Berlin. Bei Vattenfall hat er den Atomausstieg gemanagt und die Braunkohle verkauft. Jetzt wird Stefan Dohler Finanzvorstand in Stockholm.

Den ersten Schneesturm hat Stefan Dohler bereits hinter sich. Dabei ist das Wetterphänomen für Stockholm, dem neuen Arbeitsort des Vattenfall-Managers, eher untypisch so früh im Jahr. Er hat die etwa 70 Zentimeter Schnee in den Straßen pragmatisch gesehen, wie vieles in den 18 Jahren im Konzern. Bei Vattenfall ist der Hamburger, der an diesem Donnerstag den Posten des Finanzvorstands in der schwedischen Zentrale übernimmt, so etwas wie der Mann für die eher schweren Fälle.

Er selbst sieht das nicht so. Wenn er über seine Arbeit spricht, klingt es eher völlig normal, dass er unter anderem mit dem Verkauf der Stromnetze in Hamburg, den Folgen des Atomausstiegs und zuletzt dem Abschied von der Braunkohle zu tun hatte. „Ich bin da so reingewachsen“, sagt Dohler.

In die Finanzvorstandsrolle „so reingerutscht“

Angefangen hat er 1998 bei den Hamburgischen Electricitätswerken (HEW). Und konnte sich dann zwei Jahre später mit der größten Firmenintegration der deutschen Energiegeschichte beschäftigen. Vattenfall hatte damals HEW, den Berliner Stromversorger Bewag, den Stromkonzern Veag und die Braunkohleförderung der Laubag in Ostdeutschland gekauft und wurde zur Nummer drei im deutschen Markt.

Über die Jahre war Dohler dann immer mal wieder damit beschäftigt, einzelne Teile zu verkaufen, da war er schon in den Posten des Finanzvorstands der Konzerngesellschaft für Deutschland und Polen „so reingerutscht“, wie er sagt. Er war Chef der Stromnetze, zuständig für die Erzeugung und Großhandel.

Zuletzt verhandelte er den Verkauf des Braunkohlegeschäfts in der Lausitz an ein tschechisches Konsortium. Und am Konzept, mit dem die Energiekonzerne die Kosten der Atommülllagerung an den Bund übergeben, war er auch beteiligt. Immer pragmatisch, immer geräuschlos nach außen.

Teils drastische Abschreibungen auf Anlagen

Jetzt also Konzern-Finanzvorstand. Die größte Herausforderung im neuen Job? „Erst einmal einen Überblick über das Ganze verschaffen“, sagt Dohler. Wobei er sich bereits wegen der bisherigen Arbeit recht gut in den Tiefen des Konzerns auskennt.

Schwieriger wird da schon, „für mich selber, beide Seiten in den Griff zu bekommen“: die konventionelle mit den klassischen Kraftwerken und dem Stromhandel und die neue Seite, das Geschäft mit den Erneuerbaren Energien und dezentraler Stromversorgung. Beim konventionellen Geschäft geht es darum, „noch etwas besser zu werden“, beim anderen um klares schnelles Wachstum.

Beides gestaltet Dohler als Herr der Zahlen künftig mit. Vor allem mit der Frage: „Können wir uns das leisten?“ Denn die Ressourcen sind begrenzt. In der Vergangenheit musste Vattenfall den Wert, den der Konzern für seine Anlagen in den Büchern stehen hat, teils drastisch verringern. Es gibt wegen des Booms bei Erneuerbaren Energien ein Überangebot von Strom im Markt, entsprechend niedrig sind die Preise – da rechnet sich manche Anlage nicht.

„Wir haben unsere Bilanz mittlerweile ganz gut im Griff“

Nach neun Monaten ist deshalb ein Verlust von umgerechnet 2,2 Milliarden Euro aufgelaufen, unter anderem auch, weil der Verkauf der Braunkohle das Unternehmen Geld gekostet hat. „Wir haben in den vergangenen drei Jahren keine Dividende gezahlt.“, sagt Dohler.

Luft nach oben also gibt es. Immerhin sieht er den Konzern gut aufgestellt: „Wir haben unsere Bilanz mit den Wertberichtigungen mittlerweile ganz gut im Griff und einen gesunden Cash-Flow in unserem Kerngeschäft, der uns für die Zukunft Flexibilität gibt “, glaubt er.

2017 wird also wohl besser laufen, auch wenn das Umfeld schwierig bleibt. Denn auch die anderen deutschen Konzerne wie Eon und die RWE-Tochter Innogy wollen bei erneuerbaren Energien wachsen, gehen ähnlich vor wie Vattenfall – und sind ebenfalls europaweit unterwegs. Gerade hat Vattenfall den Zuschlag für den Bau des Windparks Kriegers Flak in der Ostsee bekommen, das größte Offshore-Projekt Dänemarks, Auftragsvolumen 1,3 Milliarden Euro.

Kriegers Flak: Konkurrenz im Preis unterboten

Der Konzern hat die Konkurrenz mit einem Preis von 49,90 Euro je Megawattstunde unterboten, der günstigste weltweit überhaupt gebotene Abgabepreis. „Ein Preis den viele bemerkenswert finden“, sagt Dohler nüchtern, „wir aber für gut darstellbar halten, auch zu einer vernünftigen Rendite.“

Dohler arbeitet jetzt von Stockholm aus, wird wie bisher auch viel herumreisen, aber zunächst in Hamburg wohnen bleiben. „Beides zu haben, in der Woche Stockholm und am Wochenende Hamburg, ist auch schön.“