Berlin. Oliver Kalkofe und Peter Rütten lästern in „SchleFaZ“ über B-Filme. Mit uns haben sie über die neue Staffel und Trash-TV gesprochen.

Oliver Kalkofe und Peter Rütten fallen in der wuseligen Bar unweit des Berliner Alexanderplatzes gar nicht auf. Sie sitzen entspannt in einer Ecke, schlürfen ihre Getränke. Dabei werden die meisten TV-Gucker ihre Gesichter kennen.

Seit den 90er Jahren lästert Kalkofe in „Kalkofes Mattscheibe“ über Trash-Serien wie „Bauer sucht Frau“, Rütten arbeitete mit Harald Schmidt oder Kaya Yanar zusammen und ist in der Satiresendung „Rüttens Bullshit Universum“ zu sehen.

Seit 2013 sind die beiden in der Tele5-Show „Die schlechtesten Filme aller Zeiten“ (SchleFaZ) zu sehen – als Trash-Film-Reiseleiter, die mit peinlichen Kostümen und Trinkspielen B-Movies wie „Sharknado“ auseinandernehmen. Nun ist die fünfte Staffel gestartet. Im Interview erklärt das Duo, was einen Schund-Film ausmacht, was die Highlights der neuen Staffel sind und warum sie mit einer so billig produzierten Sendung die Fernsehlandschaft retten.

Sie starten jetzt schon mit der fünften „SchleFaZ“-Staffel. Haben Sie nicht schon über alle schlechten Filme gelästert? Gibt es da noch Material?

Oliver Kalkofe: Aber hola! Schlechtes Material wird niemals aufhören. Was wir machen, ist ein „positives Recycling“ – aus etwas Schlimmem, etwas Schönes machen.

Peter Rütten: Ich bin da auch zuversichtlich, das Material ist unendlich. Sollten wir nicht vorher geistig verendet sein…

Kalkofe: Wir machen das noch so lange, wie es klappt, wir das können, und Tele5 noch sendet. Das sind die Voraussetzungen – aber nicht, dass die Quelle versiegt.

Welche Filme sind denn in der neuen Staffel dabei und welcher ist ihr liebster schlechter Film?

Rütten: Ich mag „Max und Moritz Reloaded“, ein deutscher Trash-Film, der zum Teil – etwas irritierend – weggelobt worden ist von Feuilletonisten. Den werde ich so richtig schlachten, weil er von vorne bis hinten schlecht ist und auch unangenehm geschmacklos. Das ist mein negatives Highlight. Bei dir Olli?

Kalkofe: Ich habe gar kein negatives Highlight. Ich freue mich auf „Hentai Kamen 2“, der ist lustig und ein gut gemachter Film, auf „Macho Man“ mit René Weller und „Die Brut des Bösen“ mit Christian Anders. Zwei deutsche Actionfilm-Versuche aus den 70er und 80er Jahren. „Star Crash“ wird auch richtig gut. Der ist von 1978, ein italienischer „Star Wars“-Nachfolger, wo sie versucht haben einen Science-Fiction-Film zusammenzukloppen – und so sieht der auch aus. Mit dem blutjungen David Hasselhoff, in einer seiner ersten Rollen. Die machen Spaß.

Rütten: Ich find das jetzt auch ein bisschen grausam, dass du so tust, als hättest du gar kein negatives Highlight.

Kalkofe: Ja, okay, stimmt. „Avengers Grimm“ ist so eines. Den haben sie auch nur in leerstehenden Häusern und einem Hinterhof gedreht. Und der ist weder lustig noch schön.

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    Woran erkennt man denn einen schlechten Film?

    Kalkofe: Man weiß ja nie, wer es vergeigt hat. Fast immer ist es das Buch, das meistens keinen Sinn ergibt. Dann gibt es kein Geld und kein Können. Bei diesen Trash-Dingern, die es bewusst schlecht machen, filmen sie das in der Garage. „Titanic 2“ haben sie zum größten Teil in einer Garage gefilmt …

    Rütten: … „Thor“ auch.

    Kalkofe: Ja, genau, hinter einer Garage auf einem Platz, der nicht abgesperrt war. Da läuft dann auch mal eine Frau mit einem Kinderwagen in die Szene rein. Und das ist lieblos und macht keinen Spaß.

    Was ist dann ein guter schlechter Film?

    Rütten: Ich mag es, wenn ein Film viel Liebe und Engagement preisgibt. Wenn er mich beeindruckt und ich Sympathie und manchmal auch ein bisschen Mitleid habe. „Frogs“ wäre ein Beispiel. Im Film geht es um eine Reptilienfamilie, die gegen die Umweltverschmutzung der Menschen kämpft. In einer spektakulären Szene wird ein Mann von Spinnen getötet – und im Film wird er aus nächster Nähe einfach nur mit Holzwolle beworfen. Den Film liebe ich wirklich.

    Kalkofe: Das Stichwort ist: viel gewollt, aber nicht gekonnt. Es muss irgendein Gedanke dahinter stecken. So ein kleiner Tropfen Herzblut.

    Rütten: Als Kind empfindet man ja auch viele Trash-Filme gar nicht als Trash. So war es auch bei Olli und „Invasion aus dem Inneren der Erde“.

    Kalkofe: Ich habe den als Kind geliebt. Mit elf habe ich ihn im Kino gesehen. Und es gab Standing Ovations, das war der beste Film, der je lief – Monster kloppen sich mit Kung-Fu-Leuten. Und dann guckst du den Film Jahre später und merkst: Der ist unterirdisch schlecht.

    Rütten: Wieder verstehen, warum man das als Kind toll fand, und trotzdem fassungslos sein, dass man es toll fand, das ist das Gefühl bei Filmen, die man mag.

    Wie kann man sich die Filmauswahl denn vorstellen – Binge-Watching von schlechten Filmen am Samstagabend?

    Rütten: Als wir merkten, wir lieben, schätzen und achten uns sehr, war es so, dass Olli mir Filmanregungen mitbrachte und ich mich auch umguckte. Das tragen wir dann alles zusammen.

    Kalkofe: Über Facebook machen wir auch immer wieder Aufrufe, Tele5 macht Vorschläge, und ich suche aktiv auf Trash-Seiten. Daraus entsteht eine lange Liste. Und dann wird versucht, nach den Rechten zu schauen. Es gibt Filme, da weiß keiner, wer die Rechte hat. Bei „Star Crash“ zum Beispiel hat es vier Jahre gedauert, bis wir den bekommen haben. Das passiert häufig bei diesen Kackfilmen. Die kommen dann in Filmpaketen, da liegen fünf Scheißdinger drin, die man mitkaufen muss, wenn man die Guten haben will. Wenn wir dann aber kommen, und sagen, wir wollen aber nur den kleinen Köddel haben, könnt ihr uns den abkratzen, sagen die: „Ne, müsst ihr schon alles kaufen.“ Das ist dann zu teuer. So war das auch bei „Star Crash“, durch ganz viele Tricks hat es aber geklappt. Man muss immer hartnäckig sein.

    Welche Filme würdet ihr denn gerne zeigen, wenn ihr die Rechte hättet?

    Rütten: Oben auf der Liste war „Hercules in New York“.

    Kalkofe: Der erste Schwarzenegger-Film!

    Rütten: Aber da hat Schwarzenegger persönlich sein Veto eingelegt, dass der nicht mehr rausgeht.

    Was macht das denn mit einem, wenn man so viele schlechte Filme sieht?

    Kalkofe: Ich glaube, es wird Langzeitschäden haben.

    Rütten: Den Leidensdruck gibt es eher bei der einsamen Beschäftigung, beim Schreiben, wenn man vor dem Film sitzt und sich Szenen heraussucht, die einen inspirieren. Bei so einem Film wie „Hobgoblins“ zum Beispiel, der zu dieser Staffel gehört. Man wird ein wenig bitter.

    Kalkofe: Ich glaube, es schabt so langsam unser Gehirn raus. So wie bei Parmesan. Pro Film wird eine Schicht des Gehirns abgezogen. Aber wir entwickeln dann ja die Medizin dagegen. Wir sind ja wie Ärzte, die die Krankheit vor sich haben und dann die Medizin dagegen entwickeln – und diese auch nehmen.

    Rütten: Und das Drehen macht dann wieder Spaß.

    Kalkofe: Ja, darauf freut man sich. Und auf die Kostüme. Ich kann mich jedes Mal bei der Szene zu „Macho Man“ totlachen, wenn wir als Breakdancer kommen. Peter hat eine schwarze Perücke auf und einen hässlichen Pullover an, und ich trage ein weißes Hemd mit schwarzen Armen und so weiße Micky-Mouse-Handschuhe. Und das sieht so scheiße aus (lacht).

    Jetzt kommt „Macho Man 2“ ins Kino. Inspiriert ihr womöglich Regisseure und Schauspieler dazu einen weiteren Teil zu machen?

    Kalkofe: Ende September soll der ins Kino kommen. Ich hoffe nicht, dass das unsere Schuld ist. Das wäre ja furchtbar. Wir haben das nicht gewollt und es tut uns auch Leid.

    „SchleFaZ“ hat eine große Fangemeinde, die sich trifft und die Show guckt – so wie zu den guten „Wetten, dass…?“-Zeiten.

    Kalkofe: Das ist das, was mich am meisten stolz macht. Weil es immer hieß, das gibt es nicht mehr. Es gibt vielleicht nicht mehr die Familie, die gemeinsam vor Fernseher sitzt, aber das machen jetzt andere. Dass sich Gruppen finden, zuhause treffen und das live begleiten – Cocktails machen, kostümieren, das Wohnzimmer schmücken – das ist so rührend.

    Rütten: Wir haben ein so hohes Potenzial an sympathischen Fans. Das zeigt dann auch, dass die Leute verstehen, was wir zeigen wollen – das man im Smoking Scheiße ankündigt und analysiert. Das ist schon Teil einer geistigen Beweglichkeit, die ich beim Fernsehpublikum doch bitter vermisse.

    Kalkofe: „Wetten, dass…?“ war die teuerste Sendung im deutschen Fernsehen, da kann man verstehen, dass die Erwartung war, dass sich alle zusammenfinden und das gucken. Wir aber nehmen die beschissensten Filme, die nix gekostet haben, und versammeln die Leute genauso. Und wir sind eine der billigsten Sendungen im Fernsehen. Das ist eine Leistung: Das Fernsehpublikum wieder zum Fernsehen zurückführen und vereinen.

    Wenn eine so billig produzierte Sendung mit billig produzierten Filmen die Leute anzieht, was sagt das dann über das deutsche Fernsehen?

    Rütten: Genau der richtige Kommentar. Wobei auch das nicht billig produzierte Dschungelcamp die Leute anzieht.

    Kalkofe: Auch „Germany’s Next Topmodel“ oder der ganze Trash werden immer noch geguckt.

    Rütten: Der Krieg ist also noch lange nicht gewonnen.

    Kalkofe: Ich glaube, wir holen mit unseren Programmen – sei es jetzt „Kalkofes Mattscheibe, „Rüttens Bullshit Universum“ oder „SchleFaZ“ – die Leute zum Fernsehen zurück, die sich schon verabschiedet hatten. Die meisten Leute, die sich für Fernsehen interessieren, gehen ja davon weg. Weil du guckst, was du willst, wann du willst, und suchst dir das aus. Und wer das nicht kann, keine Wahl hat, oder sich nicht dafür interessiert, die gucken das, was da so hingeschissen wird. Und der Rest freut sich, wenn damit mal kritisch umgegangen wird. Das wird aber nie Massenprogramm sein wie Topmodels.

    Rütten: So lange noch jemand wie Menderes ein wichtiges Thema in der Berichterstattung ist, haben wir noch viel zu tun.