Berlin. Thomas Hermanns hat vor 25 Jahren mit dem „Quatsch Comedy Club“ die Grundlage für viele Karrieren gelegt. Hirschhausen fing bei ihm an.

Es war in den 90er-Jahren. Thomas Hermanns hatte soeben seinen „Quatsch Comedy Club“ gegründet. Wigald Boning und Olli Dittrich, damals komplett Unbekannte, starteten durch und trafen mit „Nimm mich jetzt, auch wenn ich stinke“ den Witz der Deutschen. In dieser Stimmung wurde Hermanns nach England eingeladen, dem Land des feines Humors. „Da standen wir auf einer Brücke und warteten auf den Moderator“, erzählt er.

Er habe ihn schon von Weitem gesehen und ahnte, dass das mit dem deutschen Humor wohl doch wieder falsch verstanden wurde. Denn der Moderator hatte eine riesige aufblasbare Wurst dabei. „Ich hatte extra gesagt, keine Witze über Hitler und das Wembley-Tor – aber ich hatte die Wurst vergessen.“ Der deutsche Humor hat es in der Welt nicht unbedingt leicht. Aber genau deswegen wollte Hermanns ihn pflegen, in einem eigenen Club, in dem junge Talente für zehn Minuten eine Chance bekommen.

Stars wie Mario Barth

Hermanns erschuf den „Quatsch Comedy Club“.
Hermanns erschuf den „Quatsch Comedy Club“. © Serious Fun/ Quatsch Comedy Club | Serious Fun/ Quatsch Comedy Club

Hermanns (53), geboren in Bochum, hatte das Konzept in seiner Zeit in den USA häufig gesehen: Unbekannte Künstler stellen sich auf die Bühne mit einem Kurzprogramm, bei dem sich die Leute vor Lachen biegen. Was heute ganz selbstverständlich ganze Stadien füllt, mit Stars wie Mario Barth, begann vor 25 Jahren vor einem kleinen Publikum in der Kantine des Schauspielhauses in Hamburg. Kein Platz blieb frei, wenn Olli Dittrich im Bademantel aufkreuzte und so herrlich über die Welt herzog.

Dittrich ist ein Beispiel dafür, wie sehr der „Comedy-Club“ die Wiege für Karrieren war: Sein „Dittsche“ wurde Kult. Dass das Konzept aufging, war für alle ein Wunder. „Ich kam ja frisch aus den USA, und da hat man eben nicht lang gewartet, wenn man eine Idee hatte, sondern einfach gemacht“, sagt Hermanns, der allerdings skeptisch war, ob sich diese schnellen Nummern, diese oft spontanen Sketche, diese Art einer neuen Subkultur in Deutschland durchsetzen würden. Doch es gelang. Der „Quatsch Comedy Club“ räumte reihenweise Preise ab, er gilt heute als Wiege der Stand-up-Comedy in Deutschland.

Grundgerüst der Show

Thomas Hermanns ist Komiker und Moderator.
Thomas Hermanns ist Komiker und Moderator. © Reto Klar | Reto Klar

Es war die Talentschmiede für viele junge Stars, die hier erstmals ihre Chance bekamen: Wigald Boning, Mario Barth, Olli Dittrich, Eckart von Hirschhausen, Johann König oder Olaf Schubert. Auch wenn Hermanns oft als überdrehter Spaßvogel abgetan wird: Dieser Mann ist nicht nur Gründer einer Humorfabrik, er hat den Spaß auch professionalisiert; als der „Quatsch Comedy Club“ dann noch im Fernsehen übertragen wurde, war der Durchbruch endgültig geschafft. Michael Mittermeier, Ingo Appelt, Rüdiger Hoffmann, Dieter Nuhr und Atze Schröder – die „Golden Five“ bildeten das Grundgerüst einer Show, die es dann auf Gastspiele in China und eben London brachte.

Dass vieles auch Zufall war, zeigt das Beispiel einer Frau, die eigentlich nur servieren wollte. „Eines Tages rief eine Berlinerin an, die bei uns Kellnerin werden wollte“, erzählt Hermanns. „Nur durch Zufall war bei uns gerade der Mann am Telefon, der auch den Talente­abend castet.“ Weil die Bewerberin nicht aufhörte zu reden, bot der ihr an, es auf der Bühne zu probieren. Die Frau war Ilka Bessin, die spätere„Cindy von Marzahn“.

Volkstheater mit Glamour

Wenn er darüber spricht, ist da wieder dieses typische Hermanns-Lachen, das ihm etwas ungemein Offenes verleiht. Wenn es auch viele gibt, die dieses Zähnezeigen und überhaupt diese häufig so übertrieben wirkende Art von Hermanns anstrengend finden. Diese Art Volkstheater mit Glamour nervt vor allem die Fans des klassischen Kabaretts.

Dass der Comedian, der sich schon als „Knallcharge“ bezeichnen lassen musste, mehr kann, als nur Auftritte in kreischbunten Outfits hinzulegen, zeigt er jetzt beim WDR, wo er den „Westart Live“ mit überraschender Ernsthaftigkeit moderiert. Hermanns – er hat Theaterwissenschaft studiert, ist ein Lese- wie Opernfan – sagt: „Ich kann nicht immer nur Schokoriegel essen. Manchmal mag ich auch Austern.“

Feinen Humor bedienen

Sein Humor soll originell sein. Für manche ist er gewöhnungsbedürftig. Aber auf jeden Fall hat er einen Anspruch: Das Naheliegende zu vermeiden. Auch bei den Witzen über Trump mag er das Offensichtliche nicht. „Der leichte Trump-Gag nährt nicht.“ Den feinen Humor bedienten vor allem Frauen wie die US-Komikerin Amy Schumer. „Es gibt auch in Deutschland einen Trend zur unverkleideten Comedy-Frau“, sagt Thomas Hermanns. Wie Carolin Kebekus.

Seine Schäfchen, wenn man es so sagen will, haben alle Karriere gemacht. Manche, wie Barth und Hirschhausen, wurden zu Topstars. Alle seien komplett anders, aber eins verbinde sie: Sie sind anfangs nur vor einer Handvoll Leuten aufgetreten, „die ihre Witze nicht verstanden“ hätten.