Köln. Mit Telematik-Tarifen sollen Kunden bei ihrer Kfz-Versicherung Geld sparen. Doch Verbraucherschützer warnen vor den Datensammlern.

Sachte anfahren, sich an die Geschwindigkeitsbegrenzung halten und rechtzeitig vor einer roten Ampel vom Gas gehen: Wer so fährt, dem winken bei vielen Kfz-Versicherern günstige Policen. „Telematik-Tarif“ nennen die Versicherungen das neue Angebot. Versicherer – wie die Allianz oder VHV – passen mit den Tarifen die Policen an das Verhalten der Kunden an.

Die Allianz gewinnt mit ihrem Tarif laut eigener Aussage mittlerweile wöchentlich 800 Neukunden hinzu – das sind 13.066 Verträge seit Mai 2016. Verhält sich der Kunde im Verkehr umsichtig, versprechen sie Vergünstigungen. Laut einer aktuellen Forsa-Umfrage sind 47 Prozent der Autofahrer bereit, für eine günstigere Versicherungsprämie ihre Fahr- und Fahrzeugdaten zur Verfügung zu stellen.

Anbieter locken mit bis zu 40 Prozent Ermäßigung

Vor allem Frauen finden die finanziellen Vorteile gut. 52 Prozent der Autofahrerinnen sind „eher“ oder „auf jeden Fall“ bereit, ihre Fahrdaten zur Verfügung zu stellen. Bei den Männern sind es 43 Prozent.

Doch Datenschützer befürchten eine Benimmpolizei im Gewand des Versicherers. Denn um zu kontrollieren, wer auch wirklich anständig fährt, müssen die Versicherer Daten sammeln. Dazu muss sich der Fahrer beispielsweise eine Box in den Motorraum einbauen lassen, die dann über die Stromversorgung des Autos betrieben wird.

App für das Smartphone

Es gibt aber auch weniger aufwändige Möglichkeiten: zum Beispiel einen Stecker für den Zigarettenanzünder oder eine App für das Smartphone. Die Datensammler messen, wie häufig und wie stark der Fahrer bremst, wie er beschleunigt und Kurven nimmt. Wer ständig beschleunigt und dann rapide bremst, wird tendenziell als „unsicherer Fahrer“ bewertet.

Vor allem Fahranfänger gehören zu der Zielgruppe der Versicherungen. Gerade sie haben häufig teure Policen. Wer nun nachweisen kann, dass er trotz wenig Erfahrung ruhig und besonnen fährt, kann Geld sparen. Bei manchen Anbietern gibt es Ermäßigungen von bis zu 40 Prozent. Aber nicht von Anfang an, sondern erst nachdem der Fahrer bewiesen hat, dass er auch vernünftig fährt. Allerdings eignen sich die Telematik-Tarife nicht für jeden. Eine „Black Box“ kostet monatliche Gebühren.

Datenweitergabe gegen einen kleinen Vorteil bei der Prämie?

Ob diese mit den vergünstigten Tarifen wieder reingeholt werden, ist nicht sicher. Auch weil die Ermäßigungen nicht garantiert sind. Markus Heyen, der sich bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG mit dem Thema Telematik befasst, glaubt deshalb, dass die Angebote auch zukünftig nur eine Ergänzung für klassische Tarife bleiben werden: „Letztendlich dürfte sich das Angebot vor allem für Fahrer unter 25 Jahren lohnen.“

„In Deutschland ist man auch aus Gründen des Datenschutzes eher konservativ“, sagt René Schoenauer von Guidewire, einer Software-Firma für die Digitalisierung von Versicherungen. Es gehe darum, diesbezüglich Vertrauen bei den Versicherungsnehmern aufzubauen, sagt Schoenauer. Regelmäßig wenden Kritiker ein, man würde den Menschen gläsern machen. Ähnlich wie Schoenhauer argumentiert auch der Sprecher der Datenschutzbeauftragten des Landes Nordrhein-Westfalen.

Die rechtliche Voraussetzung sei, dass die Tarife transparent seien, und es müsse zwei Datenkreise geben. Das heißt, nicht der Versicherer, sondern ein Drittanbieter bekommt das Fahrverhalten des Kunden übermittelt und errechnet daraus einen Wert, den der Versicherer bekommt, um daraus wiederum eine Prämie zu berechnen. „Versicherer dürfen die genauen Fahrdaten nicht bekommen“, sagt der Sprecher. Zudem müssten sich Kunden gut informieren und abschätzen, ob die Datenweitergabe den kleinen Prämien-Vorteil wert ist.