Berlin. Michael Schanze ist froh, nicht mehr die Showtreppe hinunterlaufen zu müssen. Der einstige „Sonnyboy“ spielt jetzt lieber Theater.

70 Jahre wird Michael Schanze am kommenden Sonntag, und sein Wunsch klingt für einen, der zu den ganz Großen der Unterhaltungsbranche gehörte, bescheiden. „Eine richtig gute Fernsehrolle wäre toll“, sagt er. „Vielleicht klappt das ja mal.“ Hauptsache, niemand kommt auf die Idee, ihn dann ‚Plopp‘ machen zu lassen. Dieses Plopp-Geräusch war sein Markenzeichen in der Kinderquizshow „1, 2 oder 3“, die er von 1977 bis 1985 moderierte.

Eine ganze Generation ist damit großgeworden. „Was meinen Sie, wie oft jemand auf mich zukommt und ‚Plopp‘ macht?“, sagt er. Er freue sich zwar darüber. Doch mit den Zeiten auf den großen Showbühnen, als er Sendungen wie „Flitterabend“ moderierte, hat er abgeschlossen. Heute sei er froh, dass er nicht mehr die Showtreppe hinunterlaufen muss, „am besten noch mit einem Kind im Arm, Balletttänzerinnen an der Seite und einem Hund an der Leine“.

Familie eines Selbstmörders

Entertainer Michael Schanze (l.) bei der Aufzeichnung von „Kinderquatsch mit Michael“.
Entertainer Michael Schanze (l.) bei der Aufzeichnung von „Kinderquatsch mit Michael“. © dpa | Stefan Hesse

Das Image des „ewigen Sonnyboys“, wie er es ausdrückt, habe er als „manchmal nervig“ empfunden. Schanze stand immer für Unbeschwertheit, für einen Humor frei von Zynismus. Vielleicht war seine Art eine Trotzreaktion auf das frühe Drama seines Lebens. Schanze wuchs gutbürgerlich in der Idylle des Starnberger Sees auf, sein Vater war Orchesterleiter beim Bayerischen Rundfunk.

Doch dann brach die heile Welt zusammen: Nach einem Autounfall wählte sein Vater den Freitod, Schanze war gerade neun Jahre alt. Er spürte, wie seine Familie fortan geächtet wurde: „Von einem Tag auf den anderen waren wir nicht mehr die Familie des Musikers, den man im Radio hörte, sondern die Familie eines Selbstmörders.“ Schanze suchte Trost in der Welt des Schlagers. „Oh, wie wohl ist mir“ hieß einer seiner Titel, „Ich hab‘ dich lieb“ ein anderer.

Durchbruch als Moderator

Plötzlich musste der Postbote zweimal am Tag die Fanpost bringen. 1972 der große Durchbruch als Moderator der Show „Hätten Sie heut‘ Zeit für mich?“ Männer, Frauen, Kinder – Schanze war der harmlose gemeinsame Nenner, auf den sich alle einigen konnten. Viermal bekam er den Bambi, einmal die Goldene Kamera. 1995 verschwand er von der Bildfläche. „Da habe ich den ‚Flitterabend‘ beendet, ganz ohne Not.

„Sonnyboy“ Michael Schanze im Jahr 1973.
„Sonnyboy“ Michael Schanze im Jahr 1973. © dpa | dpa

Wir hatten immer noch elf Millionen Zuschauer. Da würde so mancher heute von träumen.“ Er findet es ungerecht, dass seine Entscheidung immer als Karriereknick dargestellt wurde. Aus der Routine habe er damals ausbrechen wollen, um mehr Zeit mit seinen drei Söhnen und seiner Frau Monika verbringen zu können. Doch es kam anders. Seine Frau verließ ihn für einen anderen Mann. Eine Karriere als Schauspieler kam nicht so richtig in Gang, trotz gelegentlicher Theaterengagements.

Folgen eines Skiunfalls

Dann verlor er bei Immobiliengeschäften viel Geld. 2003 verletzte er sich bei einem Skiunfall schwer, jahrelang kämpfte er mit den Folgen. Auch wenn sich das Leben nach seinem TV-Aus manchmal gegen ihn verschworen zu haben schien – verflucht hat er seinen Rückzug nie. „Der Einzige, der das bereut, ist mein Banker. Denn im Fernsehen verdient man natürlich viel mehr als beim Theater.“

Schanze ist mit sich im Reinen, auch mit den rund 120 Kilo, die er jetzt wiegt. Das ermögliche ihm doch, gewichtigere Rollen zu spielen, richtige Mannsbilder eben. Etwa den Richter Adam in „Der zerbrochne Krug“. Aus der Show-Schublade ist er also herausgekommen. „Mehr noch, ich habe die Schublade gesprengt“, sagt er in Anspielung auf seine Extra-Kilos.