Berlin. Er gilt als Poet und Revolutionär des Folkrock, er schrieb Hymnen ganzer Generationen. Eine Annäherung an das Kulturphänomen Bob Dylan.

An seinem 75. Geburtstag hat Bob Dylan frei, die berühmte „Never Ending Tour“ macht Pause. Doch was heißt schon frei bei einem so rastlosen Künstler, der immer noch in kurzen Abständen Platten mit neuem oder altem Material herausbringt und an 100 Tagen des Jahres in den Hotels von Konzertstädten lebt.

Der größte Poet des Folk, Rock und Blues dürfte an diesem 24. Mai auch über vergangene Ruhmestaten nachdenken. Vor allem aber über Pläne für die Zukunft, über ein spätes Meisteralbum vielleicht. Oder über den Literatur-Nobelpreis als einzige Ehrung, die ihm in einer 55-jährigen Karriere trotz diverser Nominierungen (noch) verwehrt geblieben ist.

Start in regionalen Highschool-Bands

Seinen Karriere-Einstieg beschreibt der „Picasso des Songs“ (so später sein Kollege Leonard Cohen) in der auch literarisch hochwertigen Autobiografie „Chronicles“ (2004) so: „Amerika wandelte sich. Ich ahnte eine schicksalhafte Wendung voraus und schwamm einfach mit dem Strom der Veränderung. Das ging in New York genauso gut wie anderswo.“

Kult-Musiker Bob Dylan wird 75 Jahre alt

1941 wurde Bob Dylan am 24. Mai in Duluth im US-Bundesstaat Minnesota als Robert Allen Zimmerman geboren. Nun, eine mehr als 50 Jahre lange Karriere als Musiker und rund 100 Millionen verkaufte Tonträger später, wird die Folkrock-Legende 75 Jahre alt.
1941 wurde Bob Dylan am 24. Mai in Duluth im US-Bundesstaat Minnesota als Robert Allen Zimmerman geboren. Nun, eine mehr als 50 Jahre lange Karriere als Musiker und rund 100 Millionen verkaufte Tonträger später, wird die Folkrock-Legende 75 Jahre alt. © dpa | Domenech Castello
Um 1960 wählt er den Bühnennamen Bob Dylan. Mit 20 wird ihm ein Plattenvertrag angeboten, den er aber noch nicht eigens unterschreiben darf, weil er noch nicht volljährig ist. Dylan erklärt sich daraufhin zum Waisen – und unterschreibt.
Um 1960 wählt er den Bühnennamen Bob Dylan. Mit 20 wird ihm ein Plattenvertrag angeboten, den er aber noch nicht eigens unterschreiben darf, weil er noch nicht volljährig ist. Dylan erklärt sich daraufhin zum Waisen – und unterschreibt. © imago stock&people | imago stock&people
1962 erscheint sein erstes Album „Bob Dylan“.
1962 erscheint sein erstes Album „Bob Dylan“. © imago/ZUMA/Keystone | imago stock&people
Bob Dylan im New Yorker Madison Square Garden mit den Beatles-Musikern Ringo Starr und George Harrison. Einer Anekdote zufolge soll Dylan die Beatles zum Rauchen von Marihuana gebracht haben.
Bob Dylan im New Yorker Madison Square Garden mit den Beatles-Musikern Ringo Starr und George Harrison. Einer Anekdote zufolge soll Dylan die Beatles zum Rauchen von Marihuana gebracht haben. © imago/ZUMA Press | imago stock&people
1963 enthält das zweite Album „The Freewheelin’ Bob Dylan“ die Anti-Kriegs-Hymne „Blowin’ In The Wind“. Dylan schreibt damit den Soundtrack von Tausenden von Protestlern weltweit.
1963 enthält das zweite Album „The Freewheelin’ Bob Dylan“ die Anti-Kriegs-Hymne „Blowin’ In The Wind“. Dylan schreibt damit den Soundtrack von Tausenden von Protestlern weltweit. © imago stock&people | imago stock&people
1964 erscheint „The Times They Are A-Changing“, sein erstes Album, das nur Eigenkompositionen enthält.
1964 erscheint „The Times They Are A-Changing“, sein erstes Album, das nur Eigenkompositionen enthält. © dpa | Istvan Bajzat
1965 landet er einen weiteren Welterfolg mit „Like A Rolling Stone“, dem ersten Lied auf dem Album „Highway 61 Revisited“.
1965 landet er einen weiteren Welterfolg mit „Like A Rolling Stone“, dem ersten Lied auf dem Album „Highway 61 Revisited“. © imago stock&people | imago stock&people
Die meiste Zeit verbringt Bob Dylan mit der Gitarre auf der Bühne. Er spielt allerdings auch Mundharmonika, Orgel und Klavier.
Die meiste Zeit verbringt Bob Dylan mit der Gitarre auf der Bühne. Er spielt allerdings auch Mundharmonika, Orgel und Klavier. © dpa | Frank Leonhardt
Bob Dylan befindet sich auf einer „Never ending Tour“. Der Begriff wurde von dem Kritiker Adrian Deevoy in einem Interview 1989 geprägt. Seit 1988 spielte Dylan dabei jährlich rund 100 Konzerte, überall auf der Welt. 2007 soll Dylan das 2000. Konzert seiner Endlos-Tour gespielt haben.
Bob Dylan befindet sich auf einer „Never ending Tour“. Der Begriff wurde von dem Kritiker Adrian Deevoy in einem Interview 1989 geprägt. Seit 1988 spielte Dylan dabei jährlich rund 100 Konzerte, überall auf der Welt. 2007 soll Dylan das 2000. Konzert seiner Endlos-Tour gespielt haben. © imago stock&people | imago stock&people
Bob Dylan war nicht nur musikalisch aktiv. Zwischen 1967 und 2007 spielte er in mehreren Filmen mit. Unter anderem spielte er in „Masked and Anonymous“ an der Seite von Jeff Bridges, Penélope Cruz, John Goodman und Jessica Lange.
Bob Dylan war nicht nur musikalisch aktiv. Zwischen 1967 und 2007 spielte er in mehreren Filmen mit. Unter anderem spielte er in „Masked and Anonymous“ an der Seite von Jeff Bridges, Penélope Cruz, John Goodman und Jessica Lange. © imago stock&people | imago stock&people
Dylan bei einem Open-Air-Konzert im Olympiastadion in München. In den 1990er Jahren machte Dylan auch als Maler und Zeichner von sich Reden. Einen großen Erfolg feierte die Kunstsammlung Chemnitz mit der Ausstellung seiner Werke. Zwischen 2007 und 2008 waren dort 170 Aquarelle von Dylan ausgestellt, die Ausstellung wurde wegen des großen Erfolgs am Ende um rund zwei Monate verlängert.
Dylan bei einem Open-Air-Konzert im Olympiastadion in München. In den 1990er Jahren machte Dylan auch als Maler und Zeichner von sich Reden. Einen großen Erfolg feierte die Kunstsammlung Chemnitz mit der Ausstellung seiner Werke. Zwischen 2007 und 2008 waren dort 170 Aquarelle von Dylan ausgestellt, die Ausstellung wurde wegen des großen Erfolgs am Ende um rund zwei Monate verlängert. © dpa | Istvan Bajzat
Dylan bekommt im Laufe seiner Karriere allerhand Auszeichnungen. Einige davon: 3000 erhält Dylan den Polar Music Prize, eine Art „Nobelpreis für Musik“, 2001 je einen Golden Globe und Oscar für den Film-Song „Things Have Changed“. 2008 kommmt der Pulitzer-Preis für „lyrische Kompositionen von außerordentlicher poetischer Kraft“ hinzu.
Dylan bekommt im Laufe seiner Karriere allerhand Auszeichnungen. Einige davon: 3000 erhält Dylan den Polar Music Prize, eine Art „Nobelpreis für Musik“, 2001 je einen Golden Globe und Oscar für den Film-Song „Things Have Changed“. 2008 kommmt der Pulitzer-Preis für „lyrische Kompositionen von außerordentlicher poetischer Kraft“ hinzu. © imago/ZUMA Press | imago stock&people
2012 verleiht ihm US-Präsident Barack Obama die „Presidential Medal of Freedom“, die höchste zivile Auszeichnung der USA. 2009 hatte Dylan bereits die „National Medal of Arts“ verliehen.
2012 verleiht ihm US-Präsident Barack Obama die „Presidential Medal of Freedom“, die höchste zivile Auszeichnung der USA. 2009 hatte Dylan bereits die „National Medal of Arts“ verliehen. © imago stock&people | imago stock&people
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Noch unter seinem Geburtsnamen Robert („Bobby“) Allen Zimmerman spielt der aus Duluth/Minnesota stammende Dylan zunächst in regionalen Highschool-Bands Rock’n’Roll. Sein Faible für die neue Folk-Bewegung entdeckt der aus einer jüdischen Familie stammende junge Mann 1959 in Minneapolis. Dann treibt ihn der „Strom der Veränderung“ in den New Yorker Szene-Stadtteil Greenwich Village.

Der Erfolg stellt sich mit dem Song „Blowin’ In The Wind“ (1963) ein. Wilde, wütende Lieder wie „Masters Of War“ oder „A Hard Rain’s A-Gonna Fall“ qualifizieren Dylan für die Protest-Folk-Bewegung - und für den berühmten Bürgerrechtler-Marsch nach Washington. Doch weder die Rolle eines Folk-Idols mag Dylan auf Dauer annehmen noch die der politischen Symbolfigur. Also mutiert er zum zweiten Mal – diesmal zum Rockmusiker mit elektrischer Gitarre und Band. Für seinen „Verrat“ am Folk wird er von Fans als „Judas“ beschimpft.

Rückzug nach Motorradunfall

Aber Dylan lässt sich nicht beirren und komponiert Mitte, Ende der 60er künftige Klassiker in Serie. Alben wie „Bringing It All Back Home“, „Highway 61 Revisited“, „Blonde On Blonde“. Weltkluge Songs wie „Desolation Row“ oder „Like A Rolling Stone“, den das (danach benannte) Fachblatt „Rolling Stone“ später zum besten Lied aller Zeiten kürt. Seine mit Metaphern und Anspielungen durchsetzten Texte sind von beispielloser Qualität. Selbst seine nasale, damals noch nicht so verbrauchte Stimme hat ihren Reiz.

Nach einem Motorradunfall im Sommer 1966 zieht sich Dylan aus der Öffentlichkeit zurück und lebt mit seiner Ehefrau Sara Lowndes und den gemeinsamen Kindern in der Nähe von Woodstock bei New York. Als dort 1969 das wichtigste Festival des Jahrzehnts über die Bühne geht, ist ausgerechnet der neben den Beatles und den Rolling Stones wichtigste Rock- und Pop-Pionier nicht dabei.

Die 70er Jahre sind eine wechselvolle, schwierige Zeit für Dylan: die Trennung von Sara Lowndes, eine gewisse künstlerische Stagnation (abgesehen von „Blood On The Tracks“ und in Teilen „Desire“). Auch für die 80er fällt die Bilanz eher durchwachsen aus: Auf der Habenseite stehen eine zweite Heirat, kommerzielle Erfolge mit der Star-Band Traveling Wilburys, der Beginn der „nie endenden Tournee“ rund um den Erdball mit 100 Konzerten pro Jahr.

Rund 100 Millionen Tonträger soll Dylan verkauft haben

Dylans künstlerische Rehabilitierung kommt 1997 mit dem ersten großen Alterswerk „Time Out Of Mind“. Seitdem hat er einen Lauf, setzt alle paar Jahre Ausrufezeichen wie „Modern Times“ (2006) oder „Tempest“ (2012). Seine Alben steigen in den Charts so hoch wie selbst in den 60ern nicht, teilweise sogar bis an die Spitze. Rund 100 Millionen Tonträger soll er inzwischen verkauft haben.

Auch die Auszeichnungen sind kaum noch zu zählen: elf Grammys, ein Song-Oscar, der Pulitzer-Preis für „lyrische Kompositionen von außerordentlicher poetischer Kraft“, die von Barack Obama höchstpersönlich verliehene „Presidential Medal of Freedom“.

Dylans Werk sei inzwischen „ein Resümee der populären amerikanischen Musiktraditionen des 19. und frühen 20. Jahrhunderts“, schreibt sein Biograf Heinrich Detering. Und der US-Historiker Sean Wilentz, Autor des Buchs „Bob Dylan und Amerika“, sagt der Deutschen Presse-Agentur: „Seine Arbeit, damals wie heute, inspiriert, gefällt, unterhält und baut Menschen weltweit auf. Er ist ein großartiges amerikanisches Kulturgut.“ (dpa)