Berlin. Die Brennelementesteuer läuft Ende 2016 aus. Die Regierung ist sich uneins über Verlängerung bis 2022. Den Staat kostet das viel Geld.

2010 war sie gedacht als zusätzliche Abgabe im Gegenzug für die längeren Laufzeiten der Atomkraftwerke. Und sie blieb, trotz des vorzeitigen Atomausstiegs und des Protests der Atomkonzerne. Nun läuft sie aus: Die Steuer auf Brennelemente für Atomkraftwerke wird nur noch bis Ende dieses Jahres erhoben. Doch die schwarz-rote Bundesregierung könnte sie verlängern. Tut sie das nicht, entgehen dem Staat Milliardeneinnahmen, wie aus einer Studie des Forums Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) hervorgeht. Den Berechnungen des Instituts zufolge würden zwischen 2017 und 2022 zwischen 3,9 und 5,8 Milliarden Euro zusätzlich für den Bundeshaushalt herausspringen.

Die Studie beruft sich bei der Kalkulation auf Erfahrungswerte aus den Jahren 2011 bis 2015, darunter die produzierte Strommenge und den durchschnittlichen Steuersatz pro Kilowattstunde. Die Bandbreite der Schätzung ergibt sich aus der Schwankung, der der Steuerertrag unterlag. Der Betrag sinkt über die Jahre, weil die Anlagen nach und nach abgeschaltet werden. 2017 wären bis zu rund 1,2 Milliarden Euro an Einnahmen möglich, 2022 noch knapp 500 Millionen Euro.

Acht Atomkraftwerke in Betrieb

Noch laufen acht Atomkraftwerke, Betreiber sind Eon, RWE und EnBW. Denen würden Milliarden fehlen, wenn der Bund die Steuer verlängert. Die Experten rechnen mit 2,9 bis 4,4 Milliarden Euro. Dass die Summe niedriger ist als die Einnahmen des Staates, hat mit Steuereffekten zu tun. Die Unternehmen haben derzeit ohnehin Probleme, die Energiewende zu meistern, die Verlängerung der Steuer würde sie zusätzlich belasten.

In der FÖS-Studie heißt es, die Atommeiler erwirtschafteten bei Erhebung der Steuer Gewinne erst ab einem Strompreis von drei Cent pro Kilowattstunde. Derzeit liegt der Strompreis im Großhandel niedriger.

Ökostrom-Branche empört über Auslaufen der Steuer

Das FÖS gilt trotz seiner Nähe zu Atomkritikern als kompetente Quelle. Auftraggeber der Studie ist das Ökostrom-Unternehmen Naturstrom. Dessen Chef Thomas Banning ist empört, dass die Sondersteuer zum Jahresende auslaufen könnte. „Steuerfrei Atommüll produzieren, dessen Lagerung künftige Generationen auf Jahrtausende beschäftigen wird – das geht nicht“, sagt er. Die zusätzlichen Milliardengewinne seien geradezu eine Ermutigung, den Atomausstieg hinauszuzögern, befürchtet Banning. Derzeit geht das letzte Atomkraftwerk bis 2022 vom Netz.

Die Steuer wird auf Brennelemente aus Uran oder Uran-Plutonium-Gemisch erhoben, die im Atomkraftwerk eingesetzt werden und die Energie liefern. Die Steuer beträgt 145 Euro pro Gramm Brennstoff.

Thema ist in der Koalition umstritten

In Berlin ist das Thema umstritten. Linke und Grüne sind für eine Verlängerung. Auch die SPD plädiert in Teilen dafür, die Atomsondersteuer bis zum Ende der Laufzeit der Atomkraftwerke beizubehalten. Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) hat sich mehrfach dafür ausgesprochen. Formell ist das Thema allerdings dem Finanzministerium zugeordnet – und das sei der „Badischen Zeitung“ zufolge dagegen, ebenso wie Energieexperten aus der Unionsfraktion.

Möglicherweise wird die umstrittene Steuer in einem Gesamtpaket zum Atomausstieg verhandelt. Denn die genaue Gesetzgebung zur Verantwortung für den Atommüll steht noch aus. Nach einem Kabinettsbeschluss sollen die Atomkraftwerksbetreiber die Verantwortung für die Endlagerung des Atommülls an den Staat abgeben dürfen, dafür ist aber eine Sonderzahlung fällig. Einzelheiten stehen noch aus.

Einzelheiten sind ungeklärt

Zudem wird mit der Verlängerung der Steuer wohl mindestens abgewartet, bis das Bundesverfassungsgericht über ihre Rechtmäßigkeit entschieden hat. Ein Urteil wird noch für dieses Jahr erwartet, möglicherweise schon in den kommenden Wochen. Die Atomkraftwerksbetreiber hatten gegen die Steuer geklagt, sie sehen darin einen unzulässigen Eingriff in ihr Eigentum.