Berlin . Mit „Doctor Strange“ gibt Benedict Cumberbatch seinen Einstand als Comic-Held. Und findet das gar nicht so weit weg von Shakespeare.

Riesenaufregung am Mittwochmittag im Berliner Hotel „Soho House“. Der britische Star Benedict Cumberbatch, der Mann, der im Londoner West End als Hamlet brillierte und im TV als Sherlock Holmes, gibt dort Interviews für „Doctor Strange“, seinen Einstand ins Comic-Helden-Kino (seit 27. Oktober im Kino).

Aber dann, gerade als der Reporter vor der Suite steht, gibt es einen Feueralarm. Das Hotel muss evakuiert werden. Beide eilen übers Treppenhaus hinaus. Die Journalisten und Filmagenten stehen dann alle ratlos im Hotelhof herum, der Star darf derweil in einer Limousine sitzen. Nach der Entwarnung kommt er mit gleich drei Büchern wieder heraus. Die Zeit hat er gut genutzt. Der Schreck steckt aber auch ihm noch in den Knochen.

Geben Sie’s zu, Herr Cumberbatch. Das waren Sie eben. Sie haben mit Ihren neuen Superheldenkräften Funken geschlagen.

Benedict Cumberbatch: Ja, genau. Das passiert, wenn man mit Zauberkräften hantiert. Tut mir leid wegen der Verzögerung.

War es ein Jungs-Traum von Ihnen, mal ein Superheld zu sein?

Cumberbatch: Da hat sich eher ein Jungs-Traum erfüllt, den ich nie hatte. Als ich das erste Mal in das Heldenkostüm geschlüpft bin, musste ich erst mal schallend lachen. Aber wissen Sie, die sind so toll angefertigt, die passen sich so perfekt an, da fühlt man sich ganz anders. Das war mein erster Superheldenmoment.

Früher musste ein guter Schauspieler mindestens einmal den Hamlet spielen. Heute muss ein guter Schauspieler einen Comic-Helden verkörpern ...

Cumberbatch: Seltsamerweise habe ich ja beides fast nacheinander gespielt. Und ich finde, da gibt es eine große Schnittmenge, was Shakespeare mit seinem Theater initiierte und was das Popcornkino heute macht.

Das kann man wirklich miteinander vergleichen. Beides ist fantastische, populäre Unterhaltung, mit großen Effekten. Und beide richten sich an jedes Publikum. Das ist atemberaubend. Und es ist großartig, Teil von beidem zu sein, diese Bandbreite spielen zu dürfen.

Eine Ihrer Zauberkräfte als „Doctor Strange“ besteht darin, dass Sie die Zeit zurückdrehen können. Wie würden Sie das einsetzen?

Cumberbatch: Die Frage höre ich jetzt öfter. Meine Antwort darauf ist leider sehr langweilig: Ich würd’s nicht tun. Mein Leben läuft gerade wirklich wundervoll. Ich habe geheiratet, habe einen Sohn bekommen, werde jetzt wieder Vater. Es ist nicht so, dass ich nicht auch mal Fehler gemacht hätte. Aber ich habe sie nie bedauert, ich habe hoffentlich daraus gelernt. Alles, was ich sagen kann, ist: Man muss sein Leben leben. Man darf keine Angst vor der Zukunft haben, darf auch nicht verpassten Chancen hinterhertrauern. Man muss im Hier und Jetzt verankert sein.

Nicht mal die Entscheidung für den Brexit würden Sie rückgängig machen wollen?

Cumberbatch: Ich fürchte, damit müssen wir uns abfinden. Auch da gilt: Man muss in der Gegenwart leben.

Sie hielten letztens ein flammendes Plädoyer für Flüchtlingshilfe.

Cumberbatch: Ich habe mich, wie so viele, bei dieser weltweiten Tragödie machtlos gefühlt. Ich schäme mich dafür, dass die Politik so wenig macht. Ich bin kein Politiker, kein Entwicklungshelfer. Ich bin nur ein Schauspieler. Aber als solcher kann ich die Bühne als Plattform nutzen. Ich fühlte mich verpflichtet, etwas zu tun, wollte ein Schlaglicht darauf werfen, wie sehr viele Menschen derzeit leiden. Ich bin da ziemlich wütend geworden, das bedaure ich ein wenig. Aber nur den Ton, nicht die Sache.