Washington. 47 Milliarden Dollar sind ihm nicht genug: Monsanto-Chef Hugh Grant sträubt sich gegen das Übernahmeangebot des Bayer-Konzerns. Noch.

Hugh Grant weiß, wie es ist, wenn die Saat nicht aufgeht, die man ausgebracht hat. Vor einem Jahr flog der zuletzt mit 12 Millionen Dollar Jahresgehalt entlohnte Chef des amerikanischen Agro-Chemie-Konzerns Monsanto nach Basel. Der in Schottland geborene Manager wollte die Übernahme des Schweizer Konkurrenten Syngenta unter Dacht und Fach bringen. Er holte sich mit seinem 47-Milliarden-Dollar-Angebot eine Abfuhr ab. Michel Demaré, der CEO von Sygenta, empfand sein Unternehmen signifikant „unterbewertet“. Die Formulierung („undervalued“) hat sich der 58-jährige Grant, der weder verwandt noch bekannt ist mit dem gleichnamigen britischen Hollywood-Schauspieler aus „Vier Hochzeiten und ein Todesfall, gemerkt.

Monsantos vorläufiger Ablehnungsbescheid an die Adresse des kauflustigen deutschen Chemiekonzerns Bayer trägt exakt die gleiche Handschrift. Heißt übersetzt: Monsanto will entschieden mehr Geld aus Leverkusen, wo man sich die Übernahme des knapp 110 Jahre alten Traditionsunternehmens aus St.Louis/Missouri zuletzt 122 Dollar je Aktie – sprich insgesamt 62 Milliarden Dollar – kosten lassen wollte. Was Grant vorschwebt, sagt der medienscheue Glatzkopf nicht. Spekulationen von bis zu 150 Dollar je Anteilsschein werden im Umfeld des auf dem Feld genveränderten Saatguts auch als „Mutanto“ titulierten Unternehmens aber nicht dementiert.

Grant ist seit 1981 bei Monsanto

Sollte der Riese vom Rhein nennenswert draufsatteln, wäre Grants Karriere bei Monsanto nach über 30 Jahren wohl vorbei. Zum ersten Mal stünde der gläubige Evangelist, der seit 2003 die Geschäfte in St. Louis führt, nicht mehr im Dauerfeuer der Kritik, die in Monsanto die Wurzel all dessen sieht, was in den Ackerfurchen dieser Welt schiefläuft.

Umstrittener Unkrautvernichter: Monsantos „Roundup“ wirkt vor allem durch Glyphosat, über dessen Neuzulassung in der Europa gerade heftig gestritten wird.
Umstrittener Unkrautvernichter: Monsantos „Roundup“ wirkt vor allem durch Glyphosat, über dessen Neuzulassung in der Europa gerade heftig gestritten wird. © imago/Steinach | imago stock&people

Grant hat sich dagegen früh einen Panzer aus Leutseligkeit zugelegt. Nach dem Studium der Agrarwissenschaften und der Molekularbiologie an den heimischen Universitäten von Glasgow und Edinburgh und einem Ökonomie-Intermezzo in England trat der aus dem einst schwerindustriellen Larkhall stammende Grant schon 1981 in die Dienste von Monsanto ein. Mit dem Allradwagen düste der junge Verkäufer damals über die Lande und warb bei den Landwirten für den Einsatz des hauseigenen Unkrautvernichtungsmittels „Roundup“, das gerade wegen seines Hauptbestandteils Glyphosat die europäische Landwirtschaftspolitik auf Trab hält.

In den raren Interviews, die er seit Antritt auf der Führungsebene von Monsanto gab, warf Grant seinen Kritikern in Politik und Gesellschaft mit sympathisch rumpelndem Schotten-Akzent elitäre Verblendung vor. Sein Credo: Angesichts von bald neun Milliarden Erdbewohnern und unveränderter Anbaufläche sei die Menschheit gezwungen, sich zügig kluge Gedanken über eine bessere Auslastung der Böden, sprich: optimierte Ernten, zu machen. Hier sieht Grant seine Firma an vorderster Front. Der Wohltäter, nicht der Bösewicht. Dass „Roundup“ Krebs erzeugen kann, wie Studien nahelegen, streitet Grant kategorisch ab. Und den oft an ihn gerichteten Appell – „Denken Sie an kommenden Generationen“ – gibt er mit dem Hinweis zurück, er habe drei Kinder und tue schon darum alles, um ihnen eine möglichst gesunde Umwelt zu hinterlassen.

Tausende Entlassungen geplant

Unter Grant hat sich Monsanto früh auf Soja, Baumwolle, Mais und Weizen konzentriert und ist damit lange gut gefahren. Die Umsätze stiegen, der Aktienkurs ebenso. Dann kam der Deal mit Syngenta, der nicht aufging. Patentstreitigkeiten mit Landwirten, die Monsanto-Saatgut quasi kopieren, aussäen, ohne dafür Lizenzgebühren zu zahlen, haben dem Konzern ebenfalls nicht gutgetan. Im Geschäftsjahr 2015 machte Monsanto bei einem Umsatz von 15 Milliarden Dollar noch einen Gewinn von 2,3 Milliarden. Der starke Dollar und allgemeine Preisverfall bei Saatgütern haben die Aussichten für dieses Jahres verschattet. Die Belegschaft (knapp 22.000) soll um eine vierstellige Zahl verkleinert werden. Die Alleinstellung, die Hugh Grant nach dem geplatzten Geschäft mit den Schweizern noch beschwor und als wirtschaftlich tragfähig beschrieb, kommt ins Wanken.

Dabei hatte der Sohn eines Textilfabrikarbeiters mit Monsanto noch viel vor. „Bauern treffen zwischen Aussaat und Ernte 40 Entscheidungen“, pflegt Grant zu sagen. An diesen Entscheidungen mit passgenauen, von Daten gelenkten Produktkonzepten beteiligt zu sein, eröffne eine neue Wertschöpfungskette. 40 Entscheidungen hat Hugh Grant nicht mehr zu treffen. Es bleibt nur noch eine: Bayer ja – oder nein.