Für Winfried Glatzeder ist das Filmemachen beschwerlich
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Von Katharina Dockhorn
Berlin. Winfried Glatzeder hat sich auf dem Bildschirm rar gemacht. Jetzt spricht er über die Zusammenarbeit mit Weggefährte Henry Hübchen.
Winfried Glatzeder war der Paul in „Die Legende von Paul und Paula“, einem der erfolgreichsten in der DDR gedrehten Spielfilme. Eine Rolle, die seinen Ruf als „Belmondo des Ostens“ mitbegründete. In „Kundschafter des Friedens“ gehört Glatzeder (71) neben Henry Hübchen, Michael Gwisdek und Thomas Thieme zum Team der alten Agenten des DDR-Auslandsgeheimdienstes.
Sie spielen jetzt viel Theater. Warum haben Sie sich auf dem Bildschirm und im Kino so rar gemacht?
Winfried Glatzeder: Mir macht das Theaterspielen mehr Spaß, außerdem ist Filmen in meinem Alter beschwerlich. Es warten lange Arbeitstage, ich muss früh raus und langweile mich in den Drehpausen. Wenn ich dann endlich vor der Kamera stehe, fühle ich mich wie in einer Prüfungssituation. Das ertrage ich heute nur, wenn ich für die Rolle brenne und mit dem Regisseur die Weltsicht teile.
So wie jetzt für Ihren Romeo?
Glatzeder:Diese Rolle sollten viele andere spielen, die durch Tod, Krankheit oder Demenz ausgefallen sind. Aber das bin ich gewohnt. Ich wollte sehr gerne mit Regisseur Robert Thalheim zusammenarbeiten. Thalheim seziert mit scharfem Verstand und liebenswertem Humor das Reich der DDR-Auslandsspionage.
Darf man eigentlich heute über die Stasi lachen?
Glatzeder: 25 Jahre nach dem Mauerfall kann man über die Absurditäten dieses Überwachungsapparats natürlich lachen. Nur sollte man die Leiden der Opfer niemals verharmlosen oder vergessen. Diesen schmalen Grat meistert der Film um eine Gruppe alter Männer, die ihren Beruf einst perfekt beherrschten und nun rudern, um mit ihren Enkeln beim BND mitzuhalten.
Welches Gefühl hat die Lektüre Ihrer Stasi-Akte 1991 bei Ihnen hinterlassen?
Glatzeder: Ich hatte Glück, dass die Stasi während meines ersten Engagements in Potsdam nicht gut vernetzt war. Sonst wäre meine Karriere durch den Bericht des Intendanten beendet gewesen. Sie waren auf mich aufmerksam geworden, weil ich mit Kollegen in Berlin ein freies Theater gründen wollte.
Als die Akte später in Berlin ankam, hatte mich Volksbühnen-Intendant Benno Besson bereits mit Hauptrollen besetzt, und meine ersten Filme waren erfolgreich im Kino. Dadurch wurde es kompliziert, mich fertigzumachen. Also änderten sie das Drehbuch und schrieben mir die Rolle des IM „Liebling“ auf den Leib. Die Anwerbung habe ich zufällig erfolgreich abgewimmelt.
Anschließend hat die Stasi Sie in Ruhe gelassen?
Glatzeder: Mehr oder weniger. Ich wusste, dass uns immer und besonders bei Auslandsgastspielen unsichtbare Schatten folgten, dass mein Telefon abgehört und meine Post geöffnet wurde. Als meine Familie nach einem Ausreiseantrag 1982 in den Westen umzog, inspizierte eine West-Berliner Firma aus dem Imperium von Honeckers Devisenbeschaffer Schalk-Golodkowski unseren Besitz.
Was verbindet Sie mit Ihren Kollegen Henry Hübchen und Michael Gwisdeck?
Glatzeder: Ein gehöriges Maß an Altersdreistigkeit. Und wir sind Egozentriker, daher ist ein Drehtag mit den beiden manchmal schwer zu ertragen. Er gleicht einer zerrütteten Ehe, in der man sich in- und auswendig kennt und trotzdem liebt. Das kann für den Betrachter äußerst amüsant, aber für den Beteiligten nervenaufreibend sein.
Ärgert Sie manchmal, dass sich kaum jemand Ihrer anderen Filme erinnert?
Glatzeder: Ja schon. Wir Schauspieler haben ja das Glück, dass unser Spiel technisch für die Ewigkeit auf Zelluloid oder Festplatte gebannt ist. Trotzdem kann mein Grabstein nach zwei Generationen von Efeu überwuchert sein, weil keiner sich an den Paul erinnert, der dort liegt.