnis kippen kann, wissen zum Beispiel Hoteliers. Deren Buchungen laufen mittlerweile zu einem großen Teil über Portale wie booking.com, hotel.de oder hrs.de. Und diese versuchen Medienberichten zufolge, Hotels vorzuschreiben, besonders günstige Zimmerpreise auf ihren Websites anzubieten.

Foodora-Mitgründer Emanuel Pallua beschwichtigt. Die Gastronomen werden seiner Ansicht nach auch in Zukunft nicht auf die Online-Lieferdienste angewiesen sein und könnten abspringen, falls die Konditionen schlechter würden. „Es ist ja nicht so, dass ein Restaurant dann komplett ohne Geschäft dasteht. Es steht dann eben ohne Lieferservice da.“

Deliveroo-Chef Felix Chrobog sagt: „Der Plan ist definitiv nicht, die Provision hochzutreiben, wenn wir einmal Marktführer sind. Wir sind natürlich auch auf die Restaurants angewiesen.“ Und deren Zulauf verstärke sich teils sogar, weil sie durch die Bringdienste bekannter würden. Gastronomen sollten trotzdem genau prüfen, ob so ein Lieferservice das Richtige für sie sei, mahnt Dehoga-Sprecher Lück.