Rom. Emma Morano aus Italien ist die wohl letzte lebende Person, die noch im 19. Jahrhundert geboren wurde. Seit 78 Jahren ist sie Single.

Emma geht es gut. „Ich fühle mich bestens!“, sagt sie sogar, was alles andere als selbstverständlich ist. Denn Emma Morano aus der Kleinstadt Verbania am Lago Maggiore ist 116 Jahre alt. Sie ist damit nicht nur die älteste Frau Italiens und Europas, sondern nun auch weltweit. Am 12. Mai war die bisherige Rekordhalterin, die Amerikanerin Susannah Mushatt Jones, in Brooklyn gestorben.

Den Spitzenplatz im globalen Seniorenranking soll Signora Morano bald auch ganz offiziell einnehmen: Für die kommenden Wochen haben sich die Experten des „Guinnessbuchs der Rekorde“ zum Besuch bei ihr angemeldet.

Schon seit März dieses Jahres zählt Morano zu den zehn ältesten Personen aller Zeiten – wenigstens jener, deren Alter sicher feststellbar ist. Und sie ist die wohl letzte lebende Person, die noch im 19. Jahrhundert geboren ist.

Seit 1938 ist sie Single

Als Elixier für ein langes Leben gibt Emma Morano gerne zwei simple Empfehlungen: Wenige Medikamente nehmen und möglichst nicht heiraten. Ihren Ehemann Giovanni hatte sie 1938 nach zwölf Jahren Ehe kurzerhand aus dem Haus geworfen, weil er sie schlug. Der einzige Sohn aus der Ehe war kurz zuvor, erst sieben Monate alt, gestorben. Auch sonst war ihr Leben alles andere als leicht: Emma kam am 29. November 1899 als erstes von acht Kindern – fünf Schwestern und drei Brüder – zur Welt. Sie wurde Arbeiterin in einer Fabrik für Jutesäcke, dann Köchin.

Beim Altwerden dürfte der Italienerin auch das richtige Erbgut geholfen haben: Emmas Schwester Angela starb 2011 im Alter von 102 Jahren.

Bis vor einem Jahr hat Emma Morano den Haushalt in ihrer Wohnung nahe dem Lago Maggiore an der Schweizer Grenze noch allein gemacht. Davon zeugen die geblümten Kittel, die sie noch gerne trägt. Heute helfen ihr zwei Altenpflegerinnen.

In Italien gibt es ein Dorf der Hundertjährigen

Morano hat mit ihrer Vorgängerin etwas gemeinsam, das herkömmlichen Erkenntnissen über eine gesunde Ernährung widerspricht. Die Amerikanerin Susannah Mushat Jones aß jeden Tag Rührei mit geröstetem Speck. Emma isst täglich gleich drei Eier, zwei rohe und ein gerührtes in der Suppe. Diesen Ratschlag bekam sie von ihrem Arzt, als Emma 20 war und unter Anämie litt. Regelmäßig isst sie aber auch Fleisch, Nougatpralinen und trinkt dazu hausgemachten Grappa. Nicht ganz die klassische, viel gepriesene mediterrane Küche, in der viele das Rezept für ein langes Leben sehen.

So wie sie etwa in dem kleinen Fischerdorf Acciaroli gepflegt wird. Dieser Ort, der 150 Kilometer südlich von Neapel am Mittelmeer liegt, gilt inzwischen bei Wissenschaftlern als Sensation. Hier leben gleich 300 Menschen, die über 100 Jahre alt sind – ein Drittel der Bevölkerung. In der Gegend um Acciaroli, dem Cilento, ist der Prozentsatz der Hundertjährigen ebenfalls doppelt so hoch wie in anderen Gegenden. Alzheimer und Gefäßkrankheiten sind besonders selten. Nun haben Wissenschaftler der römischen Universität La Sapienza mit der San Diego School of Medicine in den USA eine Langzeitstudie begonnen, die Lebensstil, Bewegung, Ernährung der Bewohner erforscht. Erstes Ergebnis: Die Menschen dort leben vorwiegend von Gemüse, Obst und Fisch, würzen mit Rosmarin. Und sie gehen täglich viele Kilometer zu Fuß.