Berlin. Mit dem Magazin „Polylux“ wurde Tita von Hardenberg bekannt. Nun geht sie in Reportagen gesellschaftlichen Phänomenen auf die Spur.

Seit mehr als 25 Jahren macht Tita von Hardenberg Fernsehen. Vieles hat sich in dieser Zeit verändert: Sie hat ihre eigene Produktionsfirma gegründet, Kobalt Productions. Sie hat geheiratet und drei Kinder bekommen. Sie ist mit dem popkulturellen und betont schrägen Hauptstadt-Magazin „Polylux“ berühmt geworden und, als es 2008 eingestellt wurde, wieder aus der Öffentlichkeit verschwunden.

Kameras und Schnittplätze ihrer Firma sind auf digitale Größe geschrumpft. Dafür braucht es Platz für ein Social-Media-Team. Eins aber ist über all die Jahre gleichgeblieben: In der Nacht, bevor Tita von Hardenberg in den Schnittraum geht, um einen eigenen Beitrag fertigzustellen, macht sie kein Auge zu.

„Man weiß nie, ob man es zusammenkriegt. Ob es gut wird“, sagt die 49-Jährige, die so viel jünger aussieht, bei einem Gespräch in ihrem Büro in Berlin-Mitte. Auf dem runden Holztisch stehen Blumen. Die Gastgeberin serviert Kaffee aus der French Press. Kein Blick aufs Handy lenkt sie ab, und als das Telefon auf dem Schreibtisch im Hintergrund klingelt, lässt sie es klingeln.

Reportagereihe „Re:“ bei Arte

65 Angestellte hat Kobalt Productions, dazu kommen viele freie Mitarbeiter. Tita von Hardenberg koordiniert, plant, motiviert, trainiert. Und will trotzdem noch mindestens zweimal im Jahr selbst zum Drehen hinaus. „Um nicht zu vergessen, was die anderen leisten“, sagt sie. „Es ist wichtig, sich immer wieder dieser Angst auszusetzen: Man ist draußen, hat fünf Tage, um die Geschichte fertig zu bekommen, und dann sagt einem die Protagonistin ab. Diese Urangst vor der totalen Blamage bleibt.“ Immerhin wisse der Kopf, dass sie es kann. Das hilft.

Nach der Aufregung eigener Drehs geht es wieder zurück in den Alltag als Geschäftsführerin und Mutter. Da sitzt ihre jüngste Tochter Lara, neun Jahre alt, nach der Schule auch schon mal auf der breiten Fensterbank im Büro. Ihr Platz ist an den bereitliegenden Kissen zu erkennen. Tita von Hardenberg sitzt dann davor am Schreibtisch und hält die Fäden ihrer Firma in der Hand. „Jeden Tag Probleme zu lösen, das ist sehr befriedigend“, sagt sie.

Mit dem jüngsten Projekt, der Reportagenreihe „Re:“, die von Montag bis Freitag um 19.40 Uhr auf Arte zu sehen ist, spinnt sie neue Fäden von Berlin aus über ganz Europa.

Falscher Interviewpartner führte sie aufs Glatteis

Von Hardenbergs Team hat seit Januar schon 30 Beiträge realisiert. Zwei Jahre lang hatten sie zuvor mit zwei anderen Produktionsfirmen und Arte an dem Format gearbeitet. „Eine tägliche Reportage von einer halben Stunde, das ist irre“, sagt die Produzentin. Sie kennt Arte gut, hat schon oft für den Sender gearbeitet. „Man kann da viel spielen und experimentieren.“ Das Spielerische liegt ihr. Auch wenn sie und ihre Firma längst gezeigt haben, dass sie auch „geradeaus erzählen“ können, wie sie es nennt.

So zum Beispiel in dem „Re:“-Beitrag, der am Montag ausgestrahlt wird, Titel: „Touristen gegen Anwohner“. Menschen aus Berlin und Amsterdam zeigen darin, wie sich ihre Städte verändert haben. „Manchmal ist es leer, und dann lallen da wieder zwölf Briten“, fasst eine Amsterdamerin ihre Sorge zusammen: Viele Häuser werden über Portale wie Airbnb nur noch an Touristen vermietet. Wie gehen Menschen mit gesellschaftlichen Entwicklungen um, wie prägen sie sie mit? In der Fragestellung ist das gar nicht so weit weg von „Polylux“ – nur die Umsetzung ist anders. Reifer vielleicht.

Es lief nicht immer alles glatt für die Medienmacherin. Rückschläge gab es, wie in jeder Biografie. Aber der letzte schwerwiegende ist lange her. 2008 fiel sie mit „Polylux“ auf einen falschen Interviewpartner herein. Ausgedacht hatten ihn sich Aktivisten, um „die Medien“ vorzuführen. Das sei hart gewesen, sagt Tita von Hardenberg. Aber sie sagt auch: „Diese Krisen sind unheimlich wichtig. Ich weiß gar nicht, woran man sonst wachsen sollte.“