New York. Airbnb gilt neben dem Fahrdienst Uber als Senkrechtstarter der Sharing Economy. Doch jetzt droht der Firma eine echte Bewährungsprobe.

Drei geräumige Schlafzimmer mit Küche, TV und Internet in Harlem. Subway-Anbindung 1a, 1600 Dollar für sechs Tage, Kosten geteilt durch drei – während der Generalversammlungswoche der Vereinten Nationen müssen Journalisten mit der extrafeinen Lupe nach solchen Angeboten suchen, um sich im teuren Manhattan zu betten.

Der junge Israeli, den der Autor dieses Artikels im September über das Vermietungsportal Airbnb als Hauswart erreichte, tat bei der Schlüsselübergabe jedoch das, was die meisten Anbieter in New York tun: „Falls Sie im Treppenhaus gefragt werden, sagen Sie bitte, wir wären Freunde.“

Airbnb in New York verboten

Seit fast sechs Jahren ist das boomende Geschäft mit dem gerade unter Touristen beliebten Leihwohnraum in der Metropole verboten. Sofern die Airbnb-Vermietung weniger als 30 Tage beträgt und der Vermieter nicht selbst anwesend ist.

Trotzdem ist New York mit rund 40.000 Inseraten und einer Milliarde Dollar Umsatz im vergangenen Jahr der größte Einzelmarkt von Airbnb gewesen, das von seinen Kunden einen Teil der Miete als Provision kassiert. Weil die Proteste im „Big Apple“ nicht abreißen, Lokalpolitiker die lukrative Verknappung des kostbaren Wohnraums nicht länger hinnehmen wollen, hat Gouverneur Andrew Cuomo jetzt per Gesetz durchgegriffen.

Hohe Strafen gegen Verstöße

Wer auf Portalen wie Airbnb Zimmer und Wohnungen für weniger als sechs Wochen anbietet, kann mit Geldbußen von bis zu 7500 Dollar bestraft werden. Die Maßnahme ist das bisher schwerste Geschütz gegen den 2008 von drei Studenten in San Francisco gegründeten Konzern, der von Analysten mittlerweile auf 30 Milliarden Dollar taxiert wird.

Sollte das Gesetz Bestand haben und Schule machen, wäre das Geschäftsmodell des Unternehmens ernsthaft bedroht. Denn auch in anderen Metropol-Regionen – etwa San Francisco, Amsterdam, Paris und Berlin – liegt das in San Francisco beheimatete Unternehmen nicht selten mit den Behörden im Clinch.

Airbnb-Chef wehrt sich gegen Vorwürfe

Der Kernvorwurf: Airbnb verwandele vorher intakte Wohngebiete in hektische Rein-raus-Touri-Spots und ermögliche zulasten der traditionellen Beherbergungsbranche illegalen Hotelbetrieb, bei dem Steuern unterschlagen würden.

Airbnb-Boss Brian Chesky (35) sieht das komplett anders. Er singt das hohe Lied auf „vibrierende Nachbarschaften“, Wohnen mit „Familienanschluss“ und das Zubrot, das sich Otto Normalmieter und -besitzer verdienen könnten. Er hat darum umgehend seine Topanwälte losgeschickt, um den Stolperstein aus dem Weg zu räumen. Aussichten: noch unübersichtlich.

Selbst am Gründungsort der Firma gibt es Gegenwind

In New York, wo die Hotelpreise die Urlaubskasse eines Durchschnittseuropäers extrem belasten, hatten Cheskys Strategen vorher angeboten, Immobilienbesitzer zu registrieren, um geltendes Recht zu schützen und schwarze Schafe zu identifizieren. Bereits im Juli seien so über 2000 Anbieter geblockt worden.

Die Stadtoberen winkten ab – zu spät, zu wenig, zu lasch. Inzwischen sind die Fronten verhärtet. Airbnb hat Generalstaatsanwalt Eric Schneiderman und Bürgermeister Bill de Blasio verklagt. Man stützt sich, typisch amerikanisch, auf das schier grenzenlose Recht auf freie Meinungsäußerung. Tenor: Airbnb bietet nur den digitalen Rummelplatz an, auf dem sich Wohnungsinhaber tummeln. Ob sie das im Einklang mit dem Gesetz tun oder nicht, sei allein deren Verantwortung.

100 Millionen vermittelte Übernachtungen

Airbnb gibt sich selbstbewusst, weil es hinter dem Fahrdienst Uber als der Posterboy der Sharing Economy wahrgenommen wird. 100 Millionen vermittelte Übernachtungen sprächen für sich, sagen Anhänger.

Aber selbst am Geburtsort San Francisco ist der Lack der Firma, die das Reisen neu erfunden haben will, ab. Dort hat die Stadtverwaltung verfügt, dass Vermieter sich erst bei der Stadt offiziell anmelden müssen (und dadurch besteuerbar werden), bevor sie auf Airbnb ihre Wohnungen und Häuser digital inserieren.

Airbnb gibt es überall – fast

Auch hier hat das Unternehmen den Rechtsweg eingeschlagen. Eine Entscheidung könnte in wenigen Wochen ergehen. Zusammen mit den Schwierigkeiten in New York droht der nur in Nordkorea, Syrien und Iran nicht vertretenen Firma acht Jahre nach Gründung eine ernste Bewährungsprobe.

Eine simple Tatsache spielt dabei die Hauptrolle. Airbnb führt nach eigenen Angaben in knapp 200 Städten und Gebieten Steuern ab. Repräsentiert ist man aber an weltweit über 34.000 Orten.