Berlin. Volkswagen hat offenbar technische Probleme mit dem Software-Update beim Passat. Dafür bekommen nun erste Golf-Diesel-Besitzer Post.

Es klingt wie eine gute Nachricht: Volkswagen startet im Abgas-Skandal mit dem Rückruf von Golf-Modellen, immerhin das weltweit am meisten verkaufte Auto des Konzerns. Aber, und in der Dieselaffäre gibt es viele Aber: Der Rückruf betrifft nur Fahrzeuge mit Schaltgetriebe und 2,0-Liter-Motor, das sind 15.000 in Europa. In Deutschland bekommen etwa 4000 Autobesitzer Post vom Konzern. Alle Golf-Modelle mit fehlerhaften 1,2-Liter- und 1,6-Liter-Dieselmotor sind weiter unterwegs und stoßen zu viel Stickoxid aus. Der Zeitplan des Konzerns für die Rückrufe wankt.

VW hat 2016 zum „Jahr des Rückrufs“ erklärt, bis Ende Dezember sollten alle weltweit elf Millionen Fahrzeuge mit Schummelsoftware repariert werden. Im Januar startete VW mit rund 8500 Amarok-Pick-ups, von denen inzwischen 6300 eine neue Software haben. Im Februar sollten dann 160.000 Passat-Modelle in die Werkstatt, allerdings fehlt dafür bisher die Genehmigung des Kraftfahrtbundesamtes (KBA) – trotz aufwendiger Tests. Im März geschah wenig, im April gab die Behörde die Reparatur von 90.000 Audi- und Seat-Modellen frei.

Rückruf wohl um 250.000 Fahrzeuge im Verzug

Insgesamt sind rund 2,5 Millionen Fahrzeuge des Konzerns in Europa betroffen, weltweit elf Millionen – der ursprünglich mit dem KBA ausgehandelte Zeitplan ist kaum noch einzuhalten. VW-Chef Matthias Müller gab vergangene Woche bei der Bilanzvorlage bereits zu, dass es hakt. Aus dem Konzern heißt es, man sei 250.000 Fahrzeuge im Verzug. Der Rückruf der Golf-Modelle wurde jetzt vorgezogen.

VW hatte 2009 bis 2014 in seinen 1,2-, 1,6- und 2,0-Liter-Dieselmotoren vom Typ EA 189 eine Software eingesetzt, die eine Testsituation erkannte und die Abgaswerte dann so regelte, dass sie den Grenzwerten entsprachen. Im normalen Straßenbetrieb stießen die Motoren dann bis zum 35-Fachen der zugelassenen Stickoxidmenge aus. Die US-Umweltbehörde EPA und die kalifornische Umweltbehörde Carb hatten den Skandal Mitte September 2015 öffentlich gemacht.

Offenbar höherer Spritverbrauch nach dem Update

VW bietet in Europa für die 1,2- und 2,0-Liter-Motoren an, die Software mit dem Update „Aktion 23R7“ zu aktualisieren. Dafür sind etwa 30 Minuten angesetzt. In die 1,6-Liter-Motoren muss zusätzlich ein Teil eingesetzt werden. Der Werkstattbesuch ist für die Kunden kostenlos. VW verspricht, dass der Motor nach der Aktualisierung auch im Straßenbetrieb sauber ist, keine Leistung verliert und nicht mehr Sprit verbraucht. Offenbar trifft Letzteres nicht zu, deshalb hat das Kraftfahrtbundesamt den Rückruf der Passat-Modelle bisher aber nicht freigegeben. Offiziell gibt es dazu keine Bestätigung.

In den USA, wo rund 480.000 Autos betroffen sind, hat sich VW mit den Behörden auf Grundzüge einer außergerichtlichen Lösung geeinigt. Dem Konzern drohen dort Strafen in Milliardenhöhe, zahlreiche Sammelklagen sind anhängig. VW plant offenbar, den Autobesitzern – anders als in Europa – 5000 Dollar je Fahrzeug als Entschädigung zu zahlen. Zudem ist vorgesehen, Fahrzeuge zurückzukaufen. Bis 21. Juni sollen genaue Einzelheiten vorliegen. Und natürlich ist ein Software-Update vorgesehen.

In den USA sind zudem etwa 85.000 Fahrzeugen mit 3,0-Liter-Dieselmotor unterwegs, deren Software nach US-Recht nicht zulässig ist. Unterwegs sind damit VW Tuareg, Porsche Cayenne und die Audi-Modelle Q5, Q7, A6, A7 und A8. Hier gibt es noch keine genaue Lösung.

Absatzeinbruch in den USA im April

Eine Personalie verkündete der Konzern am Dienstag auch noch. Porsche-Entwicklungsvorstand Wolfgang Hatz geht. Er war seit September wegen der Abgas-Affäre beurlaubt. Hatz arbeitete von 2001 bis 2009 als Motorenentwickler – zunächst bei Audi, später bei Volkswagen selbst. Die Untersuchungen haben VW zufolge bisher keine Hinweise darauf gebracht, dass Hatz für den Skandal mitverantwortlich ist. Er habe sich wegen der Untersuchungen und seiner Beurlaubung dennoch entschlossen, zu gehen.

VW verkauft wegen des Skandals in den USA immer weniger Fahrzeuge. Im April waren es 27.112, 9,7 Prozent weniger als ein Jahr zuvor. Ford setzte vier Prozent mehr ab, Fiat Chrysler sechs Prozent. Toyota meldete ein Plus von vier Prozent.