Berlin . Sicherheitslücke bei Millionen Autos – vor allem bei VW. Was das für Autofahrer bedeutet und welche Pflichten die Hersteller haben.

Die Nachricht dürfte viele Autofahrer verunsichern: Rund 100 Millionen Autos sind offenbar von einer erheblichen Sicherheitslücke betroffen. Forscher aus Bochum und Birmingham haben die Codes von Funkschlüsseln zahlreicher Autohersteller geknackt, wie NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung berichten. Insgesamt seien 15 Automarken betroffen. Vor allem Modelle von Volkswagen. Doch was bedeutet das für Autofahrer? Und welche Pflichten haben Autohersteller? Wichtige Fragen und Antworten im Überblick:

Welche Autohersteller und Modelle sind betroffen?

Die Wissenschaftler haben dem Bericht zufolge die Verschlüsselung von Funkfernbedienungen für Autos von insgesamt 15 Herstellern mit einem selbstentwickelten Funksender abgefangen und reproduziert. Ihnen sei es gelungen, die Autos daraufhin per Knopfdruck zu öffnen. Betroffen sollen vor allem Fahrzeuge von VW und den Konzern-Töchtern Audi, Seat und Skoda sein, aber auch Hersteller wie Opel, Ford und Fiat. Gefährdet sind demnach vor allem ältere Fahrzeuge ab Baujahr 1995. Bei neueren Modellen ab 2014 besteht die Sicherheitslücke offenbar nicht. Folgende Modelle der Volkswagen AG werden als gefährdet aufgelistet:

Audi: A1, Q3, S3, TT, R8.

VW: Amarok, Beetle, Bora, Caddy, Crafter, Eos, Fox, Golf 4, Golf 5, Golf 6, Golf Plus, Jetta, Lupo, Passat, Polo, Transporter T4, Transporter T5, Scirocco, Sharan, Tiguan, Touran, Up/e-Up.

Seat: Alhambra, Altea, Arosa, Cordoba, Ibiza, Leon, MII, Toledo.

Škoda: City Go, Roomster, Fabia 1, Fabia 2, Octavia, SuperB, Yeti.

Was können Autofahrer tun?

Nicht viel, meint der Allgemeine Deutsche Automobilclub (ADAC). „Das Knacken des Funksignals lässt sich nur vermeiden, wenn der Fahrer sein Auto manuell auf- und zuschließt“, sagte Burkhard Böttcher, Fachreferent für Fahrzeugtechnik beim ADAC, unserer Redaktion. Doch auch das nütze nichts, wenn Kriminelle bereits über den Code des Fahrzeugtyps verfügten: „Den Forschern ist es anscheinend gelungen, den sogenannten Mastercode zu knacken.“ Über diesen hätten Hacker quasi einen Universalschlüssel in der Hand.

Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass Kriminelle die Methode anwenden?

Laut ADAC ist das Risiko, dass Kriminelle an den Code eines Funk-Autoschlüssels gelangen, gering. „Um die Codes abzufangen, braucht der Hacker ein Analyseverfahren und muss die Daten decodieren“, so Fahrzeugtechnik-Experte Böttcher. „Ein Laie kann das in der Regel nicht.“ Auch bedeute das Knacken des Codes nur, dass das Fahrzeug geöffnet und wieder geschlossen werden könne. „Wegfahren können Diebe mit dem Auto nicht automatisch.“ Auch Volkswagen betonte am Donnerstag in einer Mitteilung, dass der Fahrzeugdiebstahl auf diese Weise nicht möglich sei.

Welche Pflichten haben Autohersteller?

Seit 2011 gilt für Autohersteller eine Norm zur „Sicherheit gegen unbefugte Benutzung“ (UN/ECE-R116). Hierin sind unter anderem die Verschlüsselungsbedingungen für Fernbedienungen festgelegt. Diese müssen demnach mindestens 50.000 Codes umfassen. Doch das geht dem ADAC nicht weit genug. „Wenn Autos immer mehr zu fahrenden Computern werden, müssen für die Hersteller die gleichen Sicherheitsregeln gegen Manipulation und illegalen Zugriff gelten, die in anderen IT-Bereichen längst Standard sind“, sagt Böttcher. Der Club fordert, dass die Einhaltung von Sicherheitsstandards von einer unabhängigen Stelle bestätigt und zertifiziert wird. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), das unter anderem auch eine Abteilung für Krypto-Technologie hat, ist bisher nicht für den Bereich Auto zuständig.

Kommt die Versicherung für ein gestohlenes Auto auf, wenn Kriminelle den Code des Funkschlüssels knacken?

Knacken Kriminelle den Code des Autoschlüssels und können den Wagen öffnen, finden sich daran keine typischen Einbruch- oder Diebstahlspuren. „Auf den Versicherungsschutz hat das jedoch keine Auswirkungen“, wie der Gesamtverband der Deutschen Versicherer (GDV) mitteilte. Werde ein Auto gestohlen – unabhängig davon, wie es geknackt wurde –, springe die Voll- beziehungsweise Teilkaskoversicherung ein. „Sollte das gestohlene Auto wiedergefunden werden, kann der Diebstahl in einigen Fällen über die verbauten Steuergeräte rasch rekonstruiert werden.“

Versichert über die Teilkasko sei zudem auch der Diebstahl von fest installierten Navigationssystemen oder anderen verbauten Geräten aus dem geknackten Fahrzeug. Auch Zubehör, das ausschließlich dem Gebrauch des Fahrzeuges dient, ist versichert. „Das mobile Navi oder ein Handy werden nicht ersetzt“, so der GDV.